Die Heilsarmee-Brocki Bümpliz

Für Jung…und Alt

Thomas Bornhauser
Wie lange bleibt es so ordentlich? In einer Brockenstube verändert sich das Sortiment laufend.

Foto: BO

Einfach erklärt
Einfach Erklärt – Thomas Bornhauser hat einige Stunden in der Heilsarmee-Brocki Bümpliz gearbeitet. – Er hat Ordnung in der Platten- und Sportabteilung geschaffen.
Heute starten wir mit einer neuen Serie in den «BümplizWochen». In unregelmässigen Abständen wird uns Thomas Bornhauser nämlich darüber berichten, wie er eine Arbeit oder eine Situation «Learning by doing» erlebt. In dieser Folge verbrachte er mehrere Stunden in der Brocki der Heilsarmee in Bümpliz.

«Nein, ich arbeite keine Sozialstunden ab», erkläre ich einem Mitarbeitenden der Brocki auf seine Frage gleich zu Beginn. In der Tat: Leute, die eine Busse nicht bezahlen können oder wollen, haben die Möglichkeit, Sozialarbeit zu leisten. Regelmässig werden sie deshalb auch in der Brocki Bümpliz beschäftigt, bei Filialleiter Fredi Burkhardt.

Forellenquintett raus

Für jemanden wie mich im Pen-
sionsalter ist eine Brockenstube gleichbedeutend wie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Das merke ich bereits bei der ersten Aufgabe: Hier gilt es, die meist sehr alten Langspielplatten zu durchforsten. Stecken in den Hüllen tatsächlich jene Scheiben, die mit dem Cover übereinstimmen? Oder finden wir bei Pavarotti plötzlich Heintje versteckt? Vor allem geht es darum, jene Platten auszusortieren, die meiner subjektiven Meinung nach nur noch Staubfänger sind eine ganze Menge, fast die Hälfte aller gerillten Scheiben. Und so fliegt Schuberts Forellenquintett ebenso raus wie das Honky Tonk Piano. Bo Katzman und die Les Hum-phries Singers hingegen erhalten eine noch unbestimmte Nachspielzeit. Eine ältere Dame bemerkt mich bei der Arbeit. «Herr Bornhauser, arbeiten Sie jetzt hier? Ich dachte, Sie seien bei der Migros…» Ich erkläre mich. 

Nach zwei Stunden stehen zwei Kisten zum Abtransport bereit. Ob sie auch ihre letzte Reise tatsächlich antreten werden?

Tennisspieler unter sich

Die nächste Herausforderung: einigermassen (…) Ordnung in der Sportabteilung zu schaffen. Nichts lieber als das, schliesslich habe ich 1966 für drei Jahre meine kaufmännische Ausbildung in einem Berner Sportgeschäft absolviert. Dieser Umstand wird mir gleich von Nutzen sein. Zuerst gilt es jedoch, die verschiedenen Sportarten voneinander zu trennen: Velos und Zubehör für sich, ebenso Rollerblades und Arm- respektive Knieschoner. Gleiches gilt für Walkingstöcke sowie Taucherbrillen, Flossen und Schnorchel. Und ein paar Reitstiefel.

Auch eine grössere Kiste mit unverpackten Tennisbällen ist vorhanden, jetzt unmittelbar neben Badminton-, Squash- und Tennisrackets. Ein Kunde, gegen 40 Jahre alt, will eine Beratung. Ich traue mir das zu. Welche Bälle ich ihm empfehlen könne? Ich rate ihm, sie zu drücken, mit einem gewissen Druck auf den Boden fallen zu lassen, um zu sehen, wie hoch sie aufspringen, und sich die Filzoberflächen anzuschauen. Abschliessend prüft er den einen oder anderen Schläger. Ich erkläre, woran man sieht, ob der Griff für die Hand passend ist und wie stark ein Racket bespannt sein sollte, je nach Spielstärke. Ich drücke mit den beiden Daumen bei einem Head die Saiten, will dann wissen, wie gut er spielt. «Das hier sind 23, 24 Kilo, das eignet sich bestimmt für Sie.» Er gibt sich beeindruckt (wäre ich auch, in einer Brocki so beraten zu werden). «Wissen Sie, ich habe noch nie gegen Roger Federer verloren…», bekommt er zum Abschied erklärt. Ich muss den Spruch jedoch wiederholen und erklären, weil das Zwänzgi bei ihm offenbar nur rappenweise fällt. Keine Ahnung, weshalb er den Schläger und die Bälle dennoch nicht gekauft hat. 

Zum Schluss Picasso & Co.

In Bümpliz gibt es viele Bilder zu kaufen – gerahmt und ungerahmt. Weil in dieser Sparte kein Greenhorn, anerbiete ich mich, die Werke zu begutachten, ähnlich den Schallplatten. Aus verschiedenen Gründen verzichte ich dieses Mal aber darauf, Cäsar zu spielen, Daumen hoch, Daumen runter. 

Item. Nach fast fünf Stunden schmerzt der Rücken. Bürolisten sind halt körperliche Arbeit nicht gewohnt. Das wird sich bei der nächsten Reportage ändern, da werde ich nämlich den Unterricht in einer 9. Klasse im Schulhaus Schwabgut verfolgen.

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