Schmutzli, ist der Samichlous ursprünglich aus der Türkei oder aus Rovaniemi in Finnland?
(Schmunzelt) Weder noch. Du verwechselst den Samichlous mit dem Weihnachtsmann, das sind zwei verschiedene Protagonisten. Der Samichlous und ich sind nur im Dezember unterwegs, aber nicht an Weihnachten, wir beginnen am 1. Advent, meistens mit Besuchen in Spitälern oder Altersheimen. Übrigens: Der Weihnachtsmann kommt auch nicht aus Atlanta, dem Firmensitz von Coca Cola…
Stichwort Besuche. Wen besucht ihr, und wo?
Das mit den Spitälern habe ich bereits erwähnt. Traurig übrigens, dass eine bekannte Berner Spitalgruppe unsere Besuche aus Kostengründen gestrichen hat, die Patientinnen und Patienten hatten immer grosse Freude an unserem Kommen – auch die Spitalmitarbeitenden. Und klar: Wir besuchen auch Familien zuhause – oder sie kommen zu uns in eines unserer vier Waldhäuser in der Region. Zum Beispiel in Niederwangen, dort ist jeweils auch unser Eseli zu sehen. Und bevor du fragst: Unser Haupthaus liegt im Forst, tief im Wald: dem Weg folgen, bei der dritten Ansammlung von Brombeersträuchern rechts abbiegen, dann geradeaus…
Schmutzli, sag mal, wie finanziert sich die Samichlouszunft Bern? Seid ihr eine Stiftung, bei der das Geld nur so sprudelt?
Schön wäre es. Nein, wir haben an die 500 Gönnerinnen und Gönner, die uns unterstützen. Eine Berner Bäckerei, die namentlich nicht erwähnt werden will, ermöglicht es uns, jedes Jahr an die 2000 Lebkuchen in ihrer Backstube zu produzieren, sie spendet die Zutaten dazu. Und ohne Hilfe der Migros hätten wir es schwer, unsere Tradition auch in Zukunft fortzuführen. Auffallend ist übrigens, dass die Nachfrage zu unseren «Dienstleistungen» in letzter Zeit wieder steigt, wir wissen nicht wirklich, wieso. Weil die Welt im Moment eher mit traurigen Schlagzeilen aufwartet?
Wie kommst du mit deinem Chef aus?
Die Rollen sind klar verteilt. Er ist der CEO, ich der CFO, denn bei mir laufen die Finanzströme (schallendes Lachen) der Chlousezunft Bern zusammen, sozusagen. Aber wir verstehen uns gut, sehen einander auch während jenen elf Monaten regelmässig, in denen wir nicht der gemeinsamen Arbeit im Dezember nachgehen.
Was bleibt dir an lustigen Episoden in Erinnerung?
(Denkt lange nach…) Sicher diese: Vor einigen Jahren hat eine Schweizerin, die mit ihrer Familie vorübergehend im Ausland wohnte und die Besuche vom Samichlous zuhause in Erinnerung hatte, den Samichlous einfliegen lassen. Sie hat uns Flug und Hotel bezahlt. Wir haben lange darüber diskutiert, ob wir mitmachen wollten. Schliesslich ist ein Samichlous ins Flugzeug gestiegen, im Sinne der Ausnahme, die er jedoch das folgende Jahr wiederholt hat. «Dieses Mal aber bitte nicht Business-Class», schrieb die Frau. Wie gesagt, im Sinne der Ausnahme, ehhh… der beiden Ausnahmen. Die Familie wohnt inzwischen wieder in der Region Bern.
Wie kommt ihr eigentlich mit euren Outfits zurecht?
Keine Chance ohne die Mithilfe unserer Küchenengel, die für uns kochen, uns schminken und uns auch begutachten, bevor man uns auf die Menschheit loslässt. Sie sind unentbehrlich.
Last but not least zu den Kindern. Wie läuft das mit ihnen ab?
Wo soll ich beginnen? Unter vier Jahren besuchen wir keine Kinder zuhause, weil eine Kommunikation fast unmöglich ist. Anders, wenn ein älterer Bruder oder eine ältere Schwester da ist, dann geht das. Ein Wort zur Rute, die Schmutzli mit sich führt. Die ist aber natürlich nur dazu da, die Schuhe abzuputzen, wenn es draussen Schnee hat. Jedes Jahr hören wir auch neue Versli, ein Zeichen, dass man sich mit dem Samichlous beschäftigt. Auffallend bei Kindergärten, die wir vereinzelt besuchen: Je weiter weg wir von der Stadt sind, umso aufmerksamer, stiller und gesitteter geht es zu und her. Zeichen unserer Zeit?