Gedacht, gesagt, getan

Hier ist Dr. Google nicht gefragt

Thomas Bornhauser
Ein Teil des Teams der Dorfapotheke Hinterkappelen.

Foto: BO

Einfach erklärt

In der Dorfapotheke Hinterkappelen beschäftigt Susanne Wieland 17 Mitarbeiterinnen.

Die Medikamente werden automatisch aus dem Untergeschoss in den Laden befördert.

Sie erinnern sich: In dieser Serie habe ich zum Teil kräftig mithelfen können, auf dem Werkhof zum Beispiel. Es gab aber auch Reportagen, bei denen ich eher stiller Beobachter war, im Alters- und Pflegeheim oder in der Küche des Restaurants Schloss Bümpliz. Es war zu vermuten, dass mein Augenschein in der Dorfapotheke Hinterkappelen von Susanne Wieland sich in die letztgenannte Kategorie einreihen würde.

Sie hätte mich als «Schnupperstift» angemeldet, schreibt mir Susanne Wieland. Soso. Nun ja, klar ist ja schon einmal, dass ich die Kundinnen und Kunden sicher nicht beraten werde. Auffallend in der Dorfapotheke ist, dass man nie anstehen und warten muss, immer erscheinen aus den Nebenräumen Mitarbeiterinnen, die sich um die Kundschaft kümmern. Aber was machen diese 17 Frauen – von der Lernenden bis zur Apothekerin – wenn sie nicht auf der Ladenfläche stehen?

Männer und Multitasking

Nüt isch. Als Aussenstehender komme ich mir an diesem Morgen wie in einem Ameisenhaufen vor, stehe hinter den Kulissen meistens im Weg. Apropos: Weshalb sind hier nur Frauen zu sehen? Die Gründe dafür sind vielfältig, deshalb beschränken wir uns auf einen einzigen, wenn auch klischierten. Susanne Wieland: «Multitasking liegt den Männer weniger…» Und genau das ist eben gefragt, weil man sich nicht auf eine Aufgabe konzentrieren kann. Immer kommt etwas dazwischen.

Mein Vormittag beginnt mit der Tagesbesprechung für alle Anwesenden. Über neue Tarifberechnungen bis hin zum korrekten Einordnen der Gestelle wird alles kurz besprochen. Meine einzige vorbereitete Frage: «Was haben Sie an Kuriosem mit der Kundschaft erlebt?» Die Frauen zieren sich, man merkt, dass sie niemanden blossstellen wollen. Gopf, erinnert sich denn niemand an mich, als ich nach einer Prostata-Operation im Flüsterton Tena-Einlagen für Männer posten musste, Herr Schüüch sich dafür aber erst in die Apotheke getraute, als niemand sonst zu sehen war?

Von Bärni, dem Roboter

Wie bereits geschrieben: ein Ameisenhaufen. Ich darf/muss auch ran. Es gilt, die eingetroffenen Medikamente mit dem Lieferschein abzugleichen. Tönt einfach, nicht wahr? Lenalidomid-Kapseln, Emoform-Mundspülung, Ezetimib Simva-Tabletten, Fluoxetin-Tabletten, Melipex Safetac-XT oder Toviaz-Tabletten. Alles klar? Ich staune, wie alles durchorganisiert ist. Dass kein Tohuwabohu entsteht, ist auch Bärni zu verdanken. Auf diesen Namen haben die Frauen nämlich den Roboter im UG getauft, der wie von Geisterhand gesteuert die Medikamente, die nicht in den Regalen der Apotheke stehen, umgehend nach oben befördert. Aber nicht nur das: Man muss Bärni ja auch füttern. Dazu schüttet der Schnupperstift die neuen Packungen schön süüferli auf ein Förderband, und schon nimmt sich der Roboter ihrer an, versorgt sie genau dorthin, wo sie auch hingehören.

Ist das Vieraugen-Prinzip gerechtfertigt?

Weil bei Bärni, helfe ich im UG gleich mit, kleinere und grössere Packungen von Tena J in die Gestelle zu versorgen. In Hinterkappelen sind an die 7000 Medikamente vor Ort, Grossist Galexis lagert das Zehnfache. Benötigt man ein Medi, das Bärni nicht führt, kommt es innert Stunden nach Hinterkappelen, nach einem optimal ausgeklügelten Fahrplan.

Was ist mir während des kurzen Schnupperns aufgefallen? Wichtig ist es, dass abgelaufene Medikamente nicht einfach im normalen Abfall entsorgt, sondern in die Apotheke zurückgebracht werden. Diese lässt sie dann fachgerecht entsorgen. Aber: Nicht mehr benötigte Medikamente, die vor dem Verfalldatum retour gebracht werden, kommen auf einen Hilfskonvoi.

Zum Schluss das leidige Thema steigender Gesundheitskosten. Weshalb muss man zusätzlich zum Medikament dafür bezahlen, dass zwei Mitarbeiterinnen die Richtigkeit auf der Packung checken? Susanne Wielands Antwort ist entwaffnend. «Diese Kontrolle ist nur eine von vielen Dienstleistungen, die wir erbringen, ohne das in Rechnung stellen zu können. Denken Sie nur daran, wie oft und wie lange wir Kundinnen und Kunden beraten, weil sie sich im Internet nur oberflächlich erkundigt haben…»

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