Aktionswoche gegen Rassismus

Wir alle können und müssen dazulernen

Nadia Berger
Von Nadia Berger - Redaktorin
Die diesjährige Aktionswoche legt den Fokus auf das Bildungssystem.

Foto: zvg

Einfach erklärt
Jedes Jahr macht die Stadt Bern eine Aktionswoche gegen Rassismus. Diesmal vom 16. bis am 23. März. Es gibt Diskussionen, Ausstellungen, Workshops, Malateliers oder Filmvorführungen.
Rassismus, ein grosses Problem, von dem einige fälschlicherweise meinen, dass wir dies als Gesellschaft längst überwunden hätten. Und eines, das nur bekämpft werden kann, wenn jedes Land, jede Stadt und jedes Individuum bereit ist, zuzuhören, zu lernen und hinzuschauen. Die Stadt Bern führt deshalb im März die bereits 14. Aktionswoche gegen Rassismus durch. Ein vielseitiges Programm lädt ein, verschiedene Veranstaltungen zu besuchen und sich mit wichtigen Fragen zu beschäftigen.

«Rassismus hat in der Stadt Bern keinen Platz. Schauen wir gemeinsam hin. Rassismuskritisches Denken und Handeln basiert darauf, aus den eigenen Fehlern zu lernen», schreibt Franziska Teuscher, Gemeinderätin und Direktorin für Bildung, Soziales und Sport in einem Statement zur kommenden Aktionswoche.

Breites Engagement

Seit 14 Jahren, jeweils um den 21. März, dem internationalen Tag gegen Rassismus, findet in der Stadt Bern die Aktionswoche gegen Rassismus statt. Vom 16. bis am 23. März gibt es rund 50 Veranstaltungen, die durch die Stadt und vielseitiges Engagement der Zivilbevölkerung zustandekommen. Organisationen und Privatpersonen konnten im Herbst Vorschläge für Aktivitäten und Aktionen zum Thema einreichen. Angesprochen seien etwa Vereine, Non-Profit-Organisationen, Betriebe, Schulen, Sportklubs, Kulturveranstaltende oder religiöse Gemeinschaften, heisst es auf der Webseite der Stadt Bern. Dabei waren Eingaben, bei denen Personen mit Rassismuserfahrung eine federführende Rolle spielen und / oder zu Wort kommen besonders erwünscht. Ausgewählte Projekte wurden bei Bedarf mit bis zu 2000 Franken unterstützt.

Vielseitiges Programm

Nun steht das reichhaltige Programm, das online laufend aktualisiert wird. Es gibt Vorträge, Podiumsdiskussionen, Bücher- und Fotoausstellungen, öffentliche und exklusive Workshops für rassismusbetroffene Menschen, Postenläufe, Foren für Kinder, Performances, Videoporträts, Ateliers für Jugendliche, Spaziergänge, Erfahrungsaustausch, Malateliers, Installationen, Lesungen und Filmvorführungen. Wie erleben Jugendliche Rassismus? Wie äussert sich Rassismus in der Psychotherapie? Welche kolonialen Verflechtungen hat die Schweiz? Wie können wir rassismuskritisch denken und handeln lernen? Fragen, die beim vielfältigen Programm behandelt und diskutiert werden dürften. Stets mit dem diesjährigen Fokus: Wie und wo zeigt sich Rassismus im Bildungssystem?

Schule und Bildung

Denn den diesjährigen roten Faden der Veranstaltungen bildet der Lebensbereich Schule und Bildung. Jedes Jahr legt die Stadt in ihrer Aktionswoche einen anderen Fokus. Auch aus dem Grund, weil Rassismus in allen Lebensbereichen vorkommt. Der Zugang dazu sei nicht für alle Menschen selbstverständlich, liest man auf der Webseite der Stadt Bern. Viele Menschen seien aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft, Religion oder Sprache von Ausschluss betroffen.

227 Meldungen

Ein Blick in die Zahlen unterstreicht die Wichtigkeit des diesjährigen Themas. Rassistische Diskriminierung in Schulen, Bildungsinstitutionen und Kindertagesstätten machten im Jahr 2022 fast 15 Prozent der gemeldeten rassistischen Vorfälle im Kanton Bern aus. So ist es dem Jahresbericht der Berner Informations-, Beratungs-, und Meldestelle «Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus» (gggfon) zu entnehmen. Im gleichen Jahr gingen im Kanton Bern 227 Meldungen von Rassismus und fremdenfeindlichen Verhalten aus der Bevölkerung, durch Behörden oder Institutionen ein. Neben herabsetzenden Äusserungen und Beschimpfungen war in diesem Jahr die meistgemeldete Form von Diskriminierung die Benachteiligung.

Ein Highlight

Die Aktionswoche soll Bewusstsein schaffen, Fragen klären und Austausch ermöglichen. Ein solcher wird beim Live Podcast «einfach LEBEN» am Dienstagabend, dem 19. März, um 19 Uhr möglich sein. Die Soziologin und Diversitäts- und Antirassismus-Coachin Anja Nunyola Glover wird im Stellwerk beim Bahnhof Bern mit der stellvertretende Chefredaktorin des Onlinemagazins «baba news», Merita Shabani, Einblick ehinter die Kulissen von Antirassismusarbeit gewähren. Die beiden sprechen über ihre Arbeit, über das Schwierige, das Schöne und Inspirierende daran; und wieso sie immer wieder weitermachen. 

Zum Weitermachen will auch die bevorstehende Aktionswoche ermutigen. Weiter zuhören, weiter lernen, weiter hinschauen. Oder um es mit den Worten von Franziska Teuscher zu sagen: «Lassen Sie uns diese Aktionswoche nutzen, um unser Denken, unser Handeln und unsere Sprache kritisch zu reflektieren und einen anderen Blickwinkel einzunehmen.»

INFO:

Programm: Programm Aktionswoche

Kostenlose Anmeldung Podcast unter: Anmeldung Podcast

«Ich bin nicht rassistisch, aber…» 
– so das Thema des Westgottesdiensts vom 4. Februar. Pfarrer Luzius Rohr, inspiriert durch das Buch «exit racism» von Tupoka Ogette, liess die Besuchenden sich ihrer weissen Privilegien bewusst werden, zum Beispiel: «Ich werde nicht ständig von mir fremden Personen zu meiner Herkunft und Familiengeschichte befragt.» Zwei von Alltagsrassismus Betroffene berichteten von Mobbing in der Schule oder willkürlichen Kontrollen an der Kasse beim Einkaufen und Pfarrer Rohr erzählte, wo er bei sich schon Rassismus entdeckt hat. Ein eindrückliches Video zeigte Kinder, die Puppen mit dunkler Hautfarbe als «schlechter» oder «böse» beschrieben. Das Fazit der Moderatorin des Podiumsgesprächs: «Lasst uns den Satz umformulieren in ‹Ich bin rassistisch, aber ich kann lernen, mein Verhalten zu ändern.›» SG
www.exitracism.de

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