Wie bringt man einen traditionellen Künstler den heutigen Schülerinnen und Schülern näher. Ganz einfach: Indem man ihnen das Werk verständlich erklärt. Das ist im Schulhaus Tscharnergut der Fall – und mit der Grund dafür, weshalb der Holzschnitt von der Familie Zbinden der Schule geschenkt wurde, wie Samuel Zbinden sagt, Enkel des Künstlers.
Aus der Region – für die Region
Als Information zum Werk von Emil Zbinden steht unter anderem deshalb zu lesen: «1958 begannen die Bauten am Tscharnergut. Vor den Augen der Berner und Bernerinnen entstand das damals grösste Wohnbauprojekt der Schweiz. Gegen Ende der langen Bauarbeiten packte er – damals 50 Jahre alt – also seine Zeichengeräte, wanderte über den Gäbelbach zur Riederen, setzte sich unter der Linde auf die Bank und zeichnete, was vor ihm lag. Er fertigte nicht eine, sondern mehrere Zeichnungen an. Die letzte Zeichnung aber übertrug er zu Hause auf eine grosse Platte aus hartem Holz und schnitt mit seinen Sticheln Tage und Wochen lang, bis eine fertige Druckplatte vor ihm lag: Was weiss sein soll, hat er weggeschnitten, was schwarz sein soll, hat er stehen gelassen. Diesen Druckstock färbte er mit einer Walze mit schwarzer Druckfarbe ein und druckte davon viele Abzüge. Ein Blatt aber hängt hier im Schulhaus, wo jene Kinder zur Schule gehen, die in den abgebildeten Häusern wohnen.»
Kein Zufall
Dass das Bild im Tscharni hängt, kommt nicht von ungefähr. Schulleiterin Maria Aebi hat lange Jahre zusammen mit der Schwiegertochter von Emil Zbinden im Schulhaus Schwabgut unterrichtet. Es kam dann jener Tag, an welchem Katharina Zbinden ihrer Kollegin sagte, dass im Archiv noch ein Bild ihres Schwiegervater vorhanden sei, welches das Tscharnergut zeigt. Ob sie Interesse hätte? Sie hatte. Und wie. Was Maria Aebi beonders freut: Wenn eine Schülerin oder ein Schüler das Werk – passend mit Holzrahmen an der Betonwand – bestaunt und sich daraus ein Gespräch ergibt.
Zur Person
Emil Zbindens Vater arbeitete als Paketfahrer in Bern, die Familie wohnte im Berner Mattequartier. Dort besuchte Emil (1908 geboren) die Sekundarschule und absolvierte danach eine Lehre als Schriftsetzer. Noch in der Lehrzeit verfertigte er seine ersten Holzschnitte. Nach seinem Lehrabschluss ging Zbinden zur Weiterbildung nach Deutschland und besuchte u.a. von 1929 bis 1931 in Leipzig die Staatliche Akademie für Graphische Künste. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz arbeitete er als selbständiger Künstler und Grafiker. Unbedingt erwähnenswert ist, dass Emil Zbinden als Teil seines Hauptwerks die 16-bändige Gotthelf-Ausgabe der Büchergilde Gutenberg mit über 900 (!) Holzschnitten illustriert hat. In den 1950er-Jahren wandte sich Emil Zbinden verstärkt industriellen Themen zu, wie auch im Schulhaus Tscharnergut dokumentiert. Zbinden wohnte und arbeitete bis zu seinem Tod 1991 in der Berner Altstadt.