So geht Politik. Der KMU schlägt Alarm, gewisse Parteien greifen die Probleme auf und der Gemeinderat schaut hin und lanciert Lösungen. Es war höchste Zeit, denn erste Firmen haben schon angefangen die städtische Bevölkerung nicht mehr zu beliefern, weil die damit verbundenen Probleme zu gross waren.
Die Priorisierung
So verständlich es ist, dass die Stadt den Verkehr lenken will, so verständlich ist es, dass die Firmen ihren Aufträgen nachkommen wollen, was aktuell in Bern äusserst schwierig geworden ist. Nun kommt für viele KMU die positive Nachricht vom Gemeinderat: «Die Stadt Bern will den notwendigen Wirtschaftsverkehr gegenüber dem vermeidbaren Privatverkehr priorisieren.» Im Dialog mit den Wirtschaftsverbänden hat die Stadt Bern nun ein Pilotprojekt entwickelt, das gewissen Unternehmen auf Antrag ermöglicht, von bestimmten Verkehrsbeschränkungen ausgenommen zu werden. Wer und wie, das regelt ein Antrag, den man stellen muss.
Zwei Pilotstrecken
Der Testbetrieb betrifft zum einen die Mitbenutzung der Busspur auf der Monbijoubrücke und zum anderen die Nutzung der Fahrverbindung Hodlerstras-se-Genfergasse-Bahnhofplatz. Mit Testbetrieb meint die Stadt, dass der Verkehr laufend analysiert wird, mit besonderem Augenmerk darauf, dass der öffentliche Verkehr sowie der Fuss- und Veloverkehr nicht beeinträchtigt werden. Doch die Stadt hebt auch den Mahnfinger: «Sollte es zu negativen Auswirkungen kommen, etwa durch erhebliche Verspätungen des öffentlichen Verkehrs, kann der Versuch angepasst oder frühzeitig abgebrochen werden.
Sensibilisierung
Deshalb hat Peter Steck bereits an den Versammlungen der Wirtschaftsverbände davor gewarnt, diese Teststrecken zu missbrauchen. Wenn der Wirtschaftsverkehr wieder rollen soll, dann müssen sich die Firmen an die Vorgaben der Stadt Bern halten. Es sei eine Chance, die man nun nicht vertun dürfe. Der Testversuch endet nach einem Jahr. Die Ergebnisse aus der ständigen Analyse des Pilotversuchs dienen als Entscheidungsgrundlage, ob in Zukunft ähnliche Ausnahmeregelungen für den notwendigen Wirtschaftsverkehr permanent eingesetzt werden sollen, insbesondere bei den geplanten Verkehrsbeschränkungen im Rahmen des Bahnhofausbaus.
Der Pilotversuch kann im Erfolgsfall verhärtete Fronten aufweichen und das ist für beide Seiten vorteilhaft. Für die städtische Bevölkerung ist ein funktionierender Wirtschaftsverkehr systemrelevant.
So funktioniert das Bewilligungsverfahren
Teilnehmen können Unternehmungen, deren Fahrzeuge zwingend für betriebliche oder dienstliche Fahrten eingesetzt werden – etwa Logistikfirmen, Wartungsdienste, Handwerksbetriebe, medizinische Dienstleister etc. Ausgeschlossen ist der allgemeine Geschäftsverkehr, etwa jener von Aussendienstmitarbeitenden. Es braucht eine Bewilligung. Diese kann für 66 Franken im Jahr unter www.bern.ch/themen/mobilitat-und-verkehr oder beim Polizeiinspektorat der Stadt Bern (Predigergasse 5, 1. Stock) vor Ort beantragt werden.
Was ist notwendiger Wirtschaftsverkehr
Generell zu dieser Gruppe zählen öffentliche Dienste gemäss Artikel 47 Absatz 2 der Strassenverordnung wie Polizei und Rettungsdienste sowie Taxis. Per Ausnahmebewilligung gelten zum notwendigen Wirtschaftsverkehr: Firmen mit Fahrzeugen, die überwiegend für regelmässige geschäftliche oder dienstliche Fahrzwecke in der Stadt Bern eingesetzt werden und auf Unternehmen oder Behörden folgender Bereiche eingetragen sind: Güterwirtschaftsverkehr (Materialtransporte, Industrie, Gewerbe, öffentliche Einrichtungen, Entsorgung + Recycling, Privatkundenlieferungen mit zeitlicher Dringlichkeit), Dienstleistungsverkehr (Service- und Dienstleistungsfahrzeuge, die für Wartungs- und Reparaturservice, Handwerksleistungen und Dienstleistungen benutzt werden), Personenwirtschaftsverkehr (Fahrzeuge für den gewerblichen Personenverkehr wie Reisebusse, Shuttle-Dienste, Transporte von mobilitätseingeschränkten Personen), Sonder-, Hilfs- und Schutzdienste (zur Erfüllung von Aufgaben im Bereich der Sicherheit und Unterstützung der Bevölkerung wie medizinische Dienste und Spitex).