Ein Dienstag Morgen auf der SoKi Wolf GmbH, kurz bei den Wölfen in Niederwangen. Christiana Colliard, die Leiterin der Wölfe, ist mit einem Kind im Ergo und zwei weiteren draussen. Die meisten Kinder sind in der Schule. Trotzdem herrscht emsiges Treiben, denn bald sind Sommerferien und es muss noch vieles gepackt werden.
2002 hat Colliard einen Verein gegründet; es ging um einen finanziellen Boden und den Grundstein für die Wölfe. Mit dem Geld ihrer Pensionskasse und der Unterstützung des Vereins, konnte Christiana Colliard 2003 das Bauernhaus in Niederwangen kaufen und eine Institution aufbauen, die sie seither mit viel Herzblut, Liebe und Engagement leitet. «Die Wölfe sind etwas zwischen Kleininstitution und Grossfamilie. Wir wollen den Kindern ein möglichst familiäres Setting bieten und es sind grundsätzlich Langzeitplatzierungen. Gerade weil wir etwas Dazwischen sind, können wir auch Kindern einen Platz bieten, die in einem Grossfamiliensystem vielleicht gar keinen gehabt hätten. Diejenigen Kinder, die zu uns kommen, die begleiten wir sehr eng und wenn sie das auch wollen, pflegen wir lebenslangen Kontakt», erzählt sie. «Die Kinder bei den Wölfen, sind Kinder die ausserfamiliär platziert worden sind, weil es in der Ursprungsfamilie zum Teil schwierig wurde. Die Gründe für solche Schwierigkeiten sind sehr vielschichtig», ergänzt sie.
Colliard arbeitete damals noch in einer Grossinstitution, als ein Kind, dass sie über Jahre eng begleitet hat, Ende der neunten Klasse plötzlich auf sich alleine gestellt war. Von keiner Verantwortung hin zu aller Verantwortung über das eigene Leben, werden Kinder, die in Heimen aufwachsen viel zu oft alleine gelassen. Statt über dieses System zu wettern, hat sich Colliard aufgemacht, etwas zu ändern und die WG Wolf gegründet. Mitlerweile sind bereits viele ehemalige Wolfskinder zu grossen Wölfen herangewachsen, haben Lehren abgeschlossen, Familien gegründet (Christiana Colliard ist mittlerweile 8-fache Grossmutter ihrer Pflegekinder,) oder eigene Firmen aufgebaut. 44 grosse und kleine Wölfe haben Colliard und ihr Team bereits begleitet oder sind mitten drin. Bei den Wölfen ist es wichtig, die Kinder nicht nur in den Weg der Selbständigkeit, sondern auch darüberhinaus zu begleiten und Ihnen einen Boden zu bieten, der sie auf ein eigenständiges Leben vorbereitet.
«20 Jahre Wölfe bedeuten viele lustige, intensive, schöne aber auch traurige Momente. 20 Jahre bedeuten auch, dass das Konzept, so wie wir es handhaben, funktioniert und gefragt ist. Es ist ein Aufwand so zu arbeiten und alleine hätte ich das niemals geschafft, deshalb bedeutet dieses Jubiläum auch viele gute Mitarbeitende. Ein Team das hinter diesem Konzept steht und bereit ist, da zu sein und die Beziehungen zu den Kindern über mehrere Jahre zu pflegen. Obwohl jede Person im Team einen anderen Charakter hat, bringt jedes Mitglied seine eigenen Ressourcen mit. Wir können auf ein Miteinander zählen und wissen, dass die Grundhaltung die gleiche ist. Wenn etwas Schwieriges im Raum steht, stützen und unterstützen wir einander und sind da. Es ist eine Gemeinschaft wie in einer Grossfamilie und ich bin dankbar für dieses tolle Team», erzählt Christiana Colliard.
Mittlerweile sind weitere Standorte hinzu gekommen. Es gibt die AWG Welpen, die AWF Seestern und das Bienenhaus. Dieses Mutter-Kind Haus ist aus ähnlichen Gründen entstanden wie damals die Wölfe. «Ein Pflegekind ist schwanger geworden und wir konnten ihr extern eine Mutter-Kind Betreuung ermöglichen. Die Pflegetochter hat aber immer mich, als ihre Pflegemutter, angerufen, wenn sie nicht weiter wusste. In der Institution war niemand da, der sich ihrer angenommen hätte. Sie war zwar in diesem Setting, aber trotzdem auf sich alleine gestellt. Und da sagte ich zu mir: Statt über diese Institution und das System dahinter zu schimpfen, muss ich es besser machen. Und so ist das Bienenhaus entstanden.» Das Bienenhaus ist eine Mutter-Kind Institution für intensivere Settings, wo die Mütter ein Zuhause haben und begleitet werden, wenn sie das alles aus irgend einem Grund nicht selbst können.
«Es sollte viel mehr über Pflegekinder gesprochen werden und was es bedeutet ein Pflegekind zu sein. Deshalb feiern wir auch dieses Jubiläum um aufzuzeigen: Es gibt Kinder, die nicht Zuhause aufwachsen können, aber sie dürfen nicht vorverurteilt werden. Es gibt den Stempel ‹Heimkind› und ein solches hätte sowieso Defizite oder sei schwierig. Das stimmt aber nicht. Es sind ganz normale Kinder. Wenn diese Kinder gut und eng betreut wegen, von Menschen, die mit ihnen in eine Beziehung gehen und sich ernsthaft kümmern, auch wenn sie vielleicht etwas mehr Unterstützung brauchen hie und da, dann sind auch diese Kinder einfach nur normale Kinder. Und das ist mir wichtig», schliesst Colliard das Gespräch ab.
Mit all diesen Geschichten, feiert die SOKI Wolf GmbH ihr 20 jähriges Jubiläum im Herzen von Niederwangen. Auf dem Programm stehen Zirkus, Spiele & Spass, Essen und ein Konzert. Und es gibt Sonntags einen Brunch. Die Veranstaltung ist öffentlich.