CO2-Strafe für Autohandel: Unternehmer Thomas Bühler (R. Bühler AG) spricht Klartext

«Politik sollte technologieoffen sein»

Sacha Jacqueroud
Von Sacha Jacqueroud - Chefredaktor
Thomas Bühler befürchtet, dass die Schweizer CO2-Massnahmen dem Autohandel schaden werden.

Foto: zvg

Einfach erklärt

Die Schweiz hat noch strengere CO2-Regeln als die EU. Für die Autohändler bedeutet dies, dass sie sehr hohe Strafen bezahlen müssen. Das ist unfair sagt Unternehmer Thomas Bühler und erklärt, weshalb das so ist.

Frau und Herr Schweizer kaufen viel zu wenige Elektroautos. Gleichzeitig will die Schweiz bis 2050 CO2-neutral werden. Und weil der Absenkpfad zu wenig schnell vorankommt, werden nun die Autohändler zur Kasse gebeten. Mit drakonischen Strafen, falls sie die Ziele verfehlen. Es geht um Werte, die noch strenger sind als jene der EU. Eine Branche schlägt Alarm und warnt vor den Folgen.

Es ist ein Schmuckstück eines Autohauses. Jenes der R. Bühler AG in Neuenegg. Hier stehen die neusten BMWs im Showroom, viele davon elektrifiziert. Zusammen mit seiner Frau Corinne führt Thomas Bühler das Unternehmen in dritter Generation. Ein Beispiel eines Familienunternehmes, das dank harter und vertrauenswürdiger Arbeit gewachsen ist und für zahlreiche Arbeits- und Ausbildungsplätze sorgt. Doch so etwas hat die Familie Bühler in ihrer 70-jährigen Firmengeschichte noch nicht erlebt. «Die Branche geht davon aus, dass man diese Ziele nicht erreichen kann», sagt Thomas Bühler ohne Umschweife. Und das wird teuer. «Erstmals zum Verkehr in der Schweiz zugelassene Personenwagen dürfen seit dem 1. Januar 2025 (…) im Durchschnitt maximal 93.6 Gramm CO2 pro Kilometer ausstossen. Auf Basis dieser Zielwerte muss die Flotte jedes Importeurs eine individuelle Zielvorgabe einhalten. Überschreitet er diese, wird eine Sanktion fällig», schreibt das Bundesamt für Energie. Laut Branchenverband «auto schweiz» drohen bis zu einer halben Mrd. Franken Strafzahlungen. «Eigentlich entsteht so eine Art Zwang für die Kundinnen und Kunden. Doch das kommt für uns nicht in Frage. Wir machen weiterhin mit allen eine Bedarfsanalyse, um das passende Auto zu finden», sagt Bühler.

Der falsche Angeklagte

Natürlich sind elektrische Antriebe immer ein Thema. Natürlich gibt es noch viele Vorurteile oder Mythen rund um E-Autos. Viele von haben die Medien verschuldet. Natürlich gibt es immer mehr Kunden, die sich für elektrifizierte Autos oder Plug-in-Hybride interessieren. «Und wir haben das Glück, dass uns BMW eine Palette bietet, in der wir für alle Fälle das passende Auto haben», ergänzt der Unternehmer. Aber dieser Prozess braucht Zeit. Autos ersetzt man nicht eben gleich mal so wie ein Paar Socken. Die Politik drückt aber so fest aufs Gaspedal, als hätte sich die Autobranche noch kaum bewegt. Dabei hat kaum ein anderer Bereich so schnell so viele CO2-neutrale Lösungen entwickelt, wie die Autohersteller. Der Absenkpfad geht schweizweit zu langsam voran und nun sollen die Autohersteller die Zeche dafür bezahlen, obschon die Angebote da sind. Ein falscher Angeklagter. Die verschiedenen Marken reagieren darauf. «Es droht, dass manche Marken gewisse Autos aus dem Sortiment nehmen. Oder aber die Alternative wäre, die Preise massiv zu erhöhen, um die Strafe auf die Kundschaft abzuwälzen», befürchtet Bühler weiter. Beides kommt bei ihm nicht in Frage.

Die fehlende Infrastruktur

Denn was Bühler merkt, ist: «Die Kundinnen und Kunden brau chen Zeit. Viele wollen noch schauen, wie sich die Situation entwickelt. Oder sie haben keine Lademöglichkeiten zuhause und bei der Arbeit.» Die öffentliche Ladeinfrastruktur zählt über 20‘000 Stationen schweizweit, über 500 davon stehen im Grossraum Bern. Auf den ersten Blick also kein Problem. Doch verschiedene Systeme und Anbieter verkomplizieren die Möglichkeiten derzeit noch. Auch hier braucht es ganz einfach noch ein wenig Zeit. Zudem haben die Vorreiterinnen und Vorreiter ihre Elektroautos gekauft, die zweite Welle lässt noch ein wenig auf sich warten, wie die Verkaufszahlen belegen. Erstmals sind im Jahr 2024 die Wachstumszahlen der E-Autos ein wenig zurückgegangen. Kein Trend, aber ein sicheres Zeichen, dass Aufklärung, Infrastruktur und Zeit benötigt werden. Es ist ein Generationenprojekt. Die Branche hat deshalb mit UVEK-Chef Bundesrat Albert Rösti (SVP) das Gespräch gesucht. Doch sein Bundesamt bleibt in der Sache hart. Die Auswertung der Vernehmlassung sei noch im Gange und in den kommenden Wochen, in der Frühlingssession, dürfte das Thema im Parlament zur Sprache kommen.

Offen sein für Neues

Was Bühler fordert ist nicht viel: «Wenigstens nicht noch strengere Kriterien als die EU wäre schon hilfreich. Es gibt einfach noch viele Fälle, für die ein Wechsel schwierig ist.» Zudem ist die Elektrifizierung nicht der einzige Weg. Andere, neue, sind am Entstehen. Mit synthetischen Treibstoffen zum Beispiel. BMW gehört zu jenen Marken, die gesagt haben, dass man nicht alle Verbrenner aus dem Sortiment nehmen wolle. Die Kritik liess in Deutschland nicht lange auf sich warten. Doch die Bayern sind nicht alleine mit dieser Sichtweise. Auch Toyota argumentiert mit einem weit nach vorne gerichteten Auge genauso. Elektro ja, aber nicht nur, heisst die Devise. Flugzeuge oder Frachtschiffe brauchen ebenfalls CO2-neutrale Lösungen. Doch hier sind dem elektrischen Antrieb Grenzen gesetzt. Ökologische Lösungen auf Basis eines Verbrennermotors werden deshalb intensiv gesucht und sicherlich gefunden. Und die Politik täte gut daran, den zukunftsgerichteten Blick mitaufzunehmen. Bühler spricht dabei von «Technologieoffenheit». Es ist ein wenig wie damals, als die CD aufkam und Kassetten in Rekordzeit verdrängte. Nur wenige Jahre später kamen die digitalen Formate wie MP3 und die CD verschwand wieder vom Markt.

Im Showroom bei Thomas Bühler indes stehen die BMWs in allen Versionen bereit. Für alle Menschen und alle Fälle. Seine Marke baut die Modelle so, dass sie mit verschiedenen Antrieben gekauft werden können. «Wir haben Glück, dass BMW dies so handhabt.» Und die Kundschaft hat Glück, dass dieser Familienbetrieb eine Bedarfsanalyse macht und den Mut hat, den Zwang nicht an die Kundschaft weiterzugeben. Im Büro des Inhabers erinnert ein Setzkasten mit allen BMW-Modellen an alte Tage, an damalige Innovationen und Entwicklungen. Er hängt an der Wand wie ein Mahnmal für das, was die Politik begreifen sollte: Diese Branche bewegt sich schneller als manch andere. Stets auf der Suche nach Verbesserungen. Deshalb wiederholt Bühler: «Die Politik sollte technologieoffen sein.»

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