Zufällig im Lesegebiet getroffen

«Mir sy synerzyt id ’Schüdere eis gho zwitschere…»

Thomas Bornhauser
Kleine Bümpliz-Philosophie-Stunde mit Therese Bürki (rechts) sowie Tochter Renate.

Foto: Foto: BO

Einfach erklärt
Wir haben uns wieder mit jemandem unterhalten, den wir gar nicht kennen. Dieses Mal mit Therese Bürki aus Bümpliz. Sie wohnt seit über 50 Jahren hier.
«Ich weiss, wir kennen uns nicht, dennoch möchte ich ein Interview mit Ihnen für die BümplizWochen führen. Sind Sie dabei?» Zum neunten Mal bekommt das jemand aus dem Lesegebiet zu hören. Und willigt ein, mit gros-ser Freude. Es ist Therese Bürki von der Stapfenstrasse. Ihre Tochter Renate ist während ihrer Ferien zu Besuch. Vor allem: Ich habe jeweils keine Ahnung, worüber ich mit jemandem reden will, das ergibt sich aus dem Gespräch heraus.

Therese Bürki, wo sind Sie aufgewachsen?

(Mit spürbarer Freude) Z’Langnou im Ämmitau! Ich habe dort auch meine Schulzeit verbracht, dann «s’KV» gemacht.

Und wann sind Sie nach Bümpliz gekommen?

(Jetzt ziemlich ratlos…) Sie fragen aber auch etwas. Lassen Sie mich überlegen… Das sind über 60 Jahre her.

Eine Tochter haben Sie, sie sitzt uns vis-à-vis. Noch andere Kinder?

Ja, einen Sohn, der heute auch eine Familie hat, eine glückliche. Aber vergessen Sie meinen Mann nicht. Er hat bis zu seiner Pension bei der Militärversicherung gearbeitet.

Ich frage jetzt Renate, Ihre Tochter. Womit haben Sie als Mädchen gespielt?

Mit den typischen Spielsachen für Mädchen. Puppen und so.

Barbie?

Auch, ja.

Weshalb ich frage. Ich habe den Film «Barbie» gesehen, da geht es auch darum, dass Mädchen ihren Weg in der Gesellschaft finden können. Therese Bürki, beneiden Sie die heutigen Eltern, die ihr Familienleben so anders gestalten als wir früher? Haben Sie auch gearbeitet?

Nein, ich beneide die jungen Eltern nicht, ich war mit meiner Rolle als Mutter vollauf zufrieden. Und nein, ich habe nicht gearbeitet, war immer für die Kinder da. Aber die Zeiten haben sich geändert, damit muss jede Generation leben. Vielleicht wundern sich in 30 Jahren die heutigen Eltern, wie ihre eigenen Kinder dannzumal funktionieren werden, möglicherweise ganz anders.

Renate, war Therese eine Vorzeige-Mutter?

Oh ja! Das können Sie in Blockbuchstaben schreiben, sie war immer für die Familie da.

Und wenn Sie sich umschauen, Therese Bürki, in ihrem Bümpliz, da hat sich in den letzten Jahrzehnten doch einiges verändert. Wir sitzen ja vor dem Ristorante Piazza mit Blick auf den neuen Stadtteil Bern-Brünnen. Wie gefällt Ihnen das Westside?

Überhaupt nicht. Das ist nicht meine Welt, ich fühle mich dort eingeengt. Nein, da werden Sie mich nicht antreffen.

Was ist denn Ihre Welt?

Coop beim Sternen, ich kaufe gerne dort ein, dort fühle ich mich wohl. Und im Anschluss geht es dann ins Stärnegärtli. Schade, gibt es die «Schüdere» nicht mehr, dort haben wir in der Gartenbeiz ab und zu «eis zwitscheret».

«Schüdere»? Sagt mir nichts.

Das ehemalige Schützenhaus. Walter «Wale» Brügger hat dort 37 Jahre lange gewirtet. Jetzt stehen dort Wohnblöcke. So schade.

Ich verspreche, es nicht zu verraten. Aber wenn ich einmal in ihrem Alter sein werde, möchte ich auch so zwäg wie Sie sein, körperlich und geistig. Wie machen Sie das?

An vielem interessiert sein und vor allem viel Bewegung. Ich liebe die Natur, bin gerne draussen, obwohl…

Obwohl?

Obwohl ich keine 4000er mehr besteige, wie früher. Aber Achtung. Es waren die «leichten» 4000er, die ich bestiegen habe. Und dann erinnere ich mich gerne an die Zeit, da wir SAC-Hüttentouren gemacht haben.

Ihr Wunsch für die Zukunft?

Auf dass Bümpliz so bleibt, wie es heute ist. Lebendig, vielseitig, weltoffen.

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