Es ist einer jener seltenen Momente, in denen der Sportplatz Bodenweid ruhig daliegt. Schon fast geduldig wartet er auf die ersten jungen Kickerinnen und Kicker. Stattdessen betreten zwei Frauen den Rasen. «Solche Plätze gib es in Bern viel zu wenige. Es mangelt an Rasenplätzen, Wasser, Eis und Hallen. Der Bedarf an Nutzungsstunden ist weitaus höher als das Angebot», schiesst Béatrice Wertli los wie eine Sprinterin, die sich aus dem Startblock katapultiert. Florence Pärli nickt zustimmend und ergänzt: «Vereine müssen entlastet werden. Es braucht kostengünstige Nutzungsmöglichkeiten. Sport ist nämlich nicht nur Bewegung, sondern auch Integration, das Zusammenkommen als Gesellschaft ist im Sport niederschwellig und immer friedlich.»
Sportliche Dringlichkeit
Die beiden Frauen verlassen den Kunstrasen und bewegen sich derweilen Richtung Holztribüne. Es ist eine Weile her, seit hier Massen von Menschen jubelten, die Infrastruktur hat ihre besten Tage hinter sich. Statt auf dem Ledersessel im Erlacherhof, staubige Holzbänke in der Bodenweide. Das Bild hat Symbolcharakter. Pärli und Wertli sind mitten unter der Bevölkerung, dort wo Handlungsbedarf besteht. Doch wer anpacken will, braucht Geld. Und das liegt in Bern bekanntlich nicht allzu üppig in der Schatzkiste rum. «Ja, es braucht erstmal Geld. Und die Einsicht, dass Investitionen in diesem Bereich in vielerlei Hinsicht höher priorisiert werden sollten. Im bisherigen Gemeinderat war hiervon wenig zu spüren. Sanierungen hätte man zum Beispiel vorantreiben können; wir zwei haben den Willen, hier tätig zu werden», sagt Pärli. Nun ist es Wertli, die nickt und ergänzt: «Klar priorisiere ich alles, was mit Sport zu tun hat. Um nötige Gelder zu beschaffen, könnte man zum Beispiel damit anfangen, Ausgaben auf das zu reduzieren, was man wirklich braucht und nicht immer das zu machen, was alles noch schön und besser wäre.»
Sportliche Sparsamkeit
Pärli nennt dies einen städtischen Perfektionismus und macht ein Beispiel: «Der Bau beim Weyermannshaus soll 107 Mio. Franken kosten. Brauchen wir das alles? Ist das bedürfnisgerecht? Könnte man das nicht kostengünstiger realisieren? Bei dieser Summe sind Referenden schon vorprogrammiert und die Verzögerung ebenfalls.» Also lieber weniger Prunk, dafür mit weniger Einsprachen schneller gebaut. Beide Stadträtinnen haben dahingehend schon mehrere Vorstösse gewagt, sind aber oft an der linksgrünen Mehrheit gescheitert. Wertli versteht nicht, weshalb dadurch so viele Projekte ins Stocken geraten: «Der Stadtrat ist ja eigentlich die Fankurve der Stadt Bern. Wir wollen Dinge zum Besseren wenden und vorwärtsgehen.» Eine kleine Fankurve ist es hier im Stadion bei der Bodenweid. Zwei sportliche Frauen auf der Tribüne und mittlerweile ein junger Vater, der seinem Sohn zuschaut, der lange vor dem Training schon ein wenig für sich selbst kickt.
Sportliche Ausgangslage
Herrscht in Bern ein Wettbewerb um das spärliche Geld? Welche Projekte sind zu priorisieren? «Klar sehe ich den Sport ganz vorne», sagt Wertli wenig überraschend. Pärli indes taucht ab in die Tiefen des Budgets und fischt bereits einige Einsparmöglichkeiten heraus: «Wir haben in der Stadt Bern einige Doppelspurigkeiten. Dinge, welche die Stadt anbietet, die aber bereits kantonal oder national abgedeckt sind. Man denke nur an gewisse Fachstellen. Der Stadtrat denkt manchmal schon ein wenig, er sei eine Art Nationalrat», kritisiert sie und sieht hier Einsparpotenzial. Derweilen nimmt Wertli den Ball wieder auf und gibt einen Hinweis auf die Einnahmen: «Wohlfahrt braucht Wohlstand. Wir müssen genug Einnahmen haben, diese wachsen aber zu wenig. Firmenansiedlungen wären da ein Lösungsansatz.» Dass die beiden Politikerinnen die Wirtschaft ins Spiel bringen gefällt vielen im Westen von Bern. Denn hier kennt man andere Probleme, jene der Parkplätze und der Umsiedlung von alten, gestandenen Betrieben. Von Wirtschaftsfreundlichkeit ist hierzulande wenig zu spüren. «Nehmt den Betrieben die Parkplätze weg, dann ziehen sie weg, so einfach ist das», fasst Pärli zusammen und ergänzt: «Es darf keine Verdrängung des Gewerbes durch Schikanen und Einschränkungen stattfinden. Bestehende Gewerbezonen können sonst nicht mehr zweckmässig genutzt werden. Andernfalls muss die Stadt mindestens Alternativen schaffen, die gleichwertig sind, und das passiert bis dato überhaupt nicht.»
Béatrice Wertli (die Mitte) und Florence Pärli (FDP) haben zwei Leidenschaften. Den Sport und die Politik. Pärli hat sogar eigens der Politik zuliebe Jus studiert, Wertli spricht vom Gemeinderat als ihrem Traumberuf: «Ich will etwas bewegen», sagt sie passend zum Sport. Bewegung ist es denn auch, die nun auf den Rasen der Bodenweide kommt. Inzwischen sind die Fussballbegeisterten da, der Trainer platziert die Pylonen und die Jugendlichen träumen am Fusse der baufälligen Tribüne vom Einlauf im Stade de Suisse, ganz in Gelb-Schwarz versteht sich. Die Damen auf der Tribüne tragen die Farben blau und orange. Zeit für sie, den Eltern auf der Tribüne Platz zu machen und den nächsten Termin im langen Wahlkampf anzunehmen. Ihr Zwischenstopp im Westen von Bern bleibt in sportlicher Erinnerung und wird von den beiden wie folgt zusammengefasst: Florieren sollen nicht die Einsprachen, sondern die Dienstleistungen.