Nach dem im vergangenen Jahr verstorbenen Edgar Grubauer ist Wüthrich erst der zweite Torhüter in der 92-jährigen SCB-Vereinsgeschichte, dessen Laufbahn im Westen von Bern, auf dem «Weyerli», begann und der dritte echte Stadtberner, der das SCB-Tor hütet. Der erste war René Kiener, Meister mit dem SCB 1959 und 1965 und auch im Alter von 84 Jahren noch an beinahe jedem SCB-Heimspiel anwesend.
Mit 13 definitiv Goalie
«Als ich etwa neun oder zehn Jahre alt war, fehlte an einem Turnier plötzlich unser Goalie. Ich meldete mich spontan, den verwaisten Posten zu übernehmen. Das klappte offenbar gut und in den nächsten Jahren ging ich jeweils sowohl mit einer Feldspieler- als auch einer Torhüterausrüstung an unsere Spiele. Endgültig für den Goalieposten entschied ich mich mit etwa 13 Jahren», blickt Philip Wüthrich auf seine Anfänge zurück. Ein weiser Entscheid, wie sich erweisen sollte. Mittlerweile steht der in Oberwangen in der Gemeinde Köniz aufgewachsene Schlussmann seit drei Jahren als Nummer 1 im Kasten des SCB und hat bereits über 100 Spiele bestritten. Gerne hätte er in diesem Winter die Saison noch ein wenig verlängert, doch nachdem die Pre-Playoffs gegen Kloten noch siegreich gestaltet werden konnten, bedeutete das 1,5 Sekunden vor Schluss kassierte Tor gegen Biel im sechsten Spiel der nach der Formel «Best of Seven» ausgetragenen Viertelfinalserie das vorzeitige Saisonende. Schuld daran war bestimmt nicht der SCB-Goalie. Zwar unterlief ihm gegen Biel der eine oder andere Lapsus, doch mit glänzenden Paraden hielt er in seiner Mannschaft auch in allen Spielen lange Zeit die Hoffnung auf ein Erfolgserlebnis aufrecht.
Beeindruckend ruhig
Als Goalie Nummer 1 ist Wüthrich mit gerade mal 25 noch sehr jung, erfahrungsgemäss erreicht ein Hockey-Torhüter seinen Leistungszenit erst mit rund 30 Jahren – Philip Wüthrich hat eine grosse Zukunft vor sich. Beeindruckend für den Zuschauenden ist vor allem die Tatsache, dass er auch in den hektischsten Momenten trotz seiner Jugend stets eine grosse Ruhe ausstrahlt. Woher kommt diese Besonnenheit? Philip Wüthrich: «Das ist eine schwierig zu beantwortende Frage. Das liegt in meinem Naturell. Ich war immer so, ich habe das in den letzten Jahren immer weiter ausgebaut und daraus ist wohl eine Stärke geworden, ich bin wahrscheinlich schon so auf die Welt gekommen.» Die Art und Weise, wie Wüthrich beim SCB seinen Job erledigt, lässt durchaus Hoffnungen auf wieder erfolgreichere SCB-Zeiten aufkommen.
Die Wichtigkeit des Goalies
SCB-Insider wissen, dass der Verein immer dann besonders erfolgreich war, wenn ein ausserordentlich starker Mann das Tor hütete, deshalb steht der Schlussmann bei den Bernern auch stets unter besonderer Beobachtung. Begonnen hat die Euphorie um die SCB-Goalies vor beinahe 70 Jahren, als ein gewisser René Kiener den 16-fachen Meister zu den Titelgewinnen 1 und 2 hexte. Jürg Jäggi war der nächste in der Reihe, es folgten Renato Tosio, Marco Bührer und Leonardo Genoni, die allesamt den Beweis erbrachten, dass der SCB immer Spitzenklasse verkörpert und Meister wird, wenn ein Topmann zwischen den Pfosten steht. Wüthrich schickt sich nun an, als dritter waschechter Berner die Reihe der grossen SCB-Torhüter um ein Kapitel zu verlängern. Wüthrich weiss, dass die Arbeit eines Goalies sehr komplex ist. «Vor allem braucht es Selbständigkeit, aber auch eine andere Vorbereitung. Hat das Spiel einmal begonnen, ist man sicher nicht mehr Einzelspieler, sondern Teil einer Mannschaft, in der alle das gleiche Ziel anstreben, den Sieg.» Vorderhand hat Philip Wüthrich beim SCB noch einen laufenden Vertrag bis ins Jahr 2025. «Im Moment liegt der Fokus nach dem Ausscheiden gegen Biel ganz klar auf der nächsten Saison. Gerne möchte ich auch im Nationalteam spielen und was dann kommt – mal sehen. Klar, dass jeder Eishockeyaner von der NHL träumt.»