Schweizermeisterin aus Niederwangener Firma

Eine junge Berufsfrau sorgt für frische Luft

Lukas Tschopp
Grosse Freude bei Patricia Jakob an den SwissSkills.

Foto: zvg/suissetec/Leo

Einfach erklärt
Patricia Jakob wurde Schweizermeisterin bei den SwissSkills. Das ist ein Berufswettbewerb von denen, die die Lehre abschliessen oder abgeschlossen haben. Sie machte die Lehre als Gebäudetechnikplanerin. 
Patricia Jakob konzipiert Lüftungssysteme für Wohnungen, Büros oder Lagerhallen. Das kann sie richtig gut. So gut, dass sie im Oktober zur Berufsmeisterin gekürt wurde. In einem Berufsfeld, das sie mehr durch Zufall erobert hat.

Eigentlich wolle Patricia Jakob Landwirtin werden. In Ried bei Kerzers aufgewachsen, versuchte sich die 23-Jährige zunächst in einer Lehre zur Landwirtin EFZ. «Ich bin von Natur aus ein bewegungslustiger Mensch, der gerne mit den Händen anpackt. Deswegen mein Wunsch, Bäuerin zu werden. Aus gesundheitlichen Gründen musste ich diese Ausbildung leider abbrechen.» Quasi gezwungen dazu, sich einen Job im Büro zu suchen, wurde die junge Frau auf die Ausbildung zur Gebäudetechnikplanerin aufmerksam.

«Keine Ahnung warum genau, aber diese Profession hat mich bald in ihren Bann gezogen», resümiert sie mit einem Schmunzeln. Auf der Suche nach einer Lehrstelle landet die Wahl-Bernerin in Niederwangen, bei der Solvair GmbH. «Im Bereich der Gebäudetechnikplanung gibt es drei Schwerpunkte: Sanitär, Heizung und Lüftung. Die Wahl dieses Schwerpunkts hat sich bei mir via Solvair von selbst erledigt: Die Solvair ist auf Lüftungen spezialisiert. Gleichzeitig bin ich da auf ein wunderbares Team in einer überaus angenehmen Arbeitsatmosphäre gestossen. So war klar, dass ich mich ebenfalls in diesem Bereich spezialisiere.»

Schulhäuser und Industriehallen

Was genau sind die Aufgaben einer Gebäudetechnikplanerin mit Schwerpunkt Lüftung? «Bei der Solvair planen, berechnen und zeichnen wir Lüftungs- und Klimaanlagen. Für Wohnhäuser, Büroräume, Schulhäuser, Gastronomiebetriebe oder Industriehallen. So unterschiedlich diese Räumlichkeiten, so abwechslungsreich meine Arbeit», erzählt Jakob. Das Ziel ist hierbei stets dasselbe: für eine gute, gesunde Luftqualität sorgen, ohne dass die Leute im Raum ins Schwitzen kommen – oder sich erkälten. «Ein wichtiger Teil meiner Arbeit besteht im Gespräch mit dem Auftraggeber: Was sind die Bedürfnisse? Wie gross ist der Raum? Wie wird er genutzt?»

Immer frische Aussenluft

Sind diese Fragen geklärt, entwirft Patricia Jakob mit Hilfe entsprechender Computerprogramme die Leitungsführung: vom Abzug der Aussenluft über die Technikzentrale via Steigzone hinein in den Raum. «Wir bedienen uns im Winter wie im Sommer der frischen Aussenluft: Im Winter wird die Luft zunächst etwas aufgewärmt, im Sommer wiederum etwas abgekühlt. Schliesslich wird sie im Raum verteilt. Unseren Systemen ist ein Rückkopplungseffekt eigen, der dafür sorgt, dass im Raum stets frische Luft geatmet werden kann. So bleibt man in Schwung, ohne sich beim klassischen Lüften per Fenster zu erkälten.»

Die technischen Ausführungen von Jakob zeigen: Hier ist eine Frau am Werk, die für ihren Beruf viel Leidenschaft an den Tag legt. Kein Wunder, meldete sie sich im Frühjahr 2023 spontan für die SwissSkills an – die jährlich ausgetragenen Schweizer Berufsmeisterschaften. Gerade rechtzeitig, zum Abschluss der vierjährigen Lehre bei Solvair. «Zu meiner Überraschung habe ich den Sprung an die Finalrunde an der Olma in St. Gallen geschafft. Während drei Tagen konnte ich dort im Wettkampf mit dreizehn Berufskolleginnen und -kollegen mein praktisches Können unter Beweis stellen.»

Erholung auf dem Bauernhof

Die finale Aufgabe bestand darin, vor Ort eine Lüftungsanlage für eine Weinkellerei zu konzipieren. «Das war eine echte Knacknuss, aufgrund der Temperaturunterschiede und der hohen Luftfeuchtigkeit, die in so einem Weinkeller vorherrschen», erinnert sich Jakob. «Ich habe mir inmitten einer Fülle von Diagrammen und Statistiken am Bildschirm den Kopf zerbrochen.» Ihr Effort hat sich ausbezahlt, Patricia Jakob gewann die Goldmedaille. «Das hat mich echt gefreut. Und hat in einem reichhaltigen Apérobuffet in unseren Büros in Niederwangen gemündet.»

(Nicht mehr) Männerdomäne

Unter den vierzehn Teilnehmenden waren «immerhin» zwei Frauen am Start. «Keine Frage, der Bereich der Gebäudetechnikplanung ist eine Männerdomäne. In der Berufsschule in Bern waren wir in einer achtzehnköpfigen Klasse eine Kleingruppe von fünf Frauen.» Dieser Umstand hat Patricia Jakob aber nie gestört: «Für mich hat das keine Rolle gespielt. Ich fühle mich in der Ausübung meines Berufs sehr wohl, egal wie viel Frauen oder Männer zugegen sind.» 

Den Traum vom Bauerndasein hat sich Patricia Jakob parallel zu ihrem Schweizermeistertitel doch noch erfüllt: Gemeinsam mit ihrem Freund Simon Hugi bewohnt sie in Zimmerwald einen Bauernhof; er führt den Betrieb mit 16 Hektaren Land und 18 Mutterkühen. Daneben ist Jakob Mitbegründerin der Musikgruppe «Sächs-Egg», wo sie als Schwyzerörgeli-Spielerin und Sängerin aktiv ist. Das Musizieren im Freundeskreis ebenso wie die Arbeit mit den Tieren in der freien Natur, an der frischen Landluft: für Patricia Jakob die ideale Abwechslung zur kopfzerbrechenden Arbeit im Büro.

Lukas Tschopp

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