Der Jodlerklub Bärgfriede gibt auf

«Wett gärn no einisch jutze!»

Marc de Roche
Jubiläumskonzert zum 50-Jahr-Jubiläum 2004 im Sternensaal.

Foto: zvg

Einfach erklärt
Der Jodlerklub Bümpliz wurde fast siebzig Jahre alt. Viele Mitglieder sind alt geworden oder gestorben. Junge haben andere Leidenschaften. Darum hört der Verein auf. 
Vor beinahe 70 Jahren taten sich fünf jodelnde Bümplizer zusammen, um fortan gemeinsam zu singen und zu jutzen. Der Klub wuchs und gedieh – muss jetzt aber Forfait geben.

Es ist eine traurige Nachricht, die Christine Graf als Vereinspräsidentin den Bümplizer Jodlerfreundinnen und -freunden überbringen muss: «Leider haben die Covid-Pandemie und diverse Altersbeschwerden die Reihen der Aktiven beim Jodlerklub Bärgfriede stark vermindert. Proben waren seit dieser Zeit nicht mehr möglich, und es gibt auch keine Konzerte. Wir gaben uns alle Mühe, die Glut zu erhalten, und waren lange optimistisch, neue Sängerinnen und Sänger zu finden. Vergebens. Der Verein wird aufgelöst.»

Mit einverstandener Ehefrau

Der Jodlerklub – er könnte nächstes Jahr seinen 70. Geburtstag feiern – hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Anfangs 1954 beschlossen fünf singfreudige Männer im damaligen Restaurant Bethlehem, einen Jodlerklub zu gründen. Eifrig machten sie sich auf die Suche nach Gleichgesinnten und fanden deren sechs. Natürlich wollte man auch eine Tracht anschaffen, doch Geld war noch keines vorhanden. Man fragte bei der Bank um ein Darlehen. Die 1800 Franken wurden unter der Bedingung einer Bürgschaft jedes Aktivmitglieds und dessen einverstandener Ehefrau bewilligt. Diese Summe reichte für 13 Trachten. Proben fanden anfänglich im Restaurant Rennbahn, vorübergehend im Schulhaus Stapfenacker Bümpliz und seither im Schulhaus Höhe in Bümpliz statt. 

Wachsender Zusammenhalt

Nach einem vielversprechenden Start trat plötzlich eine gewisse Unruhe auf. An der Hauptversammlung 1956 waren 13 Austritte und 15 Eintritte zu vermerken, was einen Versammlungsteilnehmer zum Ausspruch bewegte: «Si mir de nume der Abfallchübel vo dr Stadtbärnische Jodlervereinigung?»

Nach und nach festigte sich der Bestand und 1957 holte man sich zur Verstärkung eine Jodlerin. Es gäbe viel zu erzählen aus der Vereinsgeschichte. Der Zusammenhalt war gross, und man jodelte auch öfters auswärts. Eine grosse Herausforderung, ja ein richtiges Abenteuer, bedeutete 1959 die Reise nach Dänemark. 23 Stunden Hin- und Rückfahrt im Zug wurden in Kauf genommen, jodelnd natürlich.

1962 beschloss der Vorstand erstmals die Teilnahme an einem Jodlerfest. Trotz dem mässigen Abschneiden (Klasse 3) besuchte man in regelmässigen Abständen weitere Feste, inzwischen 17 an der Zahl, und konnte ab und zu eine 1. Klasse feiern.

Um die Vereinskasse zu speisen wurden schon zu Beginn der Sechzigerjahre gut besuchte Lotto-Abende durchgeführt. Anfangs wurde ein Schwein, später sogar zwei, extra für diesen Anlass geschlachtet.

Jodeln und Volkstheater

Die Seele des Vereins war jahrelang der legendäre Jodler Kari Gfeller. Er organisierte Anlässe und motivierte die anderen Mitglieder zum Mitmachen. Ganz wichtig für den Jodlerklub Bärgfriede war neben den ordentlichen Unterhaltungsabenden in all den Jahren auch das Theaterspielen. Glücklicherweise waren immer Regisseure bereit, eine Gruppe zusammenzustellen und dem heimischen Publikum ein bodenständiges Volkstheater zu bieten. Während einigen Jahren geschah dies in Zusammenarbeit mit dem Stadtberner Jodlerchörli Heimelig. Im Sternensaal Bümpliz fand man eine hervorragende Bühne, um die Stücke entsprechend darzubieten, auch nach der Saal-Renovation anfangs der Neunzigerjahre.

Der Jodlerverein teilt das Schicksal mit einer Reihe anderer Vereine im ganzen Land: Die Leute sind heute mobiler und flexibler als früher. Viele Jüngere möchten sich weniger langfristig engagieren. Vereine müssen den Zeitgeist erkennen und sich strategische Überlegungen machen. Leider nimmt das nicht bei allen ein Happy-End.

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