YB-Stürmerin Courtney Strode ist Schweizer Topscorerin

Sie schiesst Tor um Tor und lebt ihren Traum

Salome Guida
Von Salome Guida - Redaktorin
Courtney Strode jubelt – hier im Wankdorf, nach ihrem 1:0 gegen GC im Oktober

Foto: zvg/Claudio De Capitani/freshfocus

Einfach erklärt

Courtney Strode ist aus Kalifornien. Sie ist Stürmerin bei den YB Frauen. Sie lebt seit vier Jahren in Bümpliz. Die Fussballerin schoss in dieser Saison am meisten Tore in der obersten Schweizer Liga.

Von San Diego nach Bümpliz: dank der Liebe zum Fussball, einem grossen Traum und einer Pandemie. Die YB-Stürmerin Courtney Strode ist in dieser Saison unangefochtene Topscorerin. Zu Beginn der Playoffs gibt sie einen Einblick in ihre Geschichte.

14 Tore in 14 Meisterschaftsspielen, 4 Tore in 3 Cupspielen: Die 25-jährige Sturmspitze trägt massgeblich dazu bei, dass die YB Frauen sich von der Tabellenmitte zur Spitzengruppe vorgearbeitet haben. Der Weg von San Diego nach Bern hingegen verlief etwas weniger gradlinig: Courtney Strodes Eltern, beide Profisportler, lassen ihre Kinder schon ab fünfjährig vieles ausprobieren. Mit zehn steht Strode vor der Entscheidung: Singen, Tanzen und Schauspiel wie ihr Bruder oder Fussball? Sie setzt auf  «Soccer» und wird bereits als Teenager von einem schwedischen Scout entdeckt. Er offeriert der 16-Jährigen einen Profivertrag beim damaligen Tabellenersten Linköping FC, was aber vorerst an Gesetzesbestimmungen scheitert.

Schweden, Frankreich, Schweiz

Erst 2017, als Volljährige, geht es schliesslich nach Schweden. 2019 folgt der Wechsel nach Frankreich und die Heirat mit Rafael Liebermann, einem Berner. Kennengelernt haben sich die beiden auf Hawaii, wo Liebermann einen Surfkurs leitete. Er hat vor, ihr nach Frankreich zu folgen. Doch dann kommt die Pandemie und mit ihr das vorzeitige Ende der Meisterschaft. «Es war nicht klar, wann wieder gespielt wird. Doch ich brauchte Spielpraxis», schaut sie zurück. So informiert sich Strode über die Axa Womens Super League. Ihr Ehemann ist Berner, YB ein bekannter Club: das passt. Kurzentschlossen schreibt sie die Verantwortlichen auf Facebook an und erhält bald darauf einen Vertrag für ein Jahr, den sie bereits im Winter vorzeitig um ein Jahr verlängert. Strode und Liebermann finden eine Wohnung in Bümpliz. Dann folgt der Wechsel nach Basel: «Ich wollte auch mal einen anderen Club kennenlernen.»  Auf die Saison 2022/23 hin kehrt die Stürmerin nach Bern zurück; den Ausschlag gibt ein Gespräch mit der neuen Trainerin Imke Wübbenhorst: «Mir gefällt ihre Vision und die Art, wie sie spielen will.»

Traum Profifussball

Montagabend, Dienstagmorgen und -abend, Mittwoch- und Freitagabend: Fünf Trainingseinheiten pro Woche, die jeweils bis zu drei Stunden in Anspruch nehmen. Dazu kommen Kraft- oder Mobilitätstraining und die samstäglichen Matchtage. «Wir trainieren gleich viel wie die Männer», so Strode. Dennoch haben fast alle Spielerinnen daneben noch Jobs, um über die Runden zu kommen. Auch die Amerikanerin hilft ein- bis zweimal wöchentlich in einem KMU im Büro aus. Doch «Captain America», wie sie auch genannt wird, lebt ihren Traum. «Ich versuche, mich stets zu verbessern, sei es technisch, kommunikativ oder in anderen Bereichen. Es ist wichtig, sich nie auf dem Erreichten auszuruhen, sonst geht es bald abwärts», sagt sie.

Tore schiessen wie ein Passspiel

Ihr Riecher für Tore war der Ausschlag für den schwedischen Coach Martin Sjögren, sie bereits als 16-Jährige zu verpflichten. «Sie ist jung, aber sie trifft in jedem Spiel», soll er Skeptikern entgegnet haben. Strode betont, dass ihre 14 Saisontore schlussendlich eine Teamleistung seien. «Ich dribble ja nicht allein durch die gesamte Abwehr bis zum Tor.» Ausserdem seien gleich zwei ihrer Mitspielerinnen ebenfalls unter den Top 5. Strodes Treffsicherheit zeigte sich schon in jungen Jahren, als das Mädchen mit genauen Pässen und perfekt platzierten Assists auffiel. Ihr damaliger Trainer, ein Italiener, riet ihr daraufhin, so aufs Tor zu schiessen, als würde sie einen Pass spielen. «Etwas klickte in meinem Kopf, und von da an schoss ich plötzlich Punkt um Punkt.» Die Spielerin mit der Rückennummer 14 zeigt nach ihren Treffern jeweils zum Himmel, bevor sie zu ihren Mitspielerinnen rennt. «Es geht nicht um mich, es ist eine Teamsportart. Und ich gebe Gott die Ehre, denn er hat mir die Begabung und die Leidenschaft für den Fussball geschenkt. Er hat mir die Türen geöffnet und deshalb ist mein Leben ein Abenteuer, darum spiele ich.»

Wartet wieder Servette und die Nationalmannschaft?

Bei Drucklegung dieser Ausgabe haben die YB Frauen die Regular Season auf dem 4. Tabellenrang abgeschlossen; das erste Playoff-Viertelfinalspiel gegen GC ging, hart umkämpft, 1:1 unentschieden aus. Geht die Rückrunde vom 4. Mai zugunsten der Gelbschwarzen aus, treffen sie am Wochenende vom 11. und 12. Mai vermutlich wieder auf Servette FC Chênois Féminin. Gegen die letztjährigen Schweizermeisterinnen und Cupsiegerinnen verloren sie Mitte April nach einem hart umkämpften Spiel den Cupfinal, Courtney Strode steuerte einen Assist bei. Wie schätzt sie die Playoffs ein, was liegt für die Bernerinnen drin? «Wir nehmen Spiel um Spiel und konzentrieren uns stets auf die nächste Begegnung», erklärt sie.

Auch der Ausblick in die fernere Zukunft bleibt noch unklar. Im Sommer 2025 gastiert die UEFA Womens EURO in der Schweiz. Ist die Schweizer Nationalmannschaft ein Thema für die Kalifornierin, die ihre langfristige Zukunft in der Schweiz sieht und schon ganz passabel Berndeutsch spricht? «Wenn sie mich wollen, dann spiele ich gern für die Schweiz.» Allerdings kann der reguläre Einbürgerungsprozess erst nächsten Sommer gestartet werden. Die Gerüchte, der Verband könne Einfluss auf die Behörden nehmen, kommentiert Strode mit: «Ich gebe einfach mein Bestes, der Rest ist nicht in meinen Händen.»

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