Das Quartier Kleefeld, nach rund zehnjähriger Bauzeit 1978 vollendet, zählt heute über 3000 Bewohnende, rund die Hälfte mit Migrationshintergrund. Die multikulturelle Zusammensetzung ist zwar spannend und bereichernd, schafft aber zuweilen auch Pro-
bleme, das Image des Quartiers lässt zu wünschen übrig. Für Claudia Galasso, Gründungsmitglied der IG Kleefeld, ein Grund, etwas zu unternehmen. «Ich wollte das Ghetto-Image korrigieren, das Kleefeld ist kein Ghetto, das Quartier lebt. Aber ich wollte auch Menschen kennenlernen. Ohne IG wäre das in diesem Ausmass nie geschehen.» Man könne im Kleefeld sowohl sichtbar als auch unsichtbar leben, das Quartier lasse beides zu. «Ich war ein Jahr lang unsichtbar, dann nahm ich einmal an einer Sitzung des Elternrats teil und verliess diese als Präsidentin», lacht sie, «danach war ich sichtbar.»
Kein Zwang zur Mitarbeit
Die Tätigkeit der noch jungen IG bestand zunächst nur aus Sitzungen, «wir waren ausschliesslich mit uns selbst beschäftigt», erinnert sich Galasso. Damit nicht die ganze Arbeit auf einzelnen Personen lastete, wurden Arbeitsgruppen gebildet, aufgeteilt in verschiedene Bereiche. «Je nachdem, wie die einzelnen Mitglieder der Teams im Leben stehen und betroffen sind, wenden sie sich dem entsprechenden Bereich zu. Jemand mit Kleinkindern zum Beispiel der Gruppe Verkehr oder Umwelt», sagt die Kleefelderin. Das Modell der Aufgabenverteilung besticht: Die Belastung ist für alle verkraftbar, nicht nur das Selbstwert- und Verantwortungsgefühl wird gesteigert, sondern auch die Motivation. Jede Arbeitsgruppe ist gleichberechtigt, auch der Vorstand als Leitungsgremium arbeitet in einer AG, sozusagen als «primus inter pares». Die meisten neuen Projekte werden allen Gruppen unterbreitet, entschieden wird gemeinsam. Dabei hilft die Digitalisierung: Kommuniziert wird – ausserhalb der monatlichen Sitzungen – per Gruppen-Chat. «Bei uns ist alles freiwillig, wir zwingen niemanden», betont die Vizepräsidentin. Mit 20 Franken Jahresbeitrag ist der Vereinsbeitritt absichtlich niederschwellig gehalten, die bescheidenen Budgets vieler Familien lassen einen höheren Beitrag nicht zu.
Seit 2022 ein Verein
Nebst einem lebendigen Verein wünscht sich Anwohnerin Galasso zudem eine bessere Durchmischung der Kleefeld-Bevölkerung. Die Sprachschwierigkeiten in der Schule nähmen spürbar zu, sagt sie besorgt. Sie sieht das Problem in der Siedlungspolitik der zahlreichen Liegenschaftsverwaltungen begründet. «Auch wird das Kleefeld immer wieder schlechtgeredet, dabei haben wir hier ein Paradies: Alles ist in Pantoffeldistanz zu erreichen, Einkaufsmöglichkeiten, Tramhaltestelle zur Innenstadt. Die Wohnungen sind nach wie vor günstig und grosszügig konzipiert», bricht sie eine Lanze für das Kleefeld.
Vor einem Jahr hat sich die IG Kleefeld zum Verein nach Artikel 60 des Zivilgesetzbuches konstituiert und sich ordnunsgemäss Statuten verpasst. Warum dieser Schritt? «Durch die Körperschaft des Vereins konnten wir nun Mitglied bei der Vereinigung Berner Gemeinwesenarbeit (VGB) werden und haben damit auch einen Sitz in der Quartierkommission Bümpliz-Bethlehem (QBB). Zudem sind wir Mitglied des Südquartier-Leists Bümpliz. Diese Gremien erbringen Dienstleistungen, die wir nicht selber ausführen könnten. Und durch die Mitgliedschaften besteht nun auch eine Verbindung zu den Stadtbehörden», so die Vereins-Vizepräsidentin.
Neuer Blickfang
Als Highlight im 2022 bezeichnet Claudia Galasso die Verschönerung des Trafohauses mit farbigen Mosaiksteinen. «Mit Hilfe des Künstlers Stefan Maurer gestaltete die Arbeitsgruppe Umwelt zusammen mit der Kleefeld-Bevölkerung das Trafohüsli zum wahren Schmuckstück», begeistert sie sich. «Der Vorstand allein hätte dies nie hingekriegt». Mit Hochdruck wird zurzeit in der AG Chleehus auf das Chleehusfest und den Gänggelimärit hingearbeitet. Integriert in dieses Quartierfest ist auch der Contest «Kleefeld sucht den Superstar». Ausserdem beweist der Verein mit einem vielversprechenden neuen Projekt Innovation und Offenheit für Neues: Für 2024 wird eine neue Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit Kindern und Kunst auseinandersetzen wird. Man darf gespannt sein…
Monatliche Sitzungen jeweils am letzten Mittwoch, 19 Uhr.
Nächste Veranstaltungen 2023:
16.09. Chleehusfest u. Gänggelimärit
24.11. Weihnachtsbäume schmücken
02.12. Weihnachtsmarkt.