Wahrscheinlich ist dies schon einigen E-Bike-Besitzerinnen und -Besitzern passiert: Über Nacht hat man vergessen, das Velo an den Strom anzuhängen, und am Morgen auf dem Weg zur Arbeit realisiert man: Der Akkustand strebt gleich null. Oder man ist unterwegs auf einer schönen Velotour und beim Halt in einer Beiz wünschte man sich, es gäbe auch gleich die Möglichkeit, nicht nur den eigenen Energiespeicher, sondern auch den des Fahrrads aufladen zu können. Etwa so erging es auch Anis Klepo, Geschäftsführer der Elektrofirma Orell & Ramseier mit Sitz in Hinterkappelen, als er im Corona-Jahr 2020 mit Freunden auf einer Biketour war. Der Akkustand seines E-Bikes war bereits beängstigend niedrig, der Weg nach Hause aber noch weit. Wäre doch jetzt nur irgendwo eine mobile Ladesäule, die würde das Pro-blem lösen. Als er einige Tage später in Säriswil beim Postautowendeplatz Solarleuchten montierte, kam ihm die Idee eines mit Solarstrom betriebenen Ladebalkens für E-Bikes.
Einfacher gedacht als umgesetzt
Obwohl es die verschiedenen Komponenten, welche für so eine mobile Ladestation nötig sind, bereits gab, war die Zusammensetzung nicht so einfach, wie gedacht. Vorhanden war bereits eine Box, in der verschiedene Ladekabel der gängigsten E-Bike-Akkumarken verstaut werden können. Ebenfalls produzierte eine Firma in Österreich bereits Solar-Boxen mit integrierten Akkus. Die Herausforderung war jedoch, genügend Akkus miteinander zu vernetzen und eine stabile Spannung zu erreichen, unabhängig von der aktuellen Sonneneinstrahlung, und diese mit der Ladestation zu verbinden. Die österreichische Firma war dabei, eine Lösung zusammen mit dem Initiator aus Hinterkappelen zu erarbeiten und im Labor zu testen. Der Labortest wurde dann aber unter gleichbleibenden Ladebedingungen durchgeführt. Als die Installation in Wohlen fertig montiert und getestet wurde, gab es ziemlich schnell einen Kurzschluss – bei hoher Sonneneinstrahlung überhitzten die Akkus innert kurzer Zeit. Nach einigem weiteren Herumtüfteln und Ausprobieren war es dann aber geschafft: Rund drei Jahre nach der Initialisierung konnte die Ladestation in Betrieb genommen werden.
Eine zukunftsträchtige Lösung
Die Gemeinde Wohlen war sofort bei der Umsetzung dieser Idee dabei. Seit einigen Jahren setzt sie sich für erneuerbare Energien und Klimaschutz ein und erhielt 2019 sogar den «European Energy Award Gold». Deshalb rannte Anis Klepo beim Gemeindepräsidenten offene Türen ein, als er ihm die Idee präsentierte, und die Gemeinde war sogar bereit, den Bau des Ladebalkens mit einem finanziellen Beitrag zu unterstützen.
Es sei eine innovative und zukunftsträchtige Ladelösung, insbesondere weil der Ladebalken autark ist, findet Gemeindepräsident Bänz Müller. «Der Balken funktioniert hervorragend und wird geschätzt, wir planen weitere Standorte in der Gemeinde», erzählt er begeistert.
Weitere Standorte willkommen
Dass die Gemeinde Wohlen seine Idee gleich unterstützte, war für den Erfinder Klepo ein Gewinn und er ist zufrieden mit dem Endergebnis. Gerne stellt er diese Erfindung auch anderen Gemeinden oder Interessierten zur Verfügung und hat deshalb darauf verzichtet, ein Patent anzumelden. «So können möglichst viele davon profitieren und etwas zum Klimaschutz leisten. Das würde mich freuen.»