Wie Nicole und Roni Huber den Sternen zu Bümpliz beleben

Die letzte Bastion der Beizenkultur

Sacha Jacqueroud
Von Sacha Jacqueroud - Chefredaktor
Eine Legende blüht wie eh und je: der Gasthof Sternen Bümpliz – dank Nicole und Roni Huber.

Foto: zvg

Einfach erklärt
Die Geschwister Nicole und Roni Huber bewirten die Menschen im Sternen in Bümpliz. Diesen Gasthof gibt es seit über 400 Jahren und die Familie Huber sorgt seit langem und mit Herzblut für dessen Fortbestand.
«Wohl bekomms, möge er angenehm dinieren.» «Noch ein Gläschen Roten? Sehr wohl der gnädige Herr.» Zugegeben, die Floskeln, die vor 400 Jahren zwischen dem Sternenwirten zu Bümpliz und dem geneigten Gast wechselten, wirken altertümlich. Eines aber ist bis heute geblieben: die Herzlichkeit. Vor allem dank den Wirtegeschwistern Nicole und Roni Huber sowie deren Team.

«Guten Abend, schön, dass du da bist», begrüsst Nicole einen Gast mit einem Lächeln. Indes schüttelt Roni Huber die Hand einer älteren Dame, die sich gerade zum Nachtessen eingefunden hat. Von der Jassrunde zum verliebten jungen Paar bis zur alleinstehenden Person: der Sternen ist eine Art Mikrokosmos, ein Mikrobümpliz, ein Herzstück des Stadtteils VI. Kein Wunder, schliesslich haben die historischen Mauern alles überlebt, was seit Bestehen des Bauerndorfs bis zur Fussgängerzone im Stadtteil VI passiert ist. «Wenn man sich bewusst wird, dass hier seit über 400 Jahren gewirtet wird, ist das schon etwas besonderes», fasst Roni zusammen.

Zu Gast bei Freunden

Im Umkehrschluss gilt für die Bevölkerung: Der Sternen ist ein Stück Bümplizer Geschichte. Nicht im Museum ausgestellt, sondern so lebendig und frisch wie die Menüs auf der Karte. Man kennt sich und wer fremd ist, bleibt dies in aller Regel nicht lange. Denn die Geschwister Huber heissen willkommen und kümmern sich um das Wohlbefinden auf eine Art, die weder gekünstelt noch aufgezwungen wirkt. «Wir lieben, was wir tun», räumt Nicole ein. Auch das keine Floskel, denn sie ergänzt: «Ich bin nach den Ferien gerne wieder hergekommen.» Die Tischrunde, an der das Gespräch mit der BümplizWochen stattfindet, wird ab und an unterbrochen. Das Personal stellt sicher, dass es den Gästen an nichts fehlt. Für Roni die Gelegenheit, sich dankbar zu zeigen: «Wir haben Glück mit unseren Angestellten. Viele sind schon lange da und wir sind sehr froh darüber.» Für die beiden ist klar: Bewirten und Gastgeber sein ist ein Geschenk. Es ist ein schöner Beruf, man kann kreieren und organisieren.

Eine Familiensache

Bei so viel Herzblut stellt sich die Frage, ob sich Hubers ein Leben ausserhalb des Sternens überhaupt vorstellen könnten? «Das kann man schon, aber uns ist das wohl in die Wiege gelegt», meint Nicole kurz und bündig. Das unterstreicht auch ihre Ausbildung an der Hotelhandelsschule. Roni bringt derweilen ein weiteres Argument: «Schon unsere Grosseltern haben gewirtet. 2011 hat unsere Mutter den Sternen übernommen – das verbindet.» Und verpflichtet? Durchaus. Der Sternen ist ein Familienbetrieb, umso mehr, wenn man bedenkt, dass die Familie sich seit jeher der Gastwirtschaft verschrieben hat. Und plötzlich schliesst sich der Bogen: «Auch unsere Gäste sind eine Art Familie, so empfinden wir das», sagt Nicole.

Tradition muss leben

Nun könnte die Geschichte zu Ende sein. Mit einem Happy End voller Herzlichkeit, Tradition und Familie. Doch dann wäre die Konstellation gefährdet. Rund um den Sternen öffnen und schlies-sen die Gastronomieangebote so häufig, wie das Wetter wechselt. Noch vor wenigen Jahren waren im Zentrum von Bümpliz vier Gasthöfe auf engstem Raum zu finden. Überlebt hat nur der Sternen. Damit ihm nicht das gleiche Schicksal droht, muss das Haus ein Begegnungsort bleiben. Eine Massnahme sind deshalb die vielen Events, welche Roni auf die Beine stellt. «Wir hatten vor der Pandemie viele Projekte, die wir erst jetzt nach und nach umsetzen können. Es geht darum, das Dorfzentrum zu beleben. Etwas, was die Stadt ja mit der Sanierung der Fussgängerzone auch gewünscht hat. Wir wollen da unseren Beitrag leisten», sagt Roni. Der Sternen bietet sich an. Mit dem grossen Saalbau unmittelbar nebenan, mit dem Park und den verschiedenen kleineren Sälen im ersten Stock hat das Gasthaus kulturell so viel zu bieten wie die Menükarte: von Kleinkunst bis Grosskonzert.

Ein Selbstläufer ist der Sternen dennoch nicht. Die Pandemie steckt vielen Gasthäusern noch in den Knochen und die Anforderungen sowie die Teuerung erschweren es, wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben. Besorgte ja gar ängstliche Aussagen sind den Geschwistern aber keine zu entlocken. «Das, was es einem gibt, wenn das Team zusammensteht und gemeinsam die Gäste glücklich macht, das beflügelt», meint Roni zum Schluss und seine Schwester nickt ihm mit einem Lächeln zu. Harmonie unter den Geschwistern? «Nicht immer», lacht nun Nicole, «aber wir wissen um die Stärken von uns beiden. Roni ist ein charmanter und grundlieber Kerl. Mit seiner Geduld und seiner Ruhe kommt er mit allen gut aus.» Nun ist es an ihm, die Stärken seiner Schwester hervorzuheben: «Sie ist ein Vollprofi. Ich kann mich stets auf sie verlassen. Sie macht viele Dinge, die ich nicht so gut kann. Etwa im administrativen Bereich, da würde wohl sonst noch das eine oder andere etwas länger liegenbleiben.» Für den vierhundertjährigen Sternen zu Bümpliz sind Hubers ein Glücksfall. Für die Geschichte von Bümpliz ebenfalls. Fast dünkt einen, der Sternen Bümpliz sei die letzte Bastion der traditionellen Beizenkultur.

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