Der Naturpark Gantrisch trägt neu das Label «Dark Sky Park»

«Die Dunkelheit ist ganz nah»

Salome Guida
Von Salome Guida - Redaktorin
Die Gantrischkette unter dem Sternenhimmel.

Foto: zvg/ Marianne Wittwer

Einfach erklärt
Der Naturpark Gantrisch liegt zwischen Bern, Thun und Freiburg. Besonders im Süden sieht man nachts die Sterne und die Milchstrasse gut. Jetzt bekam der Naturpark dafür die Auszeichnung «Dark Sky Park».
Der Naturpark Gantrisch ist auch bekannt für seine nächtliche Dunkelheit. Nun hat er für die dunkelste Zone im Park ein Zertifikat erhalten – und verpflichtet sich damit dem weiteren Schutz eines rar gewordenen Guts.

Wer des nachts in der Stadt Bern nach oben schaut, erkennt den Mond und die hellsten Planeten und Sterne. In den Agglomerationen sieht man bereits einige Sternbilder. Und wer noch weiter auf dem Land wohnt, kann bereits ziemlich staunen. Der Naturpark Gantrisch kann trotz seiner Lage zwischen Bern, Thun und Freiburg dank seiner Topographie und den vielen Streusiedlungen eine erstaunlich gute Nachtdunkelheit vorweisen – dies auch dank den Bemühungen von Naturpark, Gemeinden, Gewerbe und Privaten. 

1. Dark Sky Park der Schweiz

Das hat sich nun ausgezahlt: Anfang März zertifizierte die Organisation Dark Sky International den südlichen Teil des Parks als «Dark Sky Park». Eine Anerkennung von acht Jahren Bemühungen – und schweizweit erstmalig. 120 solche «Parks» gibt es weltweit, in Europa sind es deren 50. Vier Kriterien müssen erfüllt sein, damit das Label verliehen wird: Es ist ein klar definiertes Gebiet, darin sind die Sterne sowie die Milchstrasse gut sichtbar, die betroffenen Gemeinden tragen aktiv Sorge zur Nachtdunkelheit, und es gibt öffentliche Angebote mit Bezug zur Nacht. 

Immer mehr Lichtverschmutzung

«Moorlandschaften in der Schweiz sind in den letzten 30 Jahren mehr als dreimal so hell geworden. Seit 1994 hat sich die Lichtverschmutzung in der Schweiz im Schnitt mehr als verdoppelt», weiss Nicole Dahinden. Die Leiterin Bildung, Sensibilisierung und Forschung beim Naturpark Gantrisch ist massgeblich mitverantwortlich für die Auszeichnung. «Auf den Panzerplatten hat man sich schon immer getroffen, um Sterne zu beobachten», erzählt sie. Schon bevor es überhaupt einen Naturpark Gan-trisch gab, setzten sich Astronominnen und Astronomen dort für den Schutz der Nachtdunkelheit ein. «Ich übernahm das Thema von ihnen», so die Geografin. Nun blickt sie auf zehn Jahre zurück, die zwischen den ersten Ideen und der Verleihung des Labels liegen. «Für uns als Naturpark ist vor allem der ökologische Aspekt sehr wichtig», so Dahinden. 60 % der Lebewesen seien nachtaktiv, eine grosse Zahl von Pflanzen werden nachts bestäubt. Nachtfalter orientieren sich am Sternen- und Mondlicht. «Künstliches Licht desorientiert sie», erläutert sie. «Werden sie von einer Lampe abgelenkt, verbrauchen sie viel Energie, was leider oft zum Tod führt.» Bereits seit 2015 unternimmt der Naturpark Gantrisch unzählige Sensibilisierungsaktionen zum Schutz der Nachtdunkelheit, etwa Nachtwanderungen, Ausstellungen oder eine Licht-Toolbox für Gemeinden und Schulen. 2018 erarbeitete das Team um Dahinden regionale Beleuchtungsrichtlinien, an denen sich  heute ein Grossteil der Parkgemeinden orientieren. 2021 wurden die vier Strassenlampen im Ottenleuebad so umgerüstet, dass sie nur noch mit 2000 Kelvin leuchten und automatisch abstellen, wenn ihre Sensoren keine Bewegung erkennen.

 Dunkelheit ist ganz nah

«Die touristische Vermarktung der Nachtdunkelheit steht bei uns nicht im Vordergrund», sagt Naturpark-Geschäftsführerin Lydia Plüss. Doch: «Wir haben viele Tagesausflügler.» Da würden sich kleine, feine Übernachtungsangebote eignen, um auch die nächtliche Sternenpracht zu erleben. «Die Dunkelheit ist ein Schatz für unsere Region. Wir wollen ihn schützen, aber auch erlebbar machen», so Plüss. Sie erinnert sich an die Nächte ihrer Kindheit in Gurzelen, als das Bestaunen der Milchstrasse zu vielen Fragen über die Unendlichkeit führte. «Heute ist eine solche Sicht ins Universum für viele Leute nicht mehr selbstverständlich.» Das Zertifikat sei für sie eine Motivation, um diesem Schatz weiterhin Sorge zu tragen. Aber auch ein Weckruf ans «Ringsherum», an die Agglomeration, die Städte: «Man kann und muss überall einen Beitrag leisten, um die Nachtlandschaft zu schützen.» Sie betont: «Die Dunkelheit ist ganz nah. Man muss nur den Schalter drücken und das Problem ist gelöst. Dass man in diesem Bereich so schnell etwas erreichen kann, motiviert.» 

Zeichen des Zusammenlebens

«Die Auszeichnung ist auch ein Zeichen des funktionierenden Zusammenlebens», freut sich Franziska Stucki-Oswald, Präsidentin des Fördervereins Region Gantrisch FRG. 19 Parkgemeinden, 2 Kantone, viele Partnerinnen und Partner sowie Private hätten dazu beigetragen. Nun gelte es, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen. «Ein vernünftiger Umgang mit Licht geht uns alle an.»

«Gantrisch Dark Sky Zone»
Sie umfasst rund 100 km² und damit etwa einen Viertel des Naturparks Gantrisch. Die Gantrisch Dark Sky Zone befindet sich im Südosten des Parks und enthält die Dunkelkammern in der Moorlandschaft Gurnigel-Gantrisch.
 www.gantrisch.ch/nacht

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