Am Billeweg 3, gegenüber des Ansermetplatzes, wo heute ein Pumptrack sportliche Betätigung ermöglicht, soll ein fünfstöckiger Neubau Raum für eine Sonderschule und rund 30 Genossenschaftswohnungen bieten. Der Boden gehört der Stadt; bereits 2009 war beim Siegerprojekt «Eins nach dem anderen» für den Schulhausneubau nebst dem Hauptgebäude und der Doppelturnhalle auch ein zweigeschossiges Gebäude an dieser Stelle vorgesehen – eine Trilogie. Der Längsbau wurde jedoch nicht realisiert. Erst Ende Oktober 2022 sprach sich der Stadtrat mit nur einer Gegenstimme für das aktualisierte dritte Teilstück aus.
Kinder nicht benachteiligen
«Viele der Kinder, die hier zur Schule gehen, erhalten kaum Gehör», sagt Derya Bastas-Rösch. Die Mutter eines Kindes aus dem Brünnenquartier war im Elternrat der Schule aktiv und erwirkte in dieser Funktion einige Verbesserungen für die Schulwegsicherheit. Nun setzt sie sich noch einmal für die Kinder der Umgebung ein – überzeugt davon, dass das geplante Bauprojekt «zwar eigentlich eine gute Sache ist, aber sinnvoller gestaltet sein müsste». Zonenkonformität, Schattenwurf, Versperrung der Aussicht sind nur einige der Aspekte, die sie und andere Betroffene einbringen. Zwei Punkte hebt sie besonders hervor – die Sicherheit der Schulkinder sowie deren Benachteiligung durch den zu erwartenden Baulärm.
Massnahmen zur Sicherheit
Das Argument betreffend der Sicherheit der Schulkinder stösst bei der «Gegenseite», wenn man sie denn so nennen möchte, auf offene Ohren. «Es ist eine herausfordernde Baustelle; ich verstehe die Besorgnis zur Schulwegsicherheit gut», sagt Rolf Schneider. Er ist als Geschäftsführer der Eisenbahner-Baugenossenschaft Bern EBG, der Baurechtnehmerin, einer der Hauptverantwortlichen für das Projekt. Bereits vor rund zwei Jahren habe sich die EBG diesbezüglich mit dem Schulwart, mit Blaulichtorganisationen, dem Tiefbauaumt und dem Projektteam zusammengesetzt. «Keinem Kind darf während der Bauzeit etwas zustossen – dafür ergreifen wir alle nötigen Massnahmen», betont er. Heute queren die Kinder die Strassen und den Platz an verschiedensten Stellen. Während der Bauzeit sollen sie aber mithilfe klarer Abgrenzungen entlang einer Art Wand wie durch einen Trichter über den Platz geführt werden.
Viel Lärm aus Klimagründen
Auch der verantwortliche Architekt, Ernst Gerber von der Ernst Gerber Architekten + Planer AG, weiss um die Situation. Sein Büro baute 2016 das bestehende Schulhaus und kennt die Bedingungen bestens. So sei es auch ihm und seinem Team zu verdanken, dass vor der Schule heute eine 30er-Zone ist – wohlgemerkt auf einer Kantonsstrasse. Den Vorwürfen betreffend Lärm hält er entgegen: «Es ist ein Hybridbau, bei dem nur das Gerüst und der Kern aus Betonelementen bestehen – der Erdbebensicherheit wegen. Ein grosser Teil wird aus fertig angelieferten Holzelementen gebaut, was die Bauzeit um rund einen Viertel gegenüber herkömmlichen Betonbauten verkürzt.» Viel Lärm jedoch verursachen die Bohrungen für die Erdsonden. Rolf Schneider erklärt: «Wir hätten das Gebäude an die Fernwärme Gäbelbach anschliessen können. Doch ein Stadtratsbeschluss schreibt uns aus Klimagründen eine Wärmepumpe vor.» Dass die Schulkinder nebenan in ihrem Lernen beeinträchtigt werden, schliesst er nicht kategorisch aus. Allerdings seien die meisten Unterrichtsräume inklusive der Kindergärten auf der hinteren Seite der Schule und somit baustellenabgewandt. «Insbesondere während der Pausen und auf dem Schulweg werden die Kinder nicht nur dem Lärm, sondern auch zusätzlichem Feinstaub ausgeliefert sein», gibt Derya Bastas jedoch zu bedenken.
Wohnungen auf Schulgelände?
«Es ist auch mir klar, wir brauchen Wohnungen», sagt sie. Dennoch sind viele Einsprechende über die Tatsache irritiert, dass solche auf einem Schulareal entstehen. «Der Bau müsste doch etwas mit Schule zu tun haben, zum Beispiel für eine Bibliothek oder eine Tagesschule», wirft sie eine Frage auf. Tatsächlich sei für die «Trilogie» ursprünglich eine Ganztagsschule vorgesehen gewesen, erzählt Architekt Gerber. Unter anderem wollten die Verantwortlichen jedoch vermeiden, dass sich Schule, Kindergärten, Tagesbetreuung und Bibliothek konzentriert beim neuen Brünnenschulhaus befinden, während das Gäbelbachquartier seine Angebote verliert.
Ein Platz – und Lärmschutz
Apropos Platz: «Ein Platz lebt nicht von seiner Fläche, sondern von der Definition der Fläche.» Gerber meint damit, dass Lärmschutzwand, Ladenzentrum und der überdachte Gehweg das Dreieck von zwei Seiten einfassen. Auf der dritten Seite jedoch, hinter der Tramhaltestelle, fehlt ein solches Element. «Der geplante Längsbau wird diese Funktion erfüllen», erklärt er. Zwei weitere Punkte sprächen für das Gebäude: Der Schattenwurf werde nicht die Häuser am Billeweg beeinträchtigen sondern im Gegenteil dem Ansermetplatz etwas Abkühlung bringen. Und zahlreiche Anwohnende hätten über die Jahre nachgefragt, wann der «Riegel» endlich käme, der den Verkehrslärm zurückhalten würde.
Nicht alle Nachbarn sehen das so. Bastas hat von anderen Einsprechenden gehört, dass sie sich den Weg über die Instanzen vorstellen können. Sie selbst konzentriert ihr Engagement vor allem auf die Schulwegsicherheit. Denn hier sei die Situation bereits heute prekär; «eine Grossbaustelle verschärft dies noch». Die Heranwachsenden können dann zum Beispiel nicht mehr über das Areal des Pumptracks laufen. Baustellenverkehr trage das seine zur Situation bei. Eine komplexe Situation, über die vorerst das Regierungsstatthalteramt zu befinden hat.