Auf der Suche nach dem Erfolgsrezept von Jungunternehmer Philippe Tschan von «Um & Bau»

Auch unmöglich ist möglich

Sacha Jacqueroud
Von Sacha Jacqueroud - Chefredaktor
Eine Unternehmer mit Patron-Genen: Philippe Tschan.

Foto: zvg

Einfach erklärt
 
Einst, als der Fernseher noch Schwarzweiss flimmerte und die Autos in Bern noch gerngesehene Gefährte waren, einst, da gab es sie noch: die Patrons. Doch statt den verstaubten Mief, dem dieser Begriff heute anhaftet, einzuatmen, täte die Gesellschaft gut daran, die Werte dieser vergangenen Zeit wieder hervorzukramen und vorzuleben. So wie es Philippe Tschan tut.

Nein und nochmals Nein. Philippe Tschan hat mit Anzug, Chefpult aus Mahagony-Holz und dergleichen nichts am Hut. Respektive am Cap, den auch einen Hut wird man in seiner Garderobe kaum finden. Wenn er hier als Unternehmer mit Patron-Genen angepriesen wird, dann nicht bezogen auf die gängigen Klischees, sondern auf die Werte. Jene eines Chefs, der mit gutem Beispiel vorangeht, der auch dann im Unternehmen arbeitet, wenn die Mitarbeitenden den wohlverdienten Feierabend geniessen. Einer, der seine Mitarbeitenden schätzt, fordert und ihnen Vertrauen schenkt, damit sie an ihren Aufgaben wachsen können. Oder wie er es formuliert: «Ich sage, wie ich es möchte. Die Mitarbeiter gestalten es aus. Nicht selten bringt das Verbesserungen mit sich und es wirkt sich positiv auf das Arbeitsklima aus.»

Die Brille gegen Betriebsblindheit

Tschan ist zwar der Kumpeltyp, aber er fordert auch. Den Kuschelkurs, den es in sogenannten modernen Firmen ab und an zu finden gibt, den kennt man bei der Firma «Um & Bau» nicht. «Ich fordere viel, gehe aber voran. Man muss selbst hart arbeiten», sagt er. Tschan ist meist der Erste, der da ist, und der Letzte, der geht. Hart, ehrlich und fair. Und das schätzen die Mitarbeitenden. Das motiviert. Doch damit ist es nicht getan. Tschan investiert in einen Arbeitsplatz mit guten Voraussetzungen, moderner Infrastruktur. Und er bietet flexible Arbeitsmodelle. «Das gehört zum Fair sein dazu», sagt er. In seiner Schreinerei geben sich Erfahrung und Talent die Hand. Langjährige und Lernende. Wollen diejenigen, welche die Lehre abgeschlossen haben, anschliessend bleiben? Seine Antwort überrascht: «Ich schicke sie fürs Erste noch ein wenig weiter. Sie sollen noch weitere Erfahrungen sammeln. Wenn sie dann immer noch zurückkommen wollen, freut mich das sehr. Oft bringen sie dann neues Wissen mit. Das gilt aber bei allen, die neu zu uns stossen. Dieses Wissen hilft mir, nicht plötzlich betriebsblind zu werden.»

Unkompliziert sein als Kompetenz

Schöne, neue Welt? Nicht nur. Ausserhalb der Tore von «Um & Bau» weht eine steife Brise. Die KMU-Landschaft gerät seit Längerem unter Druck. Kleine und mittlere Betriebe werden zusehends von den Grossen aufgekauft, um sich Aufträge zu sichern, verbürokratisiert und in ihren Möglichkeiten beschnitten oder gleich ausgelassen, weil eine digitale Gesellschaft oft die regionalen Möglichkeiten nicht mehr schätzt. Auch in Schreinereien wirbelt es das Sägemehl auf. «Viele alteingesessene Betriebe gibt es nicht mehr», bestätigt Tschan. Auch einen, in dem er gearbeitet hat. Ob Schreinerei oder andere KMU, für ihn ist klar: «Mittlere Betriebe brauchen enorm viel Leistung. Der Chef muss akquirieren, planen und ständig Gas geben. Denn mehr Leute anstellen liegt oft finanziell gar nicht drin.» Doch wer Tschan kennt, der weiss, kein Problem ohne Lösung. Lieber hobelt er das Problem weg und schleift an einer Lösung. Er präsentiert das geschreinerte Lösungsstück: «Wir sind vielfältig und unkompliziert.» Weil das erst mal wie ein Slogan klingt, erklärt er sich: «Wir packen Probleme an, suchen die Lösung und glauben daran. Auch dort, wo andere vielleicht aufhören oder noch immer die Probleme wälzen. Zudem darf das Problem nicht im Zentrum stehen, sondern die Lösung. Ein Handschlag statt ein Vertrag, ein Telefon und wir kommen vorbei. Unkompliziert sein, das ist die Devise.»

Freude herrscht

Und das spricht sich rum. «Um & Bau» steht in altehrwürdigen Häusern, modernen Bauten und bietet vom Parkettboden über den Holzbau, zu Möbeln bis zur Katzenleiter die ganze Vielfalt des Schreinerberufs an. Breit abgestützt und unkompliziert ist gut. Doch es fehlt noch der letzte Feinschliff: die Freude an seiner Arbeit. «Wenn ich dann die Lösung sehe, kommt Freude auf, das merken alle Beteiligten.» Schon alleine das zu sagen, trotzt dem jungen Unternehmer ein Grinsen ab. Wer seinen Beruf und seine Arbeit liebt, der braucht keine «Work-Life-Balance». Den treibt das an, was die Japaner als «ikigai» bezeichnen: den Lebensinn und das Lebensglück. Dieses findet man nicht in Keksen oder auf dem Liegestuhl, sondern in seinen Aufgaben. Philippe Tschan ist seit wenigen Tagen stolzer Vater. Und das Grinsen wird bei diesem Gedanken gar noch grösser. Eines dürfte er seinem Kind genauso weitergeben, wie er selbst es vorlebt: Auch unmöglich ist möglich.

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