Ende für Farbsack-Recycling-System

Bunt geplant, Blau geblieben

Salome Guida
Von Salome Guida - Redaktorin
Das Farbsacksystem ist entsorgt.

Foto: Entsorgung + Recycling Stadt Bern

Einfach erklärt

Ende 2021 sagte das Stimmvolk ja zum Farbsacksystem: 5 verschieden farbige Säcke für Glas, PET etc. Doch in der Umsetzung ist es zu schwierig. Darum kommt es nicht, die Containerpflicht aber schon.

Für die Umwelt, für den Rücken, für die Sammelstellen: Das Farbsack-Trennsystem schien eine gute Lösung, als die Berner Stimmbevölkerung es Ende 2021 annahm. Vier Jahre und viele Abklärungen später ist nun schon Schluss – kein bunter Strauss, nur noch Blaues.

Flaschen in den violetten, Büchsen in den grauen Sack. PET in den roten, Plastik in den gelben. Abfallentsorgung darf auch farbenfroh sein, hatten sich wohl Politik und Verwaltung gedacht, als sie 2022 das Farbsacksystem einführten – oder einführen wollten. Denn schon kurz nach der Urnenabstimmung vom 28. November 2021 geriet das Projekt ins Stocken.

Kaum Platz für Container

Im März 2022 gab die Stadt bekannt, dass in Mattenhof-Weissenbühl als erstem Stadtteil das Farbsack-Trennsystem ein Jahr später, nämlich erst im 2023 kommen würde. Ein Hauptgrund war der fehlende Platz für die vielen Container, in denen die farbigen Recycling-Säcke deponiert werden. Als es dann soweit sein sollte, entschied die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün, die Einführung noch weiter aufzuschieben, «bis die notwendigen Abklärungen erfolgt und die gebotenen Anpassungen definiert sind». Es hatte sich gezeigt, dass das Projekt viel komplexer war als gedacht.

Das noch von Ursula Wyss ins Leben gerufene Farbsack-Recyclingsystem war inzwischen in Marieke Kruits Verantwortung. Im März 2024, über zwei Jahre nach der Abstimmung, musste ihre Direktion eingestehen: «Das Farbsack-Trennsystem lässt sich definitiv nicht in der geplanten Form einführen.» Denn, so die Medienmitteilung: «Es wurde klar, dass auf privatem Grund deutlich weniger Container platziert werden können als ursprünglich angenommen.»

Container ja, Farbsack nein

Dabei sollten gerade die Container die Abfallentsorgung verbessern. Müssen die Mitarbeitenden täglich Hunderte von Kehrichtsäcken in den Schlund der Lastwagen werfen, werden Rücken und Schultern strapaziert – wer etwa schon mal einen 35-l-Sack voller benutzter Windeln schleppen musste, kann dies bestens nachvollziehen. Nebst dem Gesundheitsschutz wollte die Stadt auch die Quartiersammelstellen entlasten und ihren Bürgern ein tages- und tageszeitunabhängiges Bereitstellen der Hausabfälle ermöglichen – und mit dem Trennsystem das Recycling erleichtern.

Seit Mitte September ist nun klar: Die Container, deren fehlende Standorte ein Hauptgrund für die Verzögerung der Farbsäcke waren, werden zur Pflicht. Doch Überraschung: Dennoch verzichtet die Stadt auf die definitive Einführung des Farbsacksystems. Eine vertiefte Prüfung habe ergeben, dass es nicht wirtschaftlich umgesetzt werden könne. Auch bezüglich Ökobilanz ergäben sich gegenüber heute keine klaren Verbesserungen. Stimmt der Stadtrat zu, wird der immer noch laufende Pilotversuch spätestens per Ende März 2026 beendet. Somit bleibt das vertraute Blau die einzige Sackfarbe.

Zu wenige bekennen Farbe

Nach so vielem Verschieben, Prüfen, Abklären und Pilotieren – was bleibt nun übrig? Die Erkenntnis, dass das Farbsack-Trennsystem durchaus Vorteile bieten kann. Jedoch müsste ein grösserer Teil der Bevölkerung bereit sein, die – auch kostenpflichtigen – farbigen Säcke zu benutzen. Schon im Pilotversuch zeigte sich, dass zu wenige dies tun. So müssen nun Herr und Frau Berner ihre leeren Pelati-Büchsen und Bierflaschen weiterhin zur Quartiersammelstelle tragen, hingegen dürfen die Beladenden der «Ghüderlastwagen» künftig mehr und mehr Container schieben, anstatt Sack um Sack einzuwerfen.

Container oder Ersatzabgabe

Wie geht es nun weiter? Stimmt der Stadtrat zu, gilt zukünftig in allen Stadtteilen ausser der Innenstadt die Containerpflicht für die Entsorgung von Kehricht und Papier bzw. Karton. Hauseigentümer sind dann verpflichtet, auf ihrem Grundstück – vor allem im sogenannten Vorland, also zwischen Haustür und Strasse – Platz für Container zu schaffen. Diese stellt die Stadt gratis zur Verfügung. Ist kein Platz dafür vorhanden oder ist dies wegen dem Baureglement oder dem Stadtbild nicht möglich, schafft die Stadt Möglichkeiten für Container-standorte im öffentlichen Raum. Hauseigentümerinnen müssten in diesem Fall eine Ersatzabgabe zahlen.

Am 16. Oktober hat sich die Kommission für Planung, Verkehr und Stadtgrün mit dem Geschäft befasst, an seiner Sitzung vom 6. November kommt es ins Parlament. Voraussichtlich Anfang 2026 erhalten die Mattenhoferinnen und Weissenbühler als erste Container, ab dem 2. Quartal auch andere Stadtteile – jedoch vorerst nur auf Gesuch. Ab Anfang 2027 sollten die ersten öffentlichen Standplätze bereit sein. Mitsamt schwarzen Containern, denen an farbigem Inhalt immerhin noch etwas Blau bleibt.

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