Es Hämpfeli Bärndütsch

Blaue Glanz im Bierzält

Ursula Pinheiro-Weber
Das Plüschtier lat d Härze vor Livia u vom Jonas höcher schla.

Foto: Foto: zvg/Giorgio Menghini

Einfach erklärt

Viele dieser Wörter werden auch heute noch gebraucht. Sie vermitteln Heimat und Selbstbewusstsein. Berndeutsch ist vorwiegend eine gesprochene Sprache.

E lääij Früeligsnacht ar Expo: Ds grosse Bierzält zitteret im Takt vor Altrockerband «Die magischen Drei». Me gseht viil grau- u wysshaarigi Manne u Froue, wo mit emene Bierglas ir Hand schunkle u nostalgisch mitsinge.

Zmittst drinne hocket der Jonas, 29, Produktmanager bimene Start-up für nachhaltigi Verpackige. Sy Chef het gfunde, är sött doch ar Mäss e chly «netzwärke». Aber jitz gits hie nume Mönsche, wo alli usgseh wi syni Eltere oder dene ihri Fründe. Ds Einzige, was ne no hie bhaltet, isch ds Bier. U o das wird langsam warm…

Ke Huuch vo Grau

Vori het er no grad wölle abhase, da blitzt öppis Appartigs i der Mängi uuf: blaui Haar. Ke Huuch vo Grau, ender es lüchtigs, fasch elektrisches Blau. D Frou isch jung, villech Mitti zwänzgi, mit emene Nasering umene schelmische Lächle. Elei am ne Tischli, mit emene chlyne Glas druff, schynt si glych deplatziert wi är.

Der Jonas wärweiset zersch, de geit er stötzlige druf los: «Hallo, i bi der Jonas. I gloube, mir sy di zwöi Jüngschte hie.» Si lachet. «I bi d Livia. U i ha scho ddänkt, i syg ds Hüenlibebe im AHV-Club.»

Ds Ys isch sofort broche. Si ploudere, lache über di unerwartet sprützige u verspilte Gitarresoli vo de Altrocker. Da wärde si rätig, a di benachbarti Chilbi z bummle – dert, wo die farbige Lämpli blinke u Zuckerwatte i der Luft hanget.

Es paar Schüss am Schiessstand

Am Schiessstand wott der Jonas e chly plagiere. Vo de zäh gschouffte Schüss trifft är sibe. Das längt für ne Prys us der mittlere Gwinnklass: es viilfarbigs Fantasie-Plüschtier, mit Hörner u Ouge, wo schile. «Für di», seit der Jonas u gits der Livia. «Das isch ds hässlechschte Plüschtier, wo ni je ha gseh. Nid unbedingt zum Buttele. Aber i has gärn.»

Si höckle ufene Bank, gugle no meh, rede über Lieblingsfilme, über strubi Jobs u verruckti Zuefäll. Langsam wirds dunkel, u sy tuusche ihri Handynummere uus. D Livia seit: «I schrybe dir morn. Villecht. Wen i das ghörnte Viilfarbe-Ding nid verlüüre.»

U wi geits wyter?

Villecht träffe si sich bald wider. Villecht göh si zäme zumene Indie-Konzärt oder ane Kunschtusstellig. Oder villecht göh si ganz eifach ga käfele. Villecht blybt ds Plüschtier als Talisman uf Livias Büechergstell stah – als Symbol für das, was passiert, we me zur richtige Zyt am «falsche» Ort isch.

Ursula Pinheiro-Weber, Berndeutschspezialistin und Autorin verschiedener Lehrbücher

Info: www.dialektbuch.ch

Was genau?
lääi – lauwarm
hocke – sitze
vori – soeben
abhase – sich davonmachen
appartig – besonders, eigen
stötzlige – kopfvoran, senkrecht
Hüenlibebe n. – Küken
rätig wärde – übereinkommen
Chilbi f. – Rummelplatz, Jahrmarkt
plagiere – prahlen, aufschneiden
buttele – in den Armen wiegen
gugle – fröhlich lachen
strub – schlimm
käfele – Kaffee trinke

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