Portrait

«Ig schnurre nie dry» – ein Bijou mit Geschichte

Thomas Bornhauser
Fritz und Alice Stucki mit den beiden Schwestern Priska Känel und Gisela Burren.

Foto: BO

Einfach erklärt
Einfach Erklärt Wenn es um Blumen geht, so kennt man den Namen Stucki in Berns Westen. In Hinterkappelen befindet sich der Laden «Blumen Bijou». Ein Gespräch zwischen zwei Generationen im Laden.
Wer über die Kappelenbrücke in Richtung Hinterkappelen fährt, der fällt die grosse Liegenschaft auf der rechten Seite auf, mit Blumen Bijou angeschrieben. Richtig: Dort bieten Priska Känel und Gisela Burren ihre Blumenarrangements und Accessoires an. Das Haus hat aber weit mehr zu erzählen, als nur von Rosen oder feiner Schoggi.

«D’Blueme hei mir vom Stucki», hört man in der Gegend immer wieder, obwohl Alice und Fritz Stucki seit 20 Jahren nicht mehr geschäften, was aber beweist, dass die ehemalige Gärtnerei und der Blumenladen in der Gemeinde eine Institution sind. Und just dieses Ehepaar Stucki sowie die beiden heutigen «Bluemefroue» und Schwestern Priska Känel und Gisela Burren sitzen am Tisch, als Fritz Stucki über die Geschichte der Liegenschaft zu erzählen beginnt.

«Der grosse Stucki»

Der erste Stucki, Emmanuel, der 1878 im Haus wohnte, war Lehrer in der Gemeinde Wohlen. Ob in Uettligen oder in Hinterkappelen, da sind sich die Historiker uneinig. Egal. Sicher ist hingegen, dass er auf dem Areal Landwirtschaft betrieb, um die Familie über die Runden zu bringen. Der Grossvater von Fritz Stucki wiederum – der später den Betrieb übernahm – ging mit dem Hund in Bern z’Märit, später mit dem Ross. Im Angebot: Gemüse und Setzlinge.

In der Familie gab es auch den grossen Stucki, Walter, den der Journalist Konrad Stamm in einem Buch vorstellte, als «achten Bundesrat». Dabei war es weniger seine beeindruckende Körpergrösse von 1,87 Metern, die ihm diese Bezeichnung eintrug, sondern die Art, wie er als Schweizer Unterhändler nicht bloss während des Zweiten Weltkriegs den Vertretern der Grossmächte entgegentrat. Er war Generalsekretär, Direktor, Minister, Gesandter, Delegierter und Nationalrat und ging im Bundesratszimmer ein und aus, als wäre es sein eigenes Büro. Die Kandidatur für den Bundesrat lehnte er dreimal ab. Im Krieg rettete er die Stadt Vichy vor der Zerstörung.

Zurückhaltung als noble Geste

In der Kürze liegt bekanntlich die Würze, deshalb die weitere Geschichte nur in Stichworten. Alice und Friz Stucki übernehmen Blumenladen und Gärtnerei 1985. Aus gesundheitlichen Gründen leiten nach 2003 zwei ehemalige Lernende die Firma Blumen Stucki. Seit 2014 liegen die Geschicke in den – wortwörtlich – Händen der beiden erwähnten Schwestern, die in Aarberg aufgewachsen sind und vor einem Jahr (was für ein Zufall…) dort eine Filiale eröffnet haben. Zurück aber nach Hinterkappelen. Gisela Burren, eine gelernte Floristin, spannt seither mit Priska Känel zusammen. Die beiden ergänzen sich bestens: Gisela beweist täglich ihr Flair, mit Blumen umzugehen, Priska hingegen – eine gelernte Detailhandels-Kauffrau – liegt die Administration näher. Muss ja auch sein. Den beiden Schwestern stehen zwei Floristinnen zur Seite, Sarah Baumann und Sabrina Coduri.

Während des ganzen Gesprächs entpuppen sich Alice und Fritz Stucki nur als aufmerksame Zeitgenossen, wenn die beiden jungen Frauen vom heutigen Business sprechen, von ihren Ideen, von ihrer Vorstellung, zwei Blumengeschäfte erfolgreich zu führen. Auf sein stummes Zuhören angesprochen, gepaart mit der Frage, ob er als Fachmann nicht Lust hätte, ab und zu mitzureden, sagt Fritz Stucki abschliessend, «Ig schnurre nie dry», ihr Erfolg gebe den beiden Schwestern schliesslich recht. Das sei schon okay, wenn sie andere Ideen realisieren.

Auch vom Ausland abhängig

Und wie steht es mit Blumen, die aus dem Ausland kommen, ist doch ab und an ein Sattelschlepper mit holländischem Kennzeichen vor dem Laden in Hinterkappelen zu sehen? Priska Känel packt den symbolischen Stier bei den Hörnern: «Abgesehen davon, dass diese Transporte logistisch optimiert werden, ist es ein Fakt, dass wir auf Blumenimporte angewiesen sind. Nicht nur wir. Auch die meisten anderen Blumengeschäfte, die ihren Kundinnen und Kunden schöne, frische Ware präsentieren wollen.» 

Wenn immer möglich schaut auch Blumen Bijou innerhalb der eigenen Landesgrenzen nach Ware, zumal je länger je mehr Leute Schweizer Blumen bevorzugen. Diese sind jedoch vor allem vom Herbst bis in den Frühling nicht wirklich verfügbar, ausgenommen aus Treibhäusern, die jedoch auf Stromquellen angewiesen sind.

Alles in allem: zwei Powerfrauen, die wissen, was sie (nicht) wollen. Vor allem freuen sie sich auf die bevorstehenden Ostertage, einer Zeit in der die Blumengeschäfte sich so richtig profilieren können. 

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