«Wenn ich heute Lernender bei Ihnen wäre, womit müsste ich anfangen und wie könnte ich mich während der vier Jahre Ausbildungszeit steigern?» Diese Frage bekommt Renate Kofmel, Bindetechnologin und Produktionsleitung Handwerk zu hören. Ihre Antwort überrascht nicht wirklich. «Sie müssten von Anfang an überall dort mithelfen, wo Unterstützung gefragt ist.» Ein klassisches «Learning by doing» also, denn im Laufe der Zeit werden die Auszubildenden dadurch ziemlich alle Bereiche der Bindetechnologie kennenlernen. Hinzu kommen natürlich die Besuche der Berufsschule und jene der überbetrieblichen Kurse.
Kleinserien als tragendes Element
Das Spektrum dieser Arbeiten ist riesig und wird – Staunen angesagt – nach wie vor von Hand ausgeführt. Die Bibliothekseinbände sind ein klassisches Beispiel dafür, dass Maschinen diese Arbeiten nicht ausführen können. Beispiel: 52 einzelne Wochenmagazine werden sorgfältig zu einem einzigen Sammelband zusammengeführt.
Blättert man in alter Fachliteratur, fällt auf, dass viele der heutigen Arbeitsabläufe sich als traditionell erweisen. Die Fadenheftmaschine, die in Bümpliz steht, ähnelt im Ansatz jener, wie sie 1791 erstmals erwähnt wird. «Das ist eine unserer Herausforderungen», sagt Renate Kofmel. «Wie gelingt es uns, Tradition mit Moderne so zu vereinen, dass wir Abläufe auch finanziell optimieren, ohne dass die Qualität darunter leidet?»
Nach nur wenigen Minuten Besuch bei den Bindetechnologen ist klar: Weil es sich bei ihren Aufträgen nicht um Grossserien handelt, sondern um individuelle Wünsche, kann ein Grossbetrieb diese Aufgaben erst gar nicht wahrnehmen. «Die Handbuchbinderei hat dank dieser Kleinserien gegenwärtig Oberwasser», stellt Renate Kofmel fest.
Breites Angebot
Es ist schier unglaublich, was die Fachleute hier alles herstellen. Sozusagen Stück für Stück, seien es individuelle Alben, Einrahmungen oder feste Bucheinbände. Von einfachen Broschüren bis zu hochwertigen Ledereinbänden, Mappen, Prägungen, Schachteln und Schubern, Drahtkammbindungen und vielem mehr. Alle sind sie Unikate. Und auch ältere, beschädigte Drucksachen bekommen die notwendige Pflege, wie ein Berner Kochbuch aus dem Jahr 1887, in dem zur Zubereitung von Mahlzeiten teilweise Zutaten stehen, die uns heute unbekannt sind…
Und was passiert im anderen zu Beginn erwähnten Bereich der Gschwend AG, im industriellen Teil? Hier stehen primär hochmoderne Maschinen für sogenannten Zickzack-, Wickel, Fenster-, Schmetterlings-, Treppen-, Pyramiden- und Kombifalzungen sowie Schneide- und Klebearbeiten in höchster Präzision. Der Pharmafalz wiederum dient dazu, Beipackzettel so zu falzen, dass sie anschliessend bei den Pharmafirmen in die Schachteln eingesteckt werden können. Kurz: Ein Blick in die Homepage gschwend-ag.ch lohnt sich und erübrigt weitere Informationen auf dieser Seite.
Lehrstelle frei
Die Gschwend AG bietet einer/einem Jugendlichen, die Möglichkeit, 2026 eine Ausbildung im Bereich der Bindetechnologie zu absolvieren. Dieser Bericht könnte ja ein erster «Stupf» in die Richtung sein. Weitere Infos zum Beruf sind auf der Homepage www.gschwend-ag.ch zu sehen. Interessierte wenden sich an info@gschwend-ag.ch