«Das bringt doch nichts.» «Es änderst sich sowieso nichts.» «Die machen eh, was sie wollen.» Stammtischparolen gegen die Politik vermehren sich im gleichen Takt wie die Plakate. Mit einem Unterschied: Sie stimmen nicht. Nur wenige Menschen machen sich die Mühe, herauszufinden, was im Bundesparlament alles behandelt wird, wofür gekämpft wird und wer sich für was einsetzt. Es sind die Medien, die eine Auslese machen; eine nach Emotionalität, Polarität oder Traditionalität.
Zuerst die Arbeit
Was also von den Damen und Herren National- und Ständeräte aus dem Bundeshaus in die Stuben dringt, ist herzlich wenig. Was dahinter steckt, umso mehr. Wussten Sie, dass Politikerinnen und Politiker jährlich tausende von Seiten zu lesen und zu verstehen haben? Notabene Texte, die nur allzu selten die Süffigkeit eines Krimis erreichen. Komplexe Sachverhalte mit noch komplexeren Folgen in einer bereits engmaschigen Gesetzgebung. Was also potentielle National- oder Ständerätinnen vor allen Dingen können müssen, ist: viel zu arbeiten. Dann wenn die meisten nach Feierabend ihre Freizeit geniessen, geht das Licht in den Schreibstuben der Politikerinnen an und erlöscht meist erst wieder, wenn die meisten anderen schon längst zu Bett gegangen sind. Für die Wahl der richtigen Volksvertreterinnen im Parlament mag ein guter Gradmesser sein: Welchen von all den Kandidierenden erachten Sie als fleissig und ausdauernd?
Dann der Frust
Die Zeiten, in denen die Menschen auf der Strasse innehielten, nickten und sagten: «Guten Tag Frau Nationalrätin oder Herr Nationalrat» scheinen vorbei. Schade eigentlich. Der Respekt ist gesunken, die Kritikbereitschaft gestiegen. Das ist, wenn man sich viele Nächte voller Arbeit um die Ohren schlägt, nicht immer einfach zu verdauen. Volk und Medien urteilen schnell – mitunter voreilig. Viele Rücktritte haben deshalb mit der Kombination aus Pensum und Kritik zu tun. Etwas Gutes hat dieser Frust aber: Er offenbart eine weitere Wahlhilfe. Wer mit dieser nicht immer gerechten Kritik umzugehen versteht, den Unmut ergründen kann und dabei nicht unter Stress gerät, der bringt eine wichtige Eigenschaft mit ins Amt.
Und schliesslich die Lust
Lust am Politisieren haben viele. Der Wille, mitzuwirken und zu verändern, sorgt alle vier Jahre dafür, dass die Listen länger und die Angebote fast schon unüberschaubar werden. Die Lust am Politisieren lebt. Politikverdrossenheit gibt es, Politfreude aber auch. Wenn nun einige Wochen vor den Wahlen ein Wahlcouvert mit der Dicke eines Telefonbuchs den Briefkasten befüllt, vermag die schiere Menge die Lust am Wählen zu ersticken. Kandidierende, die in keiner Partei sind, einzuschätzen, ist etwa so schwer wie in eine Nähmaschine einzufädeln, die schon läuft. Hier hilft nur eines: Parteizugehörigkeit. Parteien treten für Werte ein, sie nehmen eine Position ein, setzen thematische Schwerpunkte und haben ab einer gewissen Grösse ihre Fraktionen, in denen gemeinsam komplexe Sachverhalte diskutiert und analysiert werden können. Ein immenser Vorteil, um die Anforderungen zu erfüllen. Eine weitere Wahlhilfe darf deshalb lauten: die Partei(en) zu finden, die den eigenen Werten am nächsten kommen.
Was nun übrig bleibt, darf über den Kamm der Regionalität geschert werden. Wer kennt Bümpliz und Umgebung? Wer hat sich vielleicht schon dafür eingesetzt? Natürlich haben bei diesen Fragen diejenigen Menschen einen Vorteil, die aus dem Gebiet stammen. Der regionale Bezug darf und soll bei der Wahl eine Rolle spielen. Wer etwa schon im Amt war, lässt sich besser einschätzen. Es gibt durchaus Oberländer, die sich für Agglomerationsthemen einsetzen, Bern-Jurassier mit einem Flair für Klimapolitik oder Stadtberner ohne Groll gegen den Individualverkehr. Eines aber müssen auch regionale Vertreterinnen mit gleichen Werten, Kritikfähigkeit und Fleiss erfüllen, soll die Politik in den nächsten vier Jahren vorwärtskommen: die Bereitschaft, an Lösungen zu arbeiten. Wenn die Schweiz rund um Alterspolitik, Gesundheitskosten, Klimawandel oder Sicherheit etwas dringend braucht, dann eine Politik, die wieder zurückkehrt an den runden Tisch oder die etwas pathetisch klingende Floskel des guten schweizerischen Kompromisses aufleben lässt. Nicht alle wollen alles durchsetzen, sondern alle setzen etwas durch und erreichen damit alles. Möge diese kleine Wahlhilfe dafür sorgen, dass Ihre persönliche Liste zum Resultat hat: Politik aus dem nationalen Parlament für meine persönlichen Anliegen oder kurz und bündig: aus der Nation für die Region.