Hanspeter Flühmann, wo sind Sie geboren, zur Schule gegangen und aufgewachsen?
In Bremgarten bei Bern. Meinen ersten Job als Mann für alles –heute Neudeutsch Allrounder –hatte ich bei der Verbandsmolkerei an der Laupenstrasse in Bern.
Da möchte ich jetzt gerade verweilen. Ältere Lesende werden sich in ihre Jugend zurückversetzt fühlen, die junge Genera-
tion erfahren, wie es früher zu und herging.
(Lacht) Das können Sie laut sagen… Ich habe da unter anderem in der Spedition gearbeitet, war auch Beifahrer der Chauffeure, welche die Milch an die Kundschaft brachten. Im ganzen Einzugsgebiet der Verbandsmolkerei, bis ins Emmental.
Also keine zentrale Belieferung im grossen Stil wie heute?
Chöit dänke! Wir haben auch alle kleinen Läden mit Molkereiprodukten beliefert, von der Logistik her heute absolut undenkbar. Und auch die Anlieferung der Milch zur Verbandsmolkerei war eher umständlich, mussten unsere Chauffeure diese doch an den Milchsammelstellen abholen. Klar, in erster Linie ging die Milch an die Käsereien, aber diese benötigten nicht das ganze Volumen, sodass die Verbandsmolkerei zum Zug kam. Und da standen über Mittag öfter einige Camions mit Milch an der Laupenstrasse, bis diese abgesaugt werden konnten.
Gab es damals den klassischen Milchmann?
Sie meinen jene Männer, die von Haus zu Haus gingen, in die Milchkästen schauten, um zu sehen, was die Kundinnen gerade benötigten? Klar gab es die, in Bremgarten habe ich einen solchen Milchmann begleitet – mit dem Velo und auf meinem Gepäckträger andere Molkereiprodukte. Ende Monat wurden dann die Lieferungen abgerechnet und die Beträge zusammengezählt. Deshalb ist noch heute von der Milchbüechli-Rechnung die Rede.
Und im Laufe der Jahre wurde die Milch immer ein bisschen anders verpackt…
Stimmt. Da gab es sie zum Beispiel in pyramidenförmigen Behältern, im Volksmund «Picasso-Busen» genannt. Und anschliessend die Schwabbelbeutel, die man umständlich in ein Gefäss stellen musste, weil sonst nicht zu handhaben. Die Tetrapackungen scheinen seit Jahrzehnten die ideale Lösung, auch wenn es da Unterschiede gibt.
Sind Sie beruflich irgendwann weitergezogen?
Ja, ich arbeitete 20 Jahre lang bei einer Hygieneservice-Firma. Ich erledigte dort Arbeiten, auch im öffentlichen Raum, die nicht jedermanns Sache waren. Erledigt werden mussten sie dennoch. Mit 64 habe ich mich frühpensionieren lassen.
Und privat?
Sie meinen, ob ich verheiratet war? Nein, das nicht, aber ich hatte eine lange Partnerschaft mit einer Witwe, die sieben Kinder hatte, vier davon lebten noch zuhause.
Also doch Erfahrung als Vater?
Als Ersatzvater, wenn Sie so wollen, ja. Aber ich habe mich nie eingemischt, als Besserwisser, habe meiner Partnerin jedoch gesagt, dass ich zur Stelle sei, würde sie nicht mehr weiterwissen. (Beat Stucki, mit dem Hanspeter Flühmann zusammensitzt, nickt anerkennend.) Es war eine schöne Zeit, die mit dem Ableben meiner Partnerin ein Ende fand.
50 Jahre Bethlehem, Fellerstras-se. Was hat sich verändert?
Ich bitte Sie! Was hat sich in 50 Jahren Schweiz nicht verändert? Das Leben ist ein steter Wandel. Was mich heute stört: diese Autoposer, die der ganzen Welt beweisen müssen, wie laut ihre Auspuffanlage krachen kann. Da kann man spätabends nicht mal mit offenem Fenster schlafen. Aber abgesehen davon ist mir an der Fellerstrasse sehr wohl, sonst wäre ich ja nicht seit einem halben Jahrhundert hier (schmunzelt). Und praktisch: Wenn es heiss wird, habe ich es im EG relativ kühl, weil unter mir die Keller sind. Aber im Winter… Sie wissen sicher, was ich meine (lacht). Am meisten fehlt der Nachbar über mir, Beat Stucki. Er war übrigens lange Hausmeister im Freudenberg, wo sich ja auch Migros und Coop befinden.
(Jetzt meldet sich Beat Stucki) Die Filialleiter der beiden Grossverteiler verstanden sich gut, waren viel beim gemeinsamen Kaffee zu sehen. So soll es sein.