Im Moment stapeln sich Parkkarten und weitere «Giveaways» mit dem Konterfei von Nationalrat Erich Hess (SVP) in den Büroräumlichkeiten in Niederbottigen. Die Volkspartei rüstet sich für die bevorstehenden nationalen Wahlen im kommenden Herbst. Hier, in den Räumlichkeiten von Thomas Fuchs, laufen die Fäden zusammen. Doch kaum sind die nationalen Wahlen vorüber, geht es um diejenigen der Stadt Bern.
Nachfolgeregelung
In anderthalb Jahren wählt das Volk erneut Parlament und Gemeinderat. Dann wird sein Nachfolger bereits fest im Sattel sitzen. «Wir haben in der Partei eine Nachfolgeregelung für die Ersatzplätze. Den Weg frei machen für die Jüngeren ist uns wichtig», verrät er. Wer einmal im Parlament ist, für den stehen die Chancen weitaus besser, wiedergewählt zu werden, als für all jene, die frisch antreten. Deshalb räumt das politische Schwergewicht Thomas Fuchs am 4. Juli seinen Platz zugunsten von Rechtsanwalt Niklaus Mürner. Diese Haltung ist aus Erfahrung gewachsen und war nicht immer so. Fuchs selbst musste schon jahrelang Geduld haben, um nachzurücken. Dafür ist sich die Berner SVP-Legende nie zu schade, in ein Amt zurückzukehren, wenn Not am Mann ist. Das hat der 57-Jährige in der Vergangenheit auch schon bewiesen.
Volksbefragung
Der Rücktritt sei jedoch vielmehr dem schlechten Stil und der mangelnden Gesprächsbereitschaft der linken Mehrheit im Parlament geschuldet, schreiben sich in diesen Tagen viele Medien gegenseitig ab. Doch das Gespräch mit ihm zeigt, dass diese Sicht zu kurz greift. Nicht nur, weil die Nachfolgeregelung wichtig ist, sondern auch, weil sich die SVP strategische Gedanken macht, wie sie die rotgrüne Mehrheit in Schach halten kann. Und dazu braucht es den erfahrenen Bümplizer als Parteipräsidenten und Strippenzieher. Die grössten Erfolge verzeichnete die SVP aus der Opposition heraus, immer wieder holte sie auf dem nationalen Parkett Themen vors Volk und gewann etliche Abstimmungen, weil das Parlament glaubte, die Bevölkerung würde ihm fast blindlings folgen. So avancierte die SVP zur stärksten Partei der Schweiz. Das Prinzip funktioniert auch in Bern, ist aber schwerer umzusetzen, weil die rotgrüne Mehrheit auch die Stadtbevölkerung widerspiegelt. «Das Volk bei wichtigen Vorlagen miteinzubeziehen ist wichtig», betont Fuchs und ergänzt mit einem Lächeln: «Und manchmal reicht die Ankündigung einer Volksabstimmung, damit eine Lösung entstehen kann.»
Bümpliz im Herzen
Fuchs hat einige Geschäfte im Stadtrat mit Erfolg nachbessern können. So etwa die Linienführung des Trams in Bern West mit der Unterführung in Ausserholligen statt einem Millionen Franken teuren Tunnel. Oder er verhinderte die Schliessung des Friedhofs in Bümpliz. Es ist kein Zufall, weshalb er Beispiele aus dem Westen Berns wählt. Hier ist nicht nur sein Zuhause, sondern hier schlägt sein Herz. «Hier ist mein Beziehungsnetz, hier will ich mich engagieren. Die Leute kommen zu mir und ich versuche zu helfen», unterstreicht er. Das dürfte in Zukunft noch wichtiger sein, vermutet Fuchs: «Bümpliz wird noch oft Schlagzeilen machen, weil man politisch oft versucht, Dinge hierher abzutreten, die niemand will.» Als Präsident und erfahrener Politiker aus diesem Stadtteil will er sich dagegen zur Wehr setzen. Er will aufmerksam machen, aufzeigen und aufklären.
Szenarien aufzeigen
Willkommen bei einer weiteren Strategie, mit der die SVP die rotgrüne Mehrheit aufweichen will. «Die Meinung der Politik und diejenige des Volks gehen oft auseinander, diese Tendenz wird immer deutlicher und das schockiert mich», fasst er zusammen. Deshalb zieht die SVP gewisse Entscheide vors Volk und die Resultate geben ihnen in regelmässigen Abständen recht. Doch das Pro-
blem der Politlösungen, die mitunter am Volk vorbeigehen, will die SVP Bern künftig nicht nur mit Abstimmungen bekämpfen, sondern zusehends auch mit Szenarien. Im Stadtrat ist es schwer, sich Gehör zu verschaffen, wenn die Mehrheiten so klar sind. Doch Fuchs wird all seine Bekanntheit nutzen, um gehört zu werden und aufzuzeigen, was passiert, wenn gewisse Entscheide umgesetzt werden. «Die meisten Politisierenden, die heute aus der Mehrheit agieren, schauen die Finanzen nicht als Problem an. Bern habe ja viele Liegenschaften, man könne jederzeit mit den Steuern rauf, Hauseigentümer können mehr zahlen, es gäbe viele Reiche, das Bewusstsein, wie man Geld sparen kann, ist nicht da», schüttelt er den Kopf. «So ist es unvermeidlich, dass es zu einer Steuererhöhung kommen wird», fasst er zusammen.
Es braucht die Hartnäckigkeit eines Thomas Fuchs, um Szenarien zu malen und Abstimmungen zu erzwingen, um immer wieder zu überprüfen, ob die Politik die Meinung des Volks wirklich verstanden hat. Dafür wird er sich einsetzen. Als Parteipräsident, als Grossrat, als (noch nicht so) graue Eminenz im Hintergrund. Poltern, laut sein, polarisieren; das waren auch schon die Zutaten der SVP. Doch der gewiefte Fuchs wählt leisere Töne, setzt auf Information und das Miteinbeziehen des Volks. Und es würde in Bern niemanden verwundern, wenn man gerade deshalb noch viel von Thomas Fuchs hören und lesen wird.