Fachkräftemangel bremst Wirtschaft, Wachstum und Wohlstand

Rasches Umdenken tut Not

Kurt Heilinger
Lehrberufe bieten beste Perspektiven: Jobsicherheit für die Zukunft gepaart mit jeder Menge Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten.

Foto: Fotos: zvg

Einfach erklärt
Viele Firmen finden nicht genug Angestellte. Besonders bei den handwerklichen Berufen. Warum passiert dies? Man weiss es nicht genau. Aber Firmen müssen mehr für die Ausbildung und für ihre Angestellten machen.
Vor drohendem Fachkräftemangel wird seit Jahren gewarnt. Nun ist er spürbar in der Realität angekommen und wird so schnell nicht wieder verschwinden. Griffige Lösungsansätze sind gefragt – gerade in den handwerklichen Berufen, die bei Schulabgängerinnen und -abgängern derzeit zusehends an Attraktivität einbüssen.

 

«Wie sehen eure Aussichten auf das kommende Geschäftsjahr aus?», wurden im Dezember 2022 die Teilnehmer eines Infoanlasses der Interessengemeinschaft Wangental IWG gefragt. Die Prognosen der anwesenden KMU-Geschäftsführer aus dem Verteilgebiet dieser Zeitung fielen vorsichtig optimistisch aus: «Unsere Auftragsbücher für 2023 sind gut gefüllt. Wir könnten weiter wachsen, doch uns fehlt zunehmend das Personal.» Seitens mehrerer Geschäftsführer war zudem zu vernehmen, dass man künftig wieder vermehrt in die Berufsbildung der eigenen Lernenden investieren wolle. 

Handwerkliche Berufe stärker betroffen von 

Fachkräftemangel…

Die unlängst publizierten Zahlen des Bundesamtes für Statistik bestätigen dies: Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Rekrutierungsprobleme nochmals deutlich verschärft. Während 2022 noch 14 % der Unternehmen angaben, Probleme mit dem Einstellen von neuen Mitarbeitenden zu haben, so sind es in diesem Jahr bereits 18 %. Zudem: Der Fachkräftemangel wird sich langfristig weiter zuspitzen. Die Pensionierungswelle der zwischen 1946 und 1964 geborenen Babyboomer-Generation hat ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. 2030 werden schweizweit rund 30’000 Arbeitskräfte mehr in Pension gehen, als Junge ins Berufsleben eintreten. Bis 2040 werden rund 430’000 Fachkräfte fehlen, prognostizierte vor kurzem der Wirtschaftsdachverband Economie-suisse und ergänzte, dass von dieser Entwicklung vor allem die handwerklichen Berufe betroffen seien, bei denen die Zahl der Lernenden derzeit sinke.

…und hoher Lehrabschluss-Durchfallquote

Arbeitsmarkt-Experten verfolgen diese Entwicklung mit Blick auf die derzeit hohen Lehrabschluss-Durchfallquoten mit grosser Sorge. Über 9 % der Abgängerinnen und Abgänger haben letztes Jahr im schweizweiten Durchschnitt bei der Abschlussprüfung versagt – besonders im Bereich der handwerklichen Berufe. So fielen beispielsweise knapp 32 % der Gipser-Lernenden bei der Prüfung durch, bei den Boden-Parkettlegerinnen und -Parkettlegern waren es 27 %, bei den Dachdeckerinnen über 25 %. 

Diskussion über Bildungsqualität ist entfacht

Angesichts dieser Zahlen ist es unvermeidlich, dass kontrovers über die Bildungsqualität diskutiert wird. Zunehmend ist die Klage zu hören, dass heutige Schulabgängerinnen und Schulabgänger teilweise nicht über die nötigen Voraussetzungen verfügen, um während der Berufsausbildung den (zu) hohen Ansprüchen von Wirtschaft und Gesellschaft zu genügen. Dieser Vorwurf ist nicht selten gegen die nach 1990 geborene Generation Z gerichtet, die – nicht nur am Stammtisch – allzu gerne als egoistisch, verwöhnt und arbeitsscheu charakterisiert wird. Doch der Vorwurf ist wohl eher dem kommunikativen Missstand geschuldet, dass zunehmend über statt mit der anderen Generation gesprochen wird. Lernende während der ganzen Grundausbildung begleiten

Dass es auch anders geht, zeigt das weltweit tätige Unternehmen Gilgen Door Systems AG mit Sitz in Schwarzenburg, das pro Lehrjahr durchschnittlich 12 Berufslernende als Anlagen- und Apparatebauer/in, Automatiker/in Konstrukteur/in, Logistiker/in, Elektroniker/in, Polymechaniker/in, Informatiker/in, Fachfrau/-mann Kundendialog und Kaufleute ausbildet. Davon sind in den letzten 17 Jahren gerade mal zwei «Azubis» bei der Abschlussprüfung durchgefallen, was einer Durchfallquote von weniger als 1 % entspricht. Die Gründe für diese Erfolgsmeldung liegen auch beim Verantwortlichen der Lernenden-Ausbildung, Niklaus Gilgen, der proaktiv in den Schulen informiert, Schnuppertage organisiert und die Lernenden unter Einbezug der Eltern während der ganzen Grundausbildung begleitet.

 

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