«YES»-Schulprojekt am Gymnasium Kirchenfeld

Zu vitalem Haar mit dem «Sommernachtstraum»

Peter Widmer
Schülerinnen und Schüler als Unternehmer.

Foto: zvg

Einfach erklärt
Einfach Erklärt – 7 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Kirchenfeld in Bern haben ein Jahr lang eine Firma. Das ist zum Üben. – Als Geschäftsidee haben sie die Herstellung eines umweltschonendes Haarshampoos in fester Form gewählt. – Sie stellen das Shampoo selber her. Es kostet CHF 9.50. Es gibt es in drei verschiedenen Duftnoten.
Die drei Haarshampoos, welche sieben Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Kirchenfeld herstellen und verkaufen, nennen sie «Französische Romantik», «Erfrischende Brise» und «Sommernachtstraum». Mit ihrem Miniunternehmen «CleanBar» wagen sie erste praktische Schritte in die Wirtschaftswelt.

Seit dem Sommer 2022 üben sich sieben Schülerinnen des Gymnasiums Kirchenfeld im Unternehmertum, und zwar nicht bloss in der Schulstube, sondern im realen Wirtschaftsumfeld. Lia Beyeler, Lena Bulk, Nanda Grossenbacher, Rezan Erdinç, Nils Kneubühler, Joel Probst und Sixte Bernard bilden zusammen die CleanBar. BümplizWochen hat mit fünf Mitarbeitenden des Miniunternehmens gesprochen (siehe auch Porträts). 

Das während eines Schuljahres dauernde Projekt integriert sich in die Projektidee von YES (Young Enterprise Switzerland). Die Aktivitäten richten sich nach vorgegebenen Rahmenbedingungen von YES, welche in einem Projekthandbuch festgeschrieben sind. Die sieben Jungunternehmerinnen haben als Wahl-Schwerpunktfächer Wirtschaft und Recht gewählt und sich für ein YES-Projekt entschieden. Der einjährige Betrieb des Miniunternehmens ist integrierender Bestandteil der Ausbildung und wird benotet. Gecoacht werden die Schüler:innen von ihrem Lehrer für Wirtschaft und Recht, Philippe Seiler. Bei YES haben sie einen Programmverantwortlichen als direkten Ansprechpartner.

«Das Unternehmen basiert zudem auf einem nationalen YES-Wettbewerb, dem sogenannten ‹Company Program›», wie CleanBar-Administrationsleiterin Lena Bulk berichtet. Wenn sich YES von CleanBar überzeugen lässt, gelangen die Miniunternehmer in die «Top 75» der Schweiz. 

Umweltschonend und einmalig

Die temporären Unternehmerinnen handeln so selbstständig wie möglich. Auch bei der Wahl der Geschäftsidee waren die sieben frei und entschieden sich für die Produktion eines festen Natur-Haarshampoos. Wie kam es dazu? «Zuerst liebäugelten wir mit Nahrungsmitteln, verwarfen aber die Idee wieder», sagt Lia Beyeler, CEO von CleanBar. «Wir waren uns dann einig, dass es etwas sein musste, was es nicht schon gibt.» So stiessen sie auf ein nicht-flüssiges Haarshampoo. Dabei stand Umweltverträglichkeit an oberster Stelle. «Flüssigshampoos befinden sich in Plastikverpackungen. Die feste Form unseres Produktes benötigt kein Plastik und so entsteht kein Abfallproblem», bewirbt Marketing-
Managerin Nanda Grossenbacher das wie eine Seife aussehende CleanBar-Erzeugnis. Auf dem mit blauem Seidenpapier umhüllten Shampoo werden präzis die Inhaltsstoffe deklariert: Maisstärke, Sheabutter, Sodium Cococyl Isethionate, Glycerin, Tonerde, ätherisches Öl, Farbstoffe. «Unser Produkt enthält kein Sulfat, denn das wäre schädlich für die Kopfhaut», ergänzt Product-Manager Nils Kneubühler. «Unser Shampoo kann man übrigens auch für die Ganzkörperpflege benützen…» 

Aber bevor die Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer mit der Produktion beginnen konnten, eruierten sie in der Stadt Bern mit einer Strassenumfrage die Bedürfnisse der potenziellen Kundinnen und Kunden – vorbildlich nach Lehrbuch… Denn was nützt ein Produkt, das niemand will? Dazu Lia Beyeler: «Die Reaktionen – auch zum Preis waren grossmehrheitlich positiv und bestärkten uns, das Vorhaben durchzuziehen.» Den dazugehörenden Businessplan haben die CleanBar-Verantwortlichen allerdings erst gegen Ende Januar an YES übermittelt.

Gewinnschwelle früh erreicht

In der Übungsanlage hat sich CleanBar die Rechtsform einer Aktiengesellschaft gegegben, der häufigsten Gesellschaftsform in unserem Land. YES übernimmt im Projekt die Rolle des Staates, beispielsweise bei der Abgabe der Mehrwertsteuer – übungshalber.

Produziert wird das Haarshampoo hauptsächlich am «Firmensitz» in Muri b. Bern, dem Wohnort von CEO Lia Beyeler, und zwar meist abwechselnd zu zweit, damit alle sieben das Handwerk der Produktion kennenlernen. Das Know-how haben sich die Schülerinnen vor allem im Internet angeeignet, «wo wir viele Anleitungen zur Herstellung von Shampoos fanden. Wir und unsere Familien waren Testpersonen», schmunzelt Nanda. Danach hätten sie das Rezept kontinuierlich verfeinert, bis es passte. Bei der BümplizWochen-Gesprächsrunde hatten alle noch ihre volle Haarpracht… Die verschiedenen Inhaltsstoffe beschaffen sie sich in Apotheken, Drogerien und im übrigen Detailhandel.

An den Weihnachtsmärkten in Burgdorf, Bolligen und Trimstein betrieben die Miniunternehmer: innen einen Verkaufsstand als Point of Sale. «Bereits am ersten Markt in Burgdorf haben wir die Gewinnschwelle (Break-Even-Point) erreicht», sagt Finanzchef Rezan Erdinç stolz. «Sie lag in unserem Fall bei 78 Stück.» Bis zum Tag der Gesprächsrunde beziffert CleanBar den Umsatz auf über 1200 Franken und der Gewinn beläuft sich auf gut 700 Franken. CleanBar, eine erfolgreiche Geschäftsidee – übungshalber.

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