Hells Angels in Bethlehem

Eine Betrachtung jenseits der Klischees?

Jan Burn
Von Jan Burn
Viele Individuen – mit einer gemeinsamen Leidenschaft, die verbindet.

Foto: zvg

Einfach erklärt
Die Hells Angels sind Motorradfahrer. Sie haben sich in einem Klub zusammengeschlossen. Es gibt auch Hells Angels in Bern. Sie treffen sich regelmässig in Bethlehem. Sie wehren sich gegen Vorwürfe und Klischees.
Der weltweit grösste Rockerklub feierte am 17. März seinen 76. Geburtstag. Die erste Hells-Angels-Gruppe auf dem europäischen Festland entstand 1970 in Zürich. Seit 2020 sind die Höllen-engel nun auch in Bern vertreten, genauer gesagt in Bethlehem. Sind Sie bereit, die Rocker jenseits der bekannten Klischees kennenzulernen?

Die Geschichte der Höllenengel begann im Jahr 1948 in Kalifornien. Gegründet wurde der Rockerklub von Weltkriegsveteranen. Der Name «Hells Angels» war von einer Bomberstaffel des zweiten Weltkriegs inspiriert. In den 1960er Jahren weitete sich der Einfluss der 81er aus, und der Klub begann, internationale Charters zu gründen. Bereits seit den 70er Jahren rollen die Höllenengel über Schweizerstrassen. Eine Dekade später standen die Hells Angels erneut im Mittelpunkt der medialen Berichterstattung. Grund dafür war die Veröffentlichung von Büchern und Filmen, die das Leben im Klub porträtierten. Gleichzeitig verstärkten die Strafverfolgungsbehörden weltweit ihre Bemühungen, den Klub zu bekämpfen. Im Laufe der Jahrzehnte wurden die 81er mit verschiedenen Gesetzesverstössen in Verbindung gebracht. Trotz den intensiven Bemühungen der Behörden, den Klub zu zerschlagen, blieb er weiterhin aktiv und ist heute in 32 Ländern vertreten. Schon damals wie heute polarisieren die Rocker: «Während die Hells Angels in der Popkultur als Symbol für Freiheit und Rebellion wahrgenommen werden, sieht die Strafverfolgung sie als Gefahr der öffentlichen Sicherheit.»

Merkmale und Symbole 

Goethe würde zeitgemäss fragen: «Wer fährt so spät durch Nacht und Wind?» Begleitet werden die Berner Hells Angels vom Klang ihrer Harley Davidsons. Auf ihren markanten Kutten ist das Klub-Emblem aufgedruckt. Es ist ein Totenkopf, der einen Helm mit Flügeln trägt. Ausserdem ist der Name der jeweiligen Ortsgruppe auf der Kutte ersichtlich. Auf jeder Kutte befindet sich zudem ein Aufnäher, der die Funktion des jeweiligen Mitgliedes definiert. Träger von einem 1%er Logo fühlen sich ausschliesslich den weltweit geltenden Klubregeln verpflichtet. Freie Flächen auf den Jeans- oder Lederkutten werden mit Ansteckern anderer Klubcharters geschmückt. Dies sind die Geschenke des Charters, die das Mitglied besucht hat. Nach fünf Jahren treuer Mitgliedschaft wird die Kutte mit einer goldenen Totenkopf-Brosche ausgestattet. Wurden sie schon auf den Schriftzug «AFFA» oder die Zahl 1661 aufmerksam? Es bedeutet: «Angels Forever, Forever Angels.» Die Zahl 81 steht hingegen für die Buchstaben H und A, den 8. und den 1. Buchstaben im Alphabet. Eine Abkürzung für Hells Angels.  

Eine soziologische Betrachtung

Die Höllenengel sind aus soziologischer Sicht einer Subkultur zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um eine geschlossene Personengruppe, die gegenüber der dominierenden Kultur unterschiedliche und differenzierte Normen und Werte aufweist. Was ist mit dieser Aussage gemeint? «In unseren Kreisen umfasst der Gemeinschaftsgedanke eine einzigartige Bedeutung. Gerade heute Abend begrüssen wir Klubbrüder aus Argentinien in unserem Klubhaus, das auch ihres ist. Wir sorgen dafür, dass sie sich wie zuhause fühlen. Dieser einzigartige Geist der Gemeinschaft ist das Geheimnis unserer Familie und das, was wir in den Sozialstrukturen oft vermissen», erläutert ein Mitglied. Nach dem Soziologen Weber gibt es vier Idealtypen sinnhaften Handelns. Die Hells Angels Bern handeln demnach traditionell. Ihr Handeln ist bestimmt durch gelebte Gewohnheiten und Traditionen. «Unser Charter basiert auf vier unerschütterlichen Säulen: Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Respekt und Freiheit,» führt ein anderes Mitglied aus.

Einseitige Berichterstattung? 

«In jeder Familie gibt es einen Verwandten oder auch mehrere, die schon einmal gegen ein Gesetz verstossen haben. Berechtigt das die mediale Berichterstattung, unseren Klub unter Generalverdacht zu stellen? Genau das ist der Grund, warum wir uns andauernd mit Vorurteilen konfrontiert sehen», führt ein Mitglied beim gemeinsamen Abendessen im Klubhaus aus. «Jede Stadt braucht auch ihre Schatten, um das Licht der Welt erblicken zu können», beendet ein langjähriges Mitglied das Gespräch mit einem Augenzwinkern. Ob man die Hells Angels nun als Schatten oder Licht sehen möchte, obliegt der betrachtenden Person. Schaffen wir es, uns selbst ein Bild über kontroverse Themen zu machen oder übernehmen wir die Meinung anderer? 

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