Weltenbummlerin Erika Petz-Hostettler

In genau 50 Jahren 128 Länder bereist

Thomas Bornhauser
Erika Petz mit einem Kalender von 1983 aus Singapur, wo sie bereits 33 Mal war.

Foto: BO

Einfach erklärt

Erika Petz ist in Matzenried aufgewachsen und wohnt in Bethlehem. Sie verbringt mehrere Monate im Jahr im Ausland. Sie hat schon 128 Länder bereist. Wenn sie hier ist, verträgt sie Zeitungen, auch diese.

Müsste man Bernerinnen und Berner aufzählen, die ihrer ungewohnten Aktivitäten wegen faszinieren, wäre Erika Petz definitiv eine davon. Wenn zuhause, verträgt die Bethlehemerin Zeitungen – darunter auch die BümplizWochen. Viele Monate im Jahr war und ist sie hingegen im Ausland unterwegs.

128 Länder hat sie seit 1974 bereist. Weil regelmässig im Fernen Osten unterwegs, benutzt sie Singapur als Drehscheibe, hat die Metropole bis jetzt 33 Mal gesehen. Vor allem aber erlebt(e) sie das Wachsen des Stadtstaates. Auf dem Foto sieht man sie mit einem Kalender aus dem Jahr 1983, Singapur noch mit Kanälen und Booten. Inzwischen wurde vieles aufgeschüttet und mit Wolkenkratzern bebaut.

Inmitten von Tieren unterwegs

In Matzenried aufgewachsen, ist Erika Petz sehr früh klar, dass sie die Welt sehen will. Nach Abschluss der Schule beginnt sie deshalb sofort zu jobben und zu sparen. Inzwischen dokumentieren 11 Schweizer Pässe, in welchen Ländern sie überall war. Gibt man ihr im Gespräch ein Stichwort zu einem Land oder einer Region, dann sprudelt es nur so aus ihr heraus. Man könnte ihr stundenlang zuhören. So erzählt sie eine Geschichte aus der Südsee: «Ich flog von Rarotonga aus – der grössten der Cook-Inseln – nach Papeete auf Tahiti, wollte aber auch nach Bora Bora, wenn ich schon in dieser Gegend war. Nur war der Flug dorthin sehr teuer, deshalb habe ich ein Frachtschiff nach Bora Bora genommen.» Heisst: Petz inmitten von Hühnern, Ziegen und Schweinen unterwegs. Zwei Tage und eine Nacht. «Damals», erinnert sie sich, «war ich immer allein unterwegs, planlos. Doch  von Acapulco mit dem ÖV nach Mexico City zu reisen und dort tagelang zu Fuss rumlaufen wäre im Jahr 2024 wenig ratsam – nicht bloss für eine allein reisende Frau.» Überhaupt: Vor 40, 50 Jahren sei das Reisen viel einfacher gewesen, so ganz ohne Internet, ohne Handy und dafür mit vielen Geheimtipps. «Heute ist durch die sozialen Medien vieles entdeckt und dadurch völlig verändert.» Petz schätzt sich deshalb glücklich, dass sie vor allem Grossstädte wie Barcelona und Venedig erleben durfte, als der Begriff des «Overtourism» noch unbekannt war.

Miami und Südgeorgien

Und wie reist sie heute? «Mehr oder weniger organisiert, nicht mehr mit Rucksack. Meistens auf kleineren Kreuzfahrtschiffen, die noch in Häfen anlegen, wo grosse gar nicht erst einfahren oder ankern können.» Bei Landausflügen geht Petz ihre eigenen Wege. «Ich laufe keinem Fähnli oder einer Kelle nach.» Im Dezember flog Petz nach Miami, umvon dort aus via viele Inseln in der Karibik durch das Amazonas-Gebiet nach Manaus zu reisen. Nun verbringt sie noch vier Wochen in Mittelamerika. Staunen erlaubt: In Beijing war Petz noch nie. Logisch, steht das auf ihrer Wunschliste, ohne dass sie bereits gebucht hätte. Gleiches gilt für Tanzania mit Sansibar, Brunei, Borneo und Ostmalaysia. Konkret wird es hingegen nächsten Winter. Da geht es für sie auf Expeditionsreise nach Südgeorgien zu den Königspinguinen und in die Antarktis.

Pfannen verkaufen sich gut

Doch wie finanziert sich Petz ihre Reisen, nebst AHV und etwas Erspartem? Es hat sehr viel mit Einschränkungen und zeitlichem Aufwand im Alltag zu tun. Sie lebt einfach, leistet sich keinen Luxus, kocht selbst und mit Lebensmitteln, die gerade in Aktion sind. Zudem verdient sie sich mit einem Flohmärit etwas dazu. Die Gegenstände bekommt sie meistens geschenkt («ich verkaufe, was andere sonst wegwerfen»), beispielsweise Qualitätskochpfannen, die jedoch derart verschmutzt sind, dass Petz sie in vielen Nachtstunden wieder sauber putzt und «wie neu» am Flohmi verkauft. «Pfannen verkaufen sich immer gut.» Für ihre Reisepläne findet sie nicht nur Zuspruch. «Von einigen Leuten spüre ich Neid. Solche, die überhaupt keine Ahnung haben, dass das Fernweh bei mir immer grös-ser als das Verlangen nach einer Beziehung mit Kindern war, um nur ein Beispiel zu nennen. Sie wollen mich nicht verstehen, aber Vorwürfe machen, das können sie.» Was sie «auch beschäftigt», wie sie sagt: Mitte dieses Jahres wird der Zustelldienst der Post-Tochter DMC eingestellt, da die Post das Geschäft selbst betreiben will. Fast 4000 Leute, «die auf den Verdienst angewiesen sind», verlieren ihren Job. Dieses Geld wird auch Erika Petz-Ho-stettler fehlen. «Aber irgendwo geht sicher wieder eine Türe auf.» Typisch für sie.

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