Feuilleton

«Wie geht’s?» «Schlecht.» «Freut mich.»

Thomas Bornhauser
Nicht immer kommt die Botschaft beim Empfänger auch an. Analog und digital gilt: Man hört nicht immer gut zu.

Foto: zvg/EE

Einfach erklärt

Thomas Bornhauser ist freier Mitarbeiter bei der BümplizWochen. Er schreibt im Feuilleton Geschichten über seinen Alltag, über Dinge die ihn beschäftigen und über Dinge, die ihm aufgefallen sind.

Keiner konnte bessere Satiren schreiben als Ephraim Kishon (1924-2005). Er war es denn, ohne sein Wissen, der mich vor 40 Jahren lange Zeit daran hinderte, mit dem Schreiben von Kurzgeschichten – wie dieser hier – zu beginnen. Zu sehr hatte ich Schiss vor der Bemerkung: «Du ein billiger Abklatsch von Kishon.» Erst als ich gemerkt habe, dass Kishon Satiren, ich aber Realsatiren zu Papier bringe, hat es den Stau gelöst. Vor allem: Niemand hat mich jemals mit Kishon verglichen. Zum Glück.

Eine meiner Lieblingssatiren von Ephraim Kishon heisst «Niemand hört zu». Treffen sich also Kishon und Jossele am Morgen an der Bushaltestelle. «Na, wie geht es uns denn heute?», will Jossele sinngemäss wissen. «Schlecht, unser Hund musste eingeschläfert werden, die Kinder sind traurig, die beste Ehefrau von allen und ich auch.» «Freut mich, das zu hören.»

Liebe zur Kommunikation

Ich vermute stark, dass sich das Nichtzuhören in unserer Gesellschaft seither eher verstärkt hat… Viele Leute hören nicht wirklich zu (Gretchenfrage für Sie: «Was habe ich gerade gesagt?»). Heisst für mich: Kommunikation lausig, wenn überhaupt. Ich belege es Ihnen an einem Beispiel, ohne dass ich dabei Frust abladen will. Es isch, wie’s isch. Ich wusste ja aus Erfahrung, wie es kommen sollte.

Sie wissen es vielleicht (nicht): Ich schreibe Bücher, in den letzten zehn Jahren viele Krimis, die aber 2024 mit «Tod eines Krimiautors» ihr Ende fanden. Heuer erscheint «75», mit 75 Episoden aus meinem Leben. Item. Sie ahnen richtig: Ich liiiiebe es, mit Menschen zu kommunizieren, entsprechend halte ich auch gerne Lesungen im kleineren oder grösseren Kreis.

Alle über den gleichen Leisten

In den ersten März-Tagen dieses Jahres habe ich 250 Mails in den Kanton Bern verschickt, in Zusammenhang mit möglichen Lesungen, verbunden mit der Frage, ob «man» denn Interesse «an einer kurzweiligen und unterhaltenden Stunde» hätte. Wichtig zu wissen: Jede Mail wurde individuell verschickt, mit entsprechenden Passagen für die Empfänger. Nix Massenmails. Adressaten: Firmen, Frauenvereine, Bibliotheken, Werbe- und PR-Agenturen (auch für ihre Kunden), Alters- und Pflegeheime. Und andere mehr.

Und nun raten Sie mal, wie viele dieser 250 Institutionen innert vier Wochen geantwortet haben? Falsch. Sie dürfen nochmals raten. Noch immer falsch. Es waren deren sechs (6). 97% haben also vermutlich gleich die Delete-Taste gedrückt oder ihren Spam-Ordner konsequent übersehen. Eine gros-
se Firma entlang der Autobahn in Richtung Freiburg  – BRAVO, die hat immerhin geantwortet. –machte gleich auf «Copypaste», schrieb mir wie wohl allen anderen Gesuchstellern auch, die um finanzielle Unterstützung oder um Sponsoring nachfragen. Weil man bei besagter Firma offenbar keine spezielle Absage-Vorlage für Lesungen hat, bekam ich folgende Antwort, nachstehend leicht gekürzt.

«Wir danken sehr für Ihre Anfrage und die detaillierte Vorstellung Ihres interessanten Projekts. Es haben zweifellos fast alle Projekte, Ihres eingeschlossen, die Unterstützung anderer Unternehmen verdient. Da aber auch wir leider nur über ein begrenztes Sponsoringbudget verfügen, haben wir uns dazu entschlossen, uns auf einige Projekte zu fokussieren. Für dieses Jahr sind die zu unterstützende Projekte leider bereits definiert. (…) Wir möchten daher um Ihr Verständnis bitten, dass wir Ihre Anfrage leider ablehnen müssen. Selbstverständlich möchten wir Ihnen dennoch unseren Respekt und unsere Anerkennung für Ihre wichtige Arbeit aussprechen und Ihnen weiterhin viel Erfolg für Ihr Projekt wünschen.»

Ob der Bemerkung «die Unterstützung anderer Unternehmen verdient», musste ich gredi uselache.

Immerhin.

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