Adela Picón steht irgendwo zwischen Hochhäusern und beobachtet ihre Umgebung, es ist bewölkt und nur wenige Menschen sind unterwegs. Sie entwickelte als Kunstschaffende eines der Siegerprojekte für den Arbeitsaufenthalt in Bern-West, den der Verein Kunstachse in Zusammenarbeit mit der Kommission für Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Bern geschaffen hat. Es sind die ersten sogenannten «Kunstplätze» in Berns Westen, aber wie auch in anderen Stadtteilen geht es darum, dass sich Kunstschaffende oder Kollektive mit der Quartierbevölkerung austauschen und daraus resultierend ein Projekt im öffentlichen Raum entwickeln.
Vom 1. Mai bis zum 31. Juli wirkt Picón im Kleefeld. Sie will mit den Menschen im offenen Raum arbeiten, mit den Menschen reden und herausfinden, was sie beschäftigt. «Ich muss jetzt Präsenz zeigen, denn präzise für dieses Projekt ist alles, was ich draussen mache, meine Arbeit. Wenn ich Kommissionen erledige oder draussen spaziere, dann erzähle ich, was ich hier mache», sagt die Künstlerin. «Es gibt hier eine Identität, nämlich 3018 Kleefeld. Dieses Projekt konzentriert sich deshalb auf junge Menschen von 18 bis 30 Jahren in 3018 Kleefeld.»
«Im Kleefeld ist es grün und ein Wald ist direkt daneben. Für Kinder ist es hier ein Paradies. Aber die Jugendlichen haben keinen Raum. Ihr Körper ist der Raum, den sie einnehmen, und wenn da kein Platz ist, kein Raum, dann sind die Menschen auf der Strasse», erläutert sie.
Das Projekt
Adela Picóns Plan ist, mit Jugendlichen aus dem Quartier eine kollektive audio-visuelle Produktion zu entwickeln, oder in anderen Worten: einen Kurzfilm im Hochformat zu produzieren. Die kurzen Sequenzen von zwei bis drei Minuten sollen bequem mit dem Smartphone gefilmt werden können. Den fertigen Film will sie im Herbst an einen grossen Wohnblock projizieren.
Parallel laufen mehrere Dinge, so hat Picón bereits Kontakt mit verschiedenen Rappern aus dem Quartier, solchen, die bereits erwachsen sind und anderen die jetzt gerade aufkommen. Zusammen mit einer Gruppe aus dem Tscharnergut und einem jungen Orchester sollen diese die Musik zum Film liefern. Auch mit einer Frau, die den Stoff für die Projektionsfläche nähen will, steht die Künstlerin bereits in Kontakt.
«Und dann gibt es da diese Parallelwelt, in der die Menschen alles zeigen und doch anonym sein können» erzählt Picón. «Es ist schwierig, die Jugendlichen dazu zu bringen, Dinge spezifisch mit mir zu teilen.» Sie hat einen Instagram-Account eingerichtet, auf dem sie jeden oder jeden zweiten Tag teilt, was sie gerade tut und wo sie im Projekt steht. Zu Beginn ihres Aufenthalts im Kleefeld hängte Picón mit Kindern aus dem Quartier Plakate auf und entwickelte Visitenkarten mit QR-Code mit einem Link zu einer Video-Plattform, die sie an die Menschen verteilen kann.
Draussen präsent sein
«Die erste Phase im Kleefeld ist vorbei und nun kommt die zweite. Und ich hoffe, dass im Juni die Menschen vermehrt draussen sind und bereit sind, Reels, Stories oder Shorts mit mir zu teilen», so Picón. Im Juni steht auch ein grosses Fussballturnier an, dort will sie mit einer 360°-Kamera ein zusätzliches Video machen, so dass es für die Menschen ein Fest ist, wenn sie als Familie an diesem Tag draussen sind. Für sie sei es wichtig, dass das Projekt nicht nur für die Jugendlichen gedacht sei, auch wenn der Kurzfilm am Ende mit der Jugend und ihren Clips gemacht werde. «Im Juni werde ich Büros einrichten, mit zwei Stühlen, auf denen ich mit den Menschen spreche, die sich zu mir setzen, oder ich sitze einfach allein dort und nehme die Welt so wahr. Im Juli, wenn viele in den Ferien sind, werde ich viel mehr draussen präsent sein für diejenigen, die dageblieben sind. Mein Wunsch ist, dass dieses Projekt gelingt, dass ich mit den Jugendlichen arbeiten kann. Dass es im Herbst eine Projektion an die Fassade eines Hochhauses gibt und die Menschen diese schauen kommen.»