Da steht sie, Claudia Galasso, in der Küche der Baracke, und bereitet mit dem Mixer im Suppentopf eine Kürbissuppe zu. Passend zur Jahreszeit: Draussen weht ein kühler Wind, Regentropfen klatschen ans Fenster, gelb-rot gefärbte Blätter wehen vorbei. Im «Quartier-Treff Baracke» im Bümplizer Kleefeld betreibt Claudia Galasso die CaféTeeria. Hier werden Mittwoch für Mittwoch leckere Cafés und Tees serviert, darunter «Bicerin», ein Heissgetränk aus Turin, mit Espresso, Kakao und Milch. «Das Ghetto-Image wird dem Kleefeld schlicht nicht gerecht», sagt die Köchin, und kostet von der Suppe. Das Quartier in Berns Westen zählt heute über 3000 Bewohnende, die Hälfte davon mit Migrationshintergrund. Dieser multikulturellen Zusammensetzung ist es offenbar zuzuschreiben, dass der Ruf des Quartiers bisweilen zu wünschen übrig lässt. Als Claudia Galasso vor 13 Jahren mit Kind und Kegel ins Kleefeld umgezogen ist, wollte sie diesem Negativ-Touch entgegenwirken – und hat sich entsprechend ins Zeug gelegt.
Königin Bertha Medaille
Für ihr Engagement im Bereich der Quartierarbeit hat sie Ende Oktober die «Königin Bertha Medaille» erhalten. Diese Auszeichnung vom Verein westkreis6 wird alljährlich an Leute vergeben, die sich entweder als Quartier-Botschafterinnen und -botschafter nach aussen oder aber als engagierte Anpackende in den Westberner Quartieren nach innen besonders ins Zeug gelegt haben.
Claudia Galassos Einsatz im Kleefeld begann mit der Mitgründung der Interessengemeinschaft (IG) Kleefeld von 2016. Seither macht sich die IG für die Belebung des Quartiers stark. «An den ersten Sitzungen wurde zunächst viel geredet, aber nichts wirklich umgesetzt. Das wollte ich ändern.» Auch auf Galassos Initiative hin hat sich die IG sodann in verschiedene Arbeitsgruppen aufgesplittet, darunter die AG-Umwelt, die sich um Umweltthemen kümmert, die AG-Verkehr oder die AG-Chleehus. Letztere nimmt sich dem gleichnamigen Begegnungszentrum gleich neben der Baracke an, Austragungsort des Kleefeldfests, aber auch von Weihnachtsmärkten, Frühlingsmärkten oder Fussballturnieren.
20 verschiedene Sprachen
«Als ich hierhergezogen bin, schreckte mich das Ghetto-Image ab, ich machte mir Sorgen um die Kinder. Aus heutiger Sicht war der Umzug ins Kleefeld die beste Entscheidung meines Lebens», resümiert Claudia Galasso. «Wie in anderen Quartieren auch kann man unsichtbar bleiben und sich zurückhalten – oder man ergreift Initiative und partizipiert aktiv mit.» So nahm Claudia Galasso damals zufällig an einer Sitzung des Elternrats der Schule Kleefeld teil – und verliess diesen Rat später als Präsidentin wieder. «In solchen Gremien lernt man nicht zuletzt die Menschen im Quartier kennen.» Das führt bei der Preisträgerin mitunter dazu, dass sie für den Grosseinkauf im Denner gut und gerne extra Zeit einplant, «für einen Schwatz mit der Nachbarschaft. Hier sprechen die Menschen über 20 verschiedene Sprachen, und doch lernt man, sich untereinander wohlwollend auszutauschen. Und sich gegenseitig zu helfen.»
Claudia Galasso hat schon in vielen Bereichen gearbeitet. In Kindertagesstätten, beim kantonalen Migrationsdienst – aber vor allem auch als Mutter und Tagesmutter. Auch ist sie zuständig für die Vermietung von Partyräumlichkeiten in Bümpliz. Ihre Familie zählt mittlerweile sechs Kinder und zwei Grosskinder. Doch Claudia Galasso legt sich auch als Grossmutter arg ins Zeug – fürs Kleefeld. So etwa in der Organisation des quartiereigenen Fussballturniers für Jung und Alt, mit Essens- und Getränkeständen und musikalischer Unterhaltung, ein Anlass, der zuletzt über 500 Menschen ins Kleefeld lockte.
In guter Gesellschaft
Nebst solchen Grossanlässen besteht das Engagement Claudia Galassos primär im Betrieb der CaféTeeria – sowie des Mittagstischs «En Guete», wo sie jeden Mittwochmittag ein Drei-Gang-Menu auftischt, «für Schülerinnen und Schüler, für Mitarbeitende der Gemeinwesenarbeit, aber auch für all jene Leute, die ihr Mittagsmahl gern in guter Gesellschaft einnehmen möchten.» Erst kürzlich, auf einem Spaziergang durchs Quartier, mit dem Grosskind an der Hand, wurde Claudia Galasso wiederum von Nachbarinnen angesprochen und um Rat gefragt. «Daraufhin sagte mir mein Grosskind: Gell, Oma, du bist hier die Chefin», sagt sie schmunzelnd und nimmt die Kürbissuppe vom Herd. Zeit für den Mittagstisch. En Guete!