Bernhard Emch bringt die EMCH Aufzüge AG weiter nach oben

Der letzte Patron

Sacha Jacqueroud
Von Sacha Jacqueroud - Chefredaktor
Bernhard Emch.

Foto: zvg

Einfach erklärt

Bernhard Emch leitet die Geschicke der EMCH Aufzüge AG. Der Familienkonzern ist seit Jahrzehnten in Bümpliz verwurzelt und international erfolgreich, vor allem in Frankreich.

Modern, international, gefragt, um schwierigste Einzelkonstruktionen zu erstellen. Die EMCH Aufzüge haben eine typische Schweizer Nische im internationalen Wirtschaftsraum gefüllt: jene des verlässlichen Partners, der auch ausserordentliche Anforderungen bewältigt. Genau das tut das Familienunternehmen. Seit 1880. Und wer Bernhard Emch kennenlernt, mag sich denken: Das soll auch so bleiben.

Manches erinnert an früher; an damals, als angeblich alles besser war. Der Blick von der Büroetage in die Montagehalle etwa. Doch dieser Blick, er steht stellvertretend für die Werte der Familie Emch. Von hier hat man den Überblick, die Weitsicht und Wertschätzung für alle Teile der Unternehmung. Bernhard Emch ist nicht der erste, der hier oben steht und wichtige Entscheidungen für die Zukunft der Firma trifft: «Wir sind ein internationales Unternehmen geworden, das nach wie vor alles hier an der Fellerstrasse produziert. Von Bümpliz in die weite Welt.» Seit 1970. Die lokale Verankerung und die internationale Ausrichtung, sie verschmelzen zu einem modernen Unternehmen mit traditionellen Werten. Keine verstaubten, sondern solche, die heute gefragter sind denn je. «Wir setzen auf Qualität, in erster Linie beginnt diese bei den Mitarbeitenden, deren Ausbildung und damit dem dualen Bildungssystem», unterstreicht der Geschäftsleiter. Menschen statt Management, Menschlichkeit statt Machtgefälle.

Weltspitze dank Lehre

«Ein Unternehmen muss ausbilden und Chancen ermöglichen», sagt Emch. Sein Blick wird nun wacher, ja seine Augen gar fast ein wenig funkelnd. Denn er begegnet dem Fachkräftemangel mit seiner eigenen Lösung und die hat es in sich: «Wir veranstalten regelmässig Elternanlässe, an denen wir zeigen, wer wir sind, was wir können und was wir ausbilden. Viele Eltern glauben, dass nur ein Studium ihr Kind gut durchs Leben trägt. Da frage ich jeweils, ob sie wissen, wie viele der 230 Mitarbeitenden bei uns ein Studium gemacht haben. Die Schätzungen liegen jeweils zwischen 20 und 30. Diese Eltern staunen dann nicht schlecht, wenn ich sage, dass es nur drei sind. Es geht darum aufzuzeigen, dass unser Schweizer Lehrsystem internationale Spitzenklasse ist und eine entsprechende Ausbildung viele Türen öffnet.» Sein kleines Plädoyer für diesen Weg schliesst Emch mit den Worten: «Ohne dieses duale Bildungssystem stünden die EMCH Aufzüge nicht da, wo wir heute sind.» Sein Engagement zeigt übrigens Wirkung.

Frankreich setzt auf Bümpliz

Die Lehrstellen lassen sich besetzen und das Team an der Fellerstrasse ist gut durchmischt. So gut, dass man ab und an im Gebäude die französische Sprache vernimmt? Emch lacht und meint: «Das hat einen anderen Grund.» Die Westschweiz und seit einigen Jahren Frankreich setzen auf das Traditionsunternehmen und der Blick auf die Auftragsbücher zeigt: Frankreich reisst den Bernern fast die Aufzüge aus der Hand. «Wir würden in Frankreich vermutlich das Doppelte verkaufen, wenn wir soviel produzieren könnten», meint der Frankreichverantwortliche. Emch weiss, weshalb das Land so reagiert: «Es gibt in Frankreich fast nur noch Grosskonzerne. Spezialisierte Firmen, die individuelle Lösungen anbieten können, sucht man vergebens. Deshalb setzen viele auf uns.» Der Geschäftsführer ging dabei einen mutigen Weg und lancierte mitten in der Pandemiezeit eine Tochtergesellschaft in Frankreich. Der Erfolg gibt ihm recht. Rückblende: Sein Vater war noch stark nach Zürich orientiert. Doch der Schweizer Markt stagniert zusehends, weshalb Bernhard Emch über neue Vertriebsgebiete nachdachte. «Man ist in drei Stunden nicht nur in St. Gallen, sondern schon in zwei in Genf», schmunzelt er. Das Schmunzeln hat private Gründe. Das Französische nimmt in seinem Leben ein besonderes Plätzchen ein. Nach dem Studium zum Maschinenbauingenieur in Zürich wollte er eine Sprache erlernen und ging nach Paris. Die strengste Lehrerin war jedoch seine damalige Freundin, die selbst im Streit noch durchgetaktet jeden Fehler in der Sprachanwendung korrigierte. Doch so lernte der Berner nicht nur Französisch, sondern auch nach und nach Frankreich und seine Bedürfnisse kennen. Die Entscheidung, in Richtung Frankreich zu gehen, sie deckt sich mit den Wachstumszahlen der Unternehmung.

«C’est le patron qui est là»

Mit dem Export nach Frankreich beginnt auch der Import von gewissen Werten, die Emch an Frankreich schätzt. Dass man sich Zeit nimmt fürs Essen und guten Produkten einen hohen Stellenwert einräumt. Oder aber «diese französische Eigenheit, dass man den Vornamen nennt, sich aber siezt. Wir kennen nur Du oder Sie. Diese Mischform aber erlaubt eine wertschätzende Nähe und gleichwohl eine respektvolle Distanz», weiss er. Eine Philosophie, die er gerne mit in die Schweiz nimmt. Im Büro sitzt ein mutiger Mann, der aber immer, wenn es um seine Mitarbeitenden geht, den Mut mit Stolz und Wertschätzung ergänzt. Die Gedanken verlassen die internationalen Zahlen und widmen sich den lokalen Menschen. Es ist jener fürsorgliche, fast schon väterliche Blick in die Maschinenhalle. Es geht nicht anders, das Bild vom Patron entsteht. Es ist kein anrüchiges, elitäres oder verstaubtes. Nein, im Gegenteil. Es ist jene französische Sicht auf diesen Begriff, die Patron als fürsorglichen, väterlichen Beschützer der Belegschaft versteht, einem fleissigen, mutigen und dennoch verwurzelten Unternehmer, bei dem die Mitarbeitenden und die Firma immer im Zentrum stehen. Im Prinzip meint Patron all das, was neuzeitliche Begriffe wie Manager, CEO und so weiter längst vergessen haben. In Frankreich heisst es denn auch: «Maintenant, c’est le patron qui est là.» (Jetzt ist der Patron da.) Der Satz bedeutet mehr als nur der offensichtliche Hinweis, dass der Chef nun zugegen sei. Vielmehr meint diese Feststellung, jetzt übernimmt jemand die Führung und  entscheidet im Sinne von Firma, Standort und Mitarbeitenden.

Bernhard Emch tut sich schwer, wenn der Begriff Patron auf seine Person angewendet wird. Verständlich, denn im deutschsprachigen Bereich wird der Begriff oft als konservativ und veraltet verstanden; in Fankreich hingegen, «ist es eine grosse Ehre, wenn man von der Belegschaft als Patron bezeichnet wird», weiss der Unternehmer nur zu gut. Ist die Zeit nicht reif, Bernhard Emch diese Ehre zuteil werden zu lassen? Genau hier in Bümpliz, wo französische Werte und Schweizer Verlässlichkeit sowie Präzision miteinander verschmelzen wie eine Metall-Legierung? Ist der Erfolg von EMCH Aufzüge nicht vielmehr ein Hinweis, wie wertvoll die familiären und visionären Werte eigentlich sind? Und ist dann Bernhard Emch nicht sehr wohl ein Patron? Vielleicht einer der letzten ihrer Art?

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