Zufällig getroffen

«Das Wohl des Kindes steht im Vordergrund»

Thomas Bornhauser
Claudia Ondondo aus dem Gäbelbach.

Foto: BO

Einfach erklärt

Claudia Ondondo ist als Sozialpädagogin und Teamleiterin in der stationären Arbeit tätig. Sie betreut und begleitet Kinder, Jugendliche und ihre Familien. In ihrer Freizeit fotografiert sie gerne.

Es war zu Beginn eine lustige Begegnung mit Claudia Ondondo aus dem Gäbelbach, wo sie seit 2008 wohnt. Ihr war offensichtlich nicht wirklich bewusst, dass meine spontanen Begegnungen auch wirklich spontan sind. Spätestens mit der heutigen Ausgabe weiss Claudia Ondondo Bescheid.

Clauda Ondondo, welche Ausbildung haben Sie absolviert?

Ich bin seit mehr als 20 Jahren gelernte Sozialpädagogin. Ursprünglich habe ich mich für diesen Beruf entschieden, weil ich gerne mit Kindern arbeiten wollte. Heute gefällt mir die Vielseitigkeit meiner Arbeit. Mir gefällt es, Menschen in herausfordernden Lebenssituationen begleiten zu dürfen. Ich achte auf ihre Ressourcen und Fähigkeiten, unterstütze sie dabei, dass sie für sich passende Lösungen finden. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Angefangen habe ich vor mehr als zwanzig Jahren im damaligen Schulheim Ried.

Ich glaube, mich daran erinnern zu können, dass dies früher die Grube war und vor ungefähr fünf Jahren in die Schlagzeilen der Medien kam.

Stimmt. Übrigens: Im Historischen Museum Bern ist unter dem Titel «Vom Glück vergessen» bis Ende Jahr eine Ausstellung über fürsorgerische Zwangsmassnahmen in Bern und in der Schweiz zu sehen. Sehr berührend. Darf ich hier aber einen Wunsch anbringen?

Ich bitte darum.

Können wir dieses Kapitel abschliessen, weil genug darüber geschrieben wurde?

Kein Problem, Zeitsprung. Was also heute?

Ich arbeite immer noch als Sozialpädagogin und Teamleiterin. Parallel dazu habe ich die Ausbildung zur betrieblichen Mentorin absolviert– der Abschluss steht aber noch bevor (lacht). Ich möchte zukünftig nebst der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen auch Menschen durch gezielte Coachings begleiten.

Was würden Sie sagen: Wie hat sich die Sozialpädagogik in den letzten Jahren entwickelt?

Stark. Ich kann vor allem aus eigener Erfahrung sprechen. Als ich angefangen habe, hatten die Kinder und Jugendlichen wenig Kontakt zu ihren Eltern. Sie blieben oft mehrere Jahre platziert und wurden nach unseren Normen und Werten erzogen. Heute arbeiten wir viel enger mit den Familien zusammen und suchen individuelle Lösungen. Dabei steht das Wohl des Kindes immer im Zentrum.

Man hört immer wieder: Die Anzahl der verhaltensauffälligen Kinder und Jugendlichen nimmt rasant zu. Ist dem so?

Das würde ich so nicht unterschreiben. Nicht die Auffälligkeiten der Kinder und Jugendlichen haben zugenommen, sondern die Herausforderungen, mit denen sie und ihre Familien konfrontiert sind. Geht es uns nicht allen so, dass wir zuweilen mit den vielen Anforderungen, die an uns gestellt werden, an unsere Grenzen kommen? Viele Familien, die wir begleiten, haben unterschiedliche Herausforderungen zu bewältigen. Sei dies eine Krankheit, Umgang mit traumatischen Erlebnissen oder Geldsorgen, um nur einige zu nennen. Dabei versuchen sie stets, das Beste für ihre Kinder zu geben. Dass dies nicht immer möglich ist, liegt auf der Hand. Da kommen wir ins Spiel.

Wo stossen Sie an Grenzen?

(Seufzer) Eine grosse Herausforderung ist es, die passenden Hilfen zu finden. In der heutigen Zeit warten Kinder und Familien teils lange auf einen geeigneten Therapieplatz oder eine nötige Abklärung, weil alle Plätze ausgebucht sind. Das ist für alle Seiten nicht ganz einfach. Und manchmal passt das eine Angebot nicht. Dann geht es darum neue Lösungen zu suchen. Immer mit dem Fokus beim Kind.

Wie gehen Sie damit um?

Das ist nicht immer ganz einfach. Wichtig ist, sich im Team gut abzusprechen und sich gegenseitig zu unterstützen. Im Rahmen meiner Ausbildung habe ich mich gerade intensiv mit dem Thema Gesundheit am Arbeitsplatz beschäftigt und mit der Frage, was betriebliches Mentoring dazu beitragen kann. Das war eine spannende Auseinandersetzung. Wichtig ist, gut auf die Ressourcen der Mitarbeitenden zu achten. So können wir Familien gut unterstützen. Gesundheitsmanagement ist ein wichtiges Thema.

Szenenwechsel. Was macht Claudia Ondondo denn nebst Ihrer Arbeit als Sozialpädagogin?

Dann bin ich dabei, mir ein zweites Standbein im Coaching aufzubauen und hoffe, meine Ausbildung im Juni erfolgreich abzuschliessen. Zur Erholung bin ich vor allem viel draussen in der Natur, wo ich beim Wandern so richtig «durchlüften» und neue Energie tanken kann. Oft kommen mir dabei auch die besten Ideen. Im Winter besuche ich gerne die Eishockeyspiele meines Sohnes und verbinde damit wenn immer möglich einen Tagesausflug. So habe ich schon viele neue Orte in der Schweiz kennengelernt. Damit verbunden ist ein weiteres Hobby. Ich fotografiere gerne.

Zeigen Sie uns eines Ihrer eigenen Lieblingsfotos?

Gerne, auf den Azoren aufgenommen, in Furnas, mitten im Dschungel, umgeben von 760 Meter hohen, bewaldeten Kraterwänden. Was für eine besondere Stimmung, die Hortensien – meine Lieblingsblumen – noch feucht vom nächtlichen Regen. Die Sonne geht auf, auch zu sehen ist der Rauch der Hotsprings.

Haben Sie schon ein neues Reise- und Fotografieziel?

Ja, der Fischerweg in Portugal. Wandern, fotografieren und Neues entdecken – alles in einem.

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