Lautstark kreischen die geselligen Vögel durch die Wohnquartiere. Zur Brutzeit ist das Krächzen in den Kolonien am frühen Morgen und am Abend besonders laut. In diesen relativ ruhigen Tageszeiten mag das besonders störend wirken. Messungen haben allerdings gezeigt, dass die Saatkrähen weniger laut sind als der Strassenverkehr. Das menschliche Lärmempfinden ist subjektiv; Geräusche können unabhängig von der Lautstärke stören. Jungvögel halten ihr Nest sauber und koten über dessen Rand. Trottoirs, parkierte Autos, Gartensitzplätze unter hohen Bäumen und Kinderspielplätze werden verdreckt.
Kontaktfreudige Allesfresser
Die Krähen leben in Kolonien mit bis zu 500 Brutpaaren. Sie sind monogam und bleiben mit ihrem Partner oft mehrere Jahre zusammen. Sie halten Kontakt zueinander, indem sie intensiv über Rufe miteinander kommunizieren. Sie bauen ihre Nester meist in den Kronenschluss von Laubbäumen in Alleen oder Feldgehölzen. Saatkrähen sind Allesfresser, die sich überwiegend von Insekten, Regenwürmern und Schnecken ernähren. Im Frühjahr, während der Koloniegründung, stehen Mäuse, aber auch Stalldünger und alte Maiskolben auf dem Speiseplan. Dann holen sie während der Aussaat des Sommergetreides Saatgut und Keimlinge von den Feldern vor der Stadt. Im Herbst werden Nüsse, Eicheln und Früchte verzehrt. Sie können bis zu 20 Jahre alt werden (Quelle: Stadtfauna, Hauptverlag).
«Attrappenbetreuung wäre rund um die Uhr nötig»
Was sagt uns Sabine Tschäppeler, die Leiterin Fachstelle Natur und Ökologie von Stadtgrün zu diesen Vögeln? «Der Westen von Bern ist nicht besonders betroffen, das Phänomen ist hier einfach noch relativ neu. Im Norden, an der Papiermühlestrasse und der Winkelriedstrasse, haben sich bereits um 2000 herum die ersten Kolonien gebildet. Weitaus die meisten Saatkrähen brüten im Norden und Süden der Stadt.
Stadtgrün hat alle sinnvoll erscheinenden, legalen Vergrämungsmassnahmen ausprobiert und steht in Kontakt mit anderen betroffenen Städten, Gemeinden und Kantonen. Es gibt keine Methode, mit der man die Brutkolonien einfach und nachhaltig vertreiben kann. Die einzige Massnahme, die funktioniert, wenn man sie richtig anwendet, ist die Uhu-Attrappe. Stadtgrün Bern befestigt dazu im Februar einen Uhu im Kolonienbaum und nimmt gleichzeitig alle Nester herunter. Der Uhu kann dann verhindern, dass neue Nester gebaut werden. Aber dazu muss während rund zwei Monaten der Uhu bedient werden. Wenn Krähen anfliegen, muss jemand zum Baum gehen und an einer Schnur ziehen, so dass der Uhu mit den Flügeln schlägt. Weil das jeden Tag, ohne Ferien- oder Wochenendpause, geschehen muss, ist es uns lieber, wenn sich Nachbarn zusammentun und gemeinsam einen Uhu betreuen. Wird dies richtig gemacht, verlagert sich die Kolonie um ein paar Bäume.»
Eigentlich Schädlingsbekämpfer
Saatkrähen ernähren sich ausschliesslich im Kulturland und fliegen dazu täglich etliche Kilometer in die Landschaft hinaus. Gartenbesitzende können leider nicht viel tun, um zu verhindern, dass die Krähen weiter zunehmen. Abfallsäcke werden nicht von Saatkrähen, sondern von den nah verwandten Rabenkrähen aufgerissen, die jedoch einzeln brüten und keine Kolonien bilden. Was man wissen muss: Während der Brutzeit ist jegliche Störung der brütenden Krähen und der Jungvögel verboten und wird recht hoch mit Bussgeldern belegt. Ornithologe Res Wagner erklärt uns, warum es so schwierig ist, die Vögel aus unseren Quartieren zu vertreiben. «Früher waren Saatkrähen von Landwirten gern gesehen, da sie die Insekten auf Hof und Feldern dezimierten. Heute verwendet man stattdessen lieber Pestizide und Insektizide, wodurch die Vögel auf Saatgut und Feldfrüchte ausweichen und in die Stadt umziehen. Wo sollen sie jetzt hin, wenn wir sie hier auch vertreiben?»
Lebensräume attraktiv machen
Wir sollten den Vögeln die Lebensräume in den Aussenbereichen von Siedlungen wieder attraktiver machen. Genügend Brutbäume in der freien Landschaft, Alleen mit den richtigen Bäumen und die Erhaltung von Grünland können verhindern, dass die Krähen vermehrt in Städte und Ortschaften getrieben werden.