Es ist einer der ersten kühleren Herbstabende an diesem 7. September. Dennoch sind die Ränge – das sind die wenigen Sitzplätze auf den Betonblöcken sowie die angrenzende Rasenfläche – aus-sergewöhnlich gut besetzt für das anstehende Spiel der Damenmannschaft des SC Holligen 94. Die eben aufgestiegenen Erstligistinnen spielen heute gegen Kantonsrivalinnen aus der höchsten Liga. Das Frauenteam Thun Berner Oberland FTTBO ist für das Erstrundenspiel des Axa Women’s Schweizer Cup zum Sportplatz Steigerhubel angereist.
Frauen finden offene Türen
Gegen die Thunerinnen setzt sich im Mittelfeld auch Yasmin Weber zur Wehr. Eigentlich ist sie selbst Oberländerin. In Frutigen und Spiez aufgewachsen wohnt sie nun, nach zehn Jahren in der Länggasse, in Wabern. Durch eine Kollegin landete sie beim FC Bethlehem. Als 2012 Umstrukturierungen anstanden, schaute sie sich gemeinsam mit weiteren Spielerinnen nach einem neuen Verein um. Eine E-Mail an SC Holligen 94-Präsident Roberto Campanielli stiess auf offene Ohren. «Wir wollten schon lang ein Damenteam auf die Beine stellen», erinnert er sich. «Aber im vollen Alltag fanden wir nie die Zeit, das in Angriff zu nehmen. Umso schöner war die Anfrage.»
Auf dem «Steigi» verlagert sich das Cupspiel bald einmal mehrheitlich in die Platzhälfte der Holligerinnen. Torhüterin Evelyne Tschopp hängt einige starke Paraden aneinander, das ganze Team verteidigt mit Herzblut und schafft es kurz nach dem 0:2 mit einem Konter und per langem Ball nach vorne sogar vors Tor der Oberländerinnen – gross ist der Jubel, als Lara Villars den Ball zum 1:2-Anschlusstreffer hineinspediert. Yasmin Weber mit der Rückennummer 20 und den pinken Schuhen muss jedoch mitansehen, wie FTTBO noch vor der Pause auf den Stand von 1:4 davonzieht.
Nur ein Frauen-WC – aber gute Trainingszeiten
Nach gut 10 Jahren zählt der Verein 80 aktive Frauen in 4 Teams. Dies trug mit dazu bei, dass die Infrastruktur an ihre Grenzen stösst. «Es hat zum Beispiel nur eine einzige Frauentoilette», sagt Weber. Nächstes Jahr wird zumindest das Gebäude mit den Garderoben und Sanitäranlagen vergrössert. Auf der Wunschliste weit oben steht zudem ein Kunstrasen. «So müssten wir in den Wintermonaten nicht auf die Bodenweid ausweichen.» Die Anfrage an die Stadt ist eingegeben und wartet auf ihre Bewilligung. «Röbu setzte sich damals wie auch heute stark für uns ein», windet die Fussballerin dem Präsidenten ein Kränzchen. Er habe dafür gesorgt, dass sie gute Trainingszeiten erhielten, «eine schöne Geste». Es sind solche Dinge, welche ihnen das Gefühl gibt, vollwertige Mitglieder des Clubs zu sein. Überhaupt, lobt sie weiter, kämen viele der Funktionäre, der Spieler und sonstige Mitglieder regelmässig zu den Matches und zeigten ihre Unterstützung.
In der Pause des Cupspiels ertönt plötzlich ein Lied aus eigens dafür aufgestellten Lautsprechern. «Mir si vo Bärn, u zäme simer stark, mir gä nie uf, mir hei immer gnue Schnuuf..» Es ist die neue Clubhymne, die an diesem Highlight der Frauen zur Uraufführung kommt. Den «Schnuuf» können die Holligerinnen in der zweiten Halbzeit gut brauchen. In der 75. Minute wird jedoch auch Yasmin Weber ausgewechselt. Sie hat hart gekämpft. Von der Bank aus sieht sie noch zwei weitere Gegentore, bis der Schiedsrichter beim Stand von 1:6 abpfeift. Die Stadtbernerinnen, die nach wie vor nur zweimal pro Woche trainieren, haben sich gegen den Super League-Verein tapfer geschlagen.
Grosser Unterschied zur 2. Liga
Nach der Gründung in 2012 folgte nach vier Saisons in der 4. Liga der erste Aufstieg, weitere vier Jahre später ging’s in die 2. Liga, und auf die Saison 2024/25 hin gar in die dritthöchste Spielklasse. Von den Gründerinnen sind noch etwa fünf dabei, weitere spielen im 4.-Liga-Team. «Ich hätte nie gedacht, dass es einmal etwas solch Grosses wird», sagt Weber. Nun spielen sie gegen Clubs wie den FC Lausanne-Sport, den FC Biel-Bienne 1896, den SC Düdingen oder den FC Ostermundigen. «Wir wissen, dass wir uns in dieser Saison wohl eher gegen unten orientieren müssen», zeigt sich Weber realistisch. Der Unterschied zur 2. Liga sei gross. «Das Tempo ist viel höher, die Zweikämpfe intensiver – und die Distanzen an die Auswärtsspiele deutlich grösser.» Dennoch werden sie alles geben, um mithalten zu können.
Nächste Heimspiele der SC Holligen 94-Frauen (1. Liga)
Samstag, 12. Oktober, 19.30 Uhr: FC Renens 1
Samstag, 26. Oktober, 19.30 Uhr: SV Sissach
Samstag, 9. November, 19.30 Uhr: FC Erlinsbach