Tarde Cubana im Sternensaal Bümpliz

Pura alegría – oder: pure Freude

Nadia Berger
Von Nadia Berger - Redaktorin
Alle vier Wochen wird im Sternensaal auf kubanische Art getanzt.

Foto: Foto: zvg

Einfach erklärt
Einfach erklärt: Einmal im Monat gibt es im Sternensaal Bümpliz ein kubanisches Fest. Viele Menschen tanzen dort zusammen Salsa und Bachata. Das sind zwei Tänze aus der Karibik. 
Es ist heiss. Das Licht gedämmt. Die Musik laut. Die Stimmung gelöst. In der Luft liegt eine Prise Sommer – und vor allem viel Lebensfreude. Immer dann, wenn im Sternensaal in Bümpliz die kubanische «Tarde Cubana» stattfindet.

«Solo pienso en alegría, y voy a seguir bailando, con toda mi cubanía», erklingt es aus den Lautsprechern. «Ich denke nur daran, Freude zu haben, und ich tanze weiter, mit all meinem Sein als Kubaner.»

Drehen, schwingen, kreisen

Die monatlich stattfindende Salsaparty im Sternensaal Bümpliz ist an diesem Sonntag seit einer Stunde im Gang. Achtet man auf die Stimmung und Hitze im Raum, könnte man fast meinen, die Party habe ihren Höhepunkt bereits erreicht. Doch dem ist nicht so. Immer besser wird die Stimmung, Lied für Lied. Unzählige Paare – meist Frauen und Männer, jedoch auch Frauen und Frauen oder Männer und Männer – drehen sich um ihre eigene Achse, schwingen ihre Hüfte, kreisen ihre Schultern in gegengesetzter Richtung. In Anzügen oder Jeans, in Glitzerkleidern oder Sporthosen, in Highheels oder Turnschuhen. Bequem und dennoch elegant und voller Stolz.

Nach einem, höchstens zwei Liedern, wechselt man «pareja», den  Partner oder die Partnerin. Meist sind es die Männer, die die am Rand wartenden Frauen auffordern. Im 2023 aber immer mehr auch Frauen, die Männr auffordern. Auch spricht man mittlerweile vermehrt von Followern oder Leadern – also von Personen, die folgen, und Personen die führen – als klassisch von Frau und Mann. 

Gozadera, Sandunga, Sabor

Gesprochene Sprache ist an diesem Abend neben Schweizerdeutsch und Deutsch vor allem Spanisch. Hier treffen sich an der kubanischen Kultur Interessierte,  Tanzfreudige und Lateinamerikanerinnen und Lateinamerikaner, die für einen Abend ein Stück Heimat erleben, oder zumindest ein ihnen vertrautes Ambiente finden.

Einige konzentriert, etwas steif auf ihre Schritte achtend, andere gelöster, mit einem Lächeln und voller Energie. «Gozadera», «Sandunga» oder «Sabor». Spanisch-kubanische Wörter, die auf Deutsch nicht mal existieren. Sie drücken ein Gefühl aus, dass die Lebensfreude dieser Musik und Kultur versucht, in Worte zu fassen. Übersetzt bedeuten sie so etwas wie «Spass, Vergnügen oder  ein Gaudi haben».

Heimat und Freiheit

Bei all der Lebensfreude mag man schnell einmal vergessen, dass das Leben von Menschen, die auf Kuba leben, nicht aus purer Freude und Party besteht. Der Alltag auf der sozialistischen Insel ist geprägt von Mangelwirtschaft und Repression der Bevölkerung.  Erst im Juli 2021 kam es zu historischen Massenprotesten, was Massenverhaftungen zur Folge hatte. Nun leidet das Land zusätzlich unter einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen seit den 1990er Jahren.

So handeln viele Salsalieder neben Herzschmerz und dem Stolz, aus Kuba zu sein, von Heimat und Freiheit. So auch in den Liedern der Salsa-Ikone Alexander Abreu, der im September zusammen mit seiner Band «Havana D’Primera» im Sternensaal aufgetreten ist. Der weltweit berühmte Trompeter, Komponist und Sänger kam mit seiner Band im Herbst für lediglich ein Schweizer Konzert in die Schweiz – nach Bümpliz.

Eines gemeinsam

Gerade, als ein Salsalied endet, ertönt ein anderer Rythmus. Neue Paare finden sich und tanzen nun nicht mehr Salsa, sondern Bachata. Ein anderer Tanz, ursprünglich aus der Dominikanischen Republik, der zu zweit oder auch alleine getanzt wird. Jeweils drei Bachatalieder nacheinander, dann wieder eine ganze Weile Salsa. Einige Paare eng umschlungen, andere etwas weiter auseinander, stets im Rythmus, stets in Bewegung.

Von der Studentin bis zum Pensionär; alle sind bei dieser Party willkommen. Denn eines haben an diesem Abend alle gemeinsam: Die «alegría», also die pure Freude am Tanzen, an Salsa-Rythmen und kubanischer Kultur.  Um 22.30 Uhr, dann, wenn der DJ langsam das Ende der Fiesta ankündigt und man für einen letzten Tanz für diesen Abend aufgefordert wird, geht für die meisten ein Sonntagabend voller Energie und Wärme zu Ende. Für andere startet somit der Weg in die Cubabar, wo bis in die frühen Morgenstunden weitergetanzt wird. Denn zur Arbeit gehen könne man auch mit wenig Schlaf, meint ein Kubaner an diesem Abend beim Verlassen des Sternensaals. «Hay que disfrutar la vida», man müsse schliesslich das Leben geniessen.

 

Info:

Die Tarde Cubana wird vom Salsaclub und der Tanzschule «Mueveté» organisiert und findet einmal im Monat im Sternensaal Bümpliz statt.

GEKENNZEICHNET:
Teile diesen Artikel

Neue Beiträge

«Wir wünschen uns, dass man einander kennt»

Der FC Bethlehem gehört seit 60 Jahren untrennbar zu Bern West. Nebst sportlichen Zielen setzt er sich fürs Quartierleben ein. Zur Jubiläumsfeier sind denn auch alle willkommen.

Von Salome Guida 1 Min. zum Lesen

«Kennen Sie eine Ferienablösung für mich?»

Jahrelang bin ich bei Mister Minit im ersten Stock des Einkaufszentrums Westside…

Von Thomas Bornhauser 5 Min. zum Lesen

Saniert und erweitert: Schulhaus Bethlehemacker

Den Quartierbewohnenden gefällt es, die Kinder finden es «mega cool»: Die rund…

Von Marc de Roche 4 Min. zum Lesen

Adventszauber im Tscharni

Alles begann im Jahr 2017 mit einem Experiment: Es sollte ein kleiner,…

Von Miriam Schwarz 1 Min. zum Lesen

Mit Gipsbein auf den Roller

«Das müssen wir operieren», sagt der mir empfohlene Fusschirurg im Sinne einer…

Von Thomas Bornhauser 5 Min. zum Lesen