Mir war klar: An die Bratpfannen oder den Steamer würde man mich nicht heranlassen. Auch keine weisse Kochmütze aufsetzen. Vielleicht würde es aber zum Schälen von Rüebli oder Gurken reichen. Das meine Erwartungen anlässlich meines Aufenthaltes beim Berner Peter Cziraki und seinem Team, der im UG für die Zufriedenheit der Gäste im Schloss Bümpliz verantwortlich ist. Mit von der Partie: Raja aus Sri Lanka, der wie der Chef auch seit 30 Jahren dabei ist, sowie Andrew aus Jamaika, der seit fünf Jahren in der Küche des Schlosses arbeitet.
Natur gegen Beton
Was ist das Wichtigste für einen Koch oder eine Köchin? Peter Cziraki antwortet spontan: «Dass er gerne gut isst.» Womit schon fast alles gesagt wäre. Bevor es für mich in die Küche geht, steht mir der Küchenchef Red und Antwort. Und man merkt sofort: Er ist mit Leib und Seele bei der Sache, fühlt sich für seine Mitarbeitenden verantwortlich. Und für seine Gäste. Er ist bestrebt, dass das «Uf Wiederluege» keine leere Floskel bleibt.
Das Schloss gehört der Stadt Bern. Sie hat es 1979/1980 für zig-Millionen Franken renovieren lassen. Es ist ein Bijou, das seinesgleichen sucht. Nach der Bezirksreform 2010 hat das Schloss seine Bedeutung als Zivilstandsamt allerdings an jenes an der Laupenstrasse praktisch verloren. In Bümpliz wird heute nur noch an 1,5 Wochentagen getraut, im 20-Minuten-Rhythmus, in einem besonderen externen Zeremonielokal in einer Umgebung, die mit der tristen Betonwüste im Stadtinnern nicht vergleichbar ist. Gerade deshalb kann Peter Cziraki nicht wirklich verstehen, weshalb es von den Stadtbehörden und Bern Tourismus in der Öffentlichkeit nicht aktiver in Erinnerung gerufen wird. Ich kann ihn erheitern: In Bern finden dieses Jahr bekanntlich Wahlen statt, das wird dem Schloss mit Sicherheit Werbung bringen, weil sich viele Kandidatinnen und Kandidaten dort abbilden lassen werden, um Stimmen in Bern-West zu generieren. Mein Gegenüber schmunzelt.
Nur niemandem im Weg stehen
Weniger geschmunzelt dürfte er «vor vielen Jahren» haben, als eine Hochzeitsgesellschaft einfach nicht aufgetaucht ist… Aber deswegen bin ich ja nicht hier. Ich will (mit)arbeiten. In der Küche fallen sofort zwei Dinge auf. Sie ist tipptopp aufgeräumt und alles, was man nur irgendwie hat vorbereiten können, ist vorbereitet. Gegen 12 Uhr geht es süferli los. Erste Bestellungen erreichen per Lautsprecher die Küche. Sie werden sofort quittiert, damit «oben» weiss, dass die Botschaft «unten» angekommen ist.
Im Laufe der nächsten Minuten nimmt die Menge an Bestellungen zu. Vom Vegi-Teller über den Business-Lunch bis hin zu Suurem Mocke. Heisst: Jede Variante, so wie sie auf der Speisekarte steht. Das Trio funktioniert – und zwar in einer Art, wie ich es noch nie erlebt habe. Jeder Handgriff sitzt, ohne dass man dazu etwas sagt. Ich denke schon gar nicht mehr daran, eine Gurke zu schälen oder eine Tomate zu schneiden. Mein einziger Vorsatz: nur niemandem im Weg stehen.
1+1+1 = 1
Peter, Raja und Andrew verstehen sich blind. Wortlos. Ich bin überzeugt, dass sie ihre Arbeit auch im Dunkeln schaffen würden. Da stehen die verschiedensten Gerichte auf dem Herd, alles kein Problem, so scheint es. Und zwischendurch immer wieder der Lautsprecher aus dem Restaurant mit neuen Bestellungen. Wird gemacht. Eines nach dem anderen. Und zwar zackig. Damit wir uns richtig verstehen, liebe Lesende: Hier wird frisch aufgetischt, nachdem zum Beispiel Gemüse mit einer Nebelwolke aus dem Steamer kommt. Gegen
13 Uhr langsam aber sicher ein Chrüsimüsi aus dem Lautsprecher: Die Tagessuppe ist noch ebenso gefragt wie bereits die ersten Desserts.
Wie eingespielt das Team ist, zeigt sich an einem anderen Beispiel: Ständig – ständig! – wird ab- und weggeräumt, nonstop abgewaschen. Die Flächen werden gereinigt. Auch das passiert automatisch, ohne Regieanweisungen des Chefs. In dieser Küche ist nur eine Addition richtig: 1+1+1 = 1.