E bärndütschi Adväntsgschicht

D Tür vom Wichteli

Ursula Pinheiro-Weber
I vilne Huushaltige ziet während der Adväntszyt es Wichteli y.

Foto: zvg

Einfach erklärt
Verstehen Sie die verwendeten Wörter? Zahlreiche davon sind auch heute noch im Gebrauch und zeugen vom emotionalen Bezug der Menschen zum Alltäglichen. Sie vermitteln Geborgenheit, Integrität und Selbstbewusstsein. Berndeutsch ist vorwiegend eine gesprochene Sprache. Ein Text wirkt laut vorgelesen denn auch stärker und macht die Lebendigkeit und Farbigkeit der Sprache erfahrbar.
Der Hefeteig isch viil z füecht usecho u nid ufggange. Het chläbt a de Finger u het sech partout nid wölle zure aaständige Chugle la forme. E richtige Tanggel. So het ds Mami Caroline keni Grittibänze chönne bache. «Henusode», het si gmurmlet, «de gits haut öppis anders druus.

Hurtig het si us em flache Teig e chlyni Tür gchnättet – obe rund, mit munzige ygritzte Scharnier unere Türfalle us Wybeeri (Rosinen). Das Kunschtwärch het si a d Wand hinderem Klavier drückt, wo niemer häreluegt u der Schatte geng e chly dichter isch als im Räschte vom Wohnzimmer.

«Was isch das?», hei di füfjährige Zwillinge grüeft u sy cho z renne.

D Mueter het gheimnisvoll glächlet: «E Wichteltür. Hindedra wohnt es chlyses Wichteli. Villech bringts öich sogar es Wienachtsgschänk? Aber…» Si streckt der Zeigfinger uuf: «Äs darf öich nid gseh, süsch verschwindets u chunt nie meh.»

D Chinderouge sy gross worde wie Täller. Si hei uf d Tür gstieret, wi we si vo dert öppis würde ghöre – es lysligs Gyre, es Gyxe u nes Schabe. U d Ching hei gmulet: «Aber mir wie ds Wichteli lehre kenne!»

«Das geit äbe nid», het d Muetter gseit. Aber d Ching hei wyter gstürmt. Für se abzlänke nimt d Mueter Jaggene u Chappene vom Gstell. «Chömet, mir göh bim Beck öppis Süesses ga gänggele – es paar Schläckzüüg für en Advänt.» U scho sy si underwägs gsy dür di chalti Dezämberluft. 

Wo d Mueter speter ir Wöschchuchi isch gsy, sy d Zwillinge dür ds scho langsam dunkle Wohnzimmer gschliche. «We ds Wichteli usechunt, hets öppis für sich», het d Lisa gchüschelet u ne Schläckstängel vor ds Türli gleit. «Villech chunts ja use, we mir ganz still sy», het si gflüschteret. Aber der Leo het grüüseli Angscht gha: «Aber we ds Wichteli üs gseht?»

Nüüt isch passiert.

O am nächschte Tag nid.

U am übernächschte o nid.

Ir übernächschte Nacht het d Mueter wi geng no churz i ds Zimmer vo de Chind ggüxlet. Aber oh Schreck: Di beide Bett sy läär u chalt gsy.

Panisch hei d Eltere ds ganze Huus dürsuecht, hei grüeft u alli Liechter azüntet. Schlussamänd hei si di beide im Schaft gfunde. Vier Ouge hei dür ne chlyne Spalt use glüüsslet.

«Was machet dihr da? Mir hei üs riisegi Sorge gmacht!» Mueters Stimm het zitteret.

Der Leo het se ärnscht agluegt: «Mir hei wölle ds Wichteli gseh, ohni dass es üs gseht», het er gchüschelet. «Aber mir dörffe nid z naach häre gah, süsch gsehts üs ja u verschwindet.»

Jitz het d Mueter lut glachet: «Lueget doch einisch richtig häre!» U wi vo Zouberhand sy dert vor em Türli scho es paar Wienachtsgschänk gläge.

Es isch für geng unklar blibe, öb ds Wichteli oder der Vatter schnäller isch gsy.

Ursula Pinheiro-Weber ist in Bümpliz aufgewachsen.
Bis heute – nach Lebensphasen in Neuenegg und aktuell in Ittigen – ist sie mit Bümpliz weiterhin stark verbunden.
Neben der 16-jährigen Tätigkeit als Berndeutsch-Lehrerin hat sie sich vielfältig als Journalistin betätigt.

Ihre Lehrbücher für Berndeutsch/Dialekt sprechen unterschiedliche Zielgruppen an (deutsch, französisch, englisch). 


Info:
dialektbuch.ch

 

Was genau?
partout – einfach, unmissverständlich
Chugle – Kugel
Tanggel – schlecht ausgebackener Teig, zähe Masse, allzu dicke Mehlspeise
henusode – meinetwegen
chüschele – flüstern
öppis – etwas
hurtig – rasch, schnell
munzig – winzig
Wybeeri – Rosinen
stiere – starren
gyre – knacken, knirschen
gyxe – klirren, quietschen
mule – aufbegehren, meckern, motzen
stürme – unablässig betteln, pausenlos widerreden
gänggele – Geld für unnütze Dinge ausgeben, Süssigkeiten kaufen
Gwunder – Neugier
Schläckstängel – Zuckerstengel
grüüseli – ungemein, überaus
güxle – spähen
schlussamänd – schlussendlich
Schaft – Schrank
glüüssle – verstohlen oder lauernd spähen

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