Zufällig Getroffen

«Sind Schmutzli und du verheiratet?»

Thomas Bornhauser
Der Samichlous mit seinem Esel.

Foto: zvg/Schmutzli

Einfach erklärt
Wir haben den Samichlous getroffen. Er erzählt von seinen Beobachtungen und Erfahrungen.
Zugegeben, so ganz zufällig haben wir den Samichlous innerhalb unserer Serie doch nicht getroffen. Aber einfach einen Termin in der Beiz abmachen, nein, das geht gar nicht. Selbstverständlich haben wir ihn in seinem Chlousehüsli im Wald besucht.

Samichlous, spontan: Welche Frage hat man dir noch nie gestellt, würdest du aber gerne beantworten? Und weshalb?

(Der alte Mann nimmt sich Zeit mit der Antwort.) Ich bin seit über 40 Jahren als Samichlous unterwegs. Von «Wie alt bist du?» über «Könntest du auf der Welt nicht Frieden machen?» bis hin zu «Sind Schmutzli und du verheiratet?» wurde ich schon alles gefragt. Mich kann also nichts mehr überraschen.

Weihnachtsmann und Sami-chlous, ist das die ein- und dieselbe Person?

(Energisch) Überhaupt nicht! Der Weihnachtsmann ist eine Mischung aus Heiligem Nikolaus, volkstümlichen Gestalten und Santa Claus, wie wir ihn auch aus der Coca-Cola-Werbung kennen. Er kommt an Heiligabend/Weihnachten zum Einsatz, in den USA meistens durch den Kamin. Lieber er, als ich (lacht).

Und was ist mit dir?

Bigoscht, ich bin doch keine Werbefigur! Der Samichlousbrauch geht in direkter Linie auf den Heiligen Nikolaus von Myra zurück, der im 4. Jahrhundert in der heutigen Provinz Antalya in der Türkei lebte. Mein Anliegen ist es, Kindern und Erwachsenen in der Vorweihnachtszeit eine Freude zu machen, ihre Augen zum Glänzen zu bringen.

Womit wir zur nächsten Frage kommen. Was spielen Myra und Rovaniemi für eine Rolle in den Lebensgesichten der beiden Herren?

Rovaniemi ist nicht die Heimatstadt des Weihnachtsmanns, er stammt ursprünglich aus Korvatunturi, einem Berg, der zwischen der Grenze Finnlands zu Russland in der Region Lappland liegt. Aber zu deiner Frage: Der Samichlous kommt aus der Schweiz zu den Kindern und ihren Begleitern, meistens mit Schmutzli. Und wenn sie zu ihm in den Wald gehen, ist meistens auch das Eseli zur Stelle. Ich habe den Joulupukki übrigens schon ein paar Mal persönlich in Rovaniemi getroffen. Es ist immer sehr interessant, mit ihm Erfahrungen auszutauschen.

Wo überall im Lesegebiet der BümplizWochen warst du diesen Dezember im Wald?

Mein Chlousehüsli steht im Forst, westlich von Bern. Dort besuchen mich Familien, Kindergärten und Schulen. Leider ist es aber so, dass unser Hüsli in wenigen Jahren dem Kiesabbau weichen muss. 

Hat sich im Vergleich zu früher etwas verändert?

In meinem langen Samichlouseleben durfte ich feststellen: Kinder sind immer noch Kinder. Ich staune aber immer wieder, dass ich gegen alle neuen Medien bestehen kann. Den meisten Kindern kann ich auch heute noch mit ein paar Nüssli, einem Mandarinli und einem Lebkuchen ein Strahlen ins Gesicht zaubern.

Sind sie dank ihrer Handys kreativer geworden bezüglich Sprüchli und Värsli?

Erstaunlicherweise höre ich jedes Jahr wieder Värsli, die ich noch nie vorgetragen bekommen habe. Dass Kinder schon Handys haben, habe ich auch schon gelesen. Im Chlousehüsli habe ich aber nie eins gesehen oder gehört. Der Schmutzli hat jetzt übrigens auch ein Handy  –aus der Migros. Er braucht es zum Abwaschen (schallendes Lachen).

Was hat dich besonders gefreut, was vielleicht verärgert – oder den Schmutzli?

Worüber Schmutzli und ich immer wieder diskutieren: Wann führt der komische, orangehaarige Mann von ännet dem Teich auch für unsere Lieferanten von Nüssli und Mandarinen seine Strafzölle ein? «Denn hätte mir nämlech es Problem.»

Kommt es vor, dass Kinder dir Geschenke mitbringen, damit du sie an Bedürftige weitergeben kannst?

Das ist erfreulicherweise auch schon vorgekommen. Mal war es eine Kappe, mal ein Halstuch. Es gab auch schon Kinder, die meinten, es würde genügen, wenn sie ein halbes Säckli erhalten würden. Ein anderes Kind hätte sicher auch Freude daran.

Engagiert sich der Samichlous über die Zeit seines Einsatzes im Dezember hinaus? Und wie?

Mit meinen Helfern organisiere ich jedes Jahr in einem grossen Waldhaus einen Brätlisonntag für Menschen mit einer Beeinträchtigung. Wir plaudern und essen gemeinsam und werden von Musik und Zaubertricks unterhalten. Der Anlass ist für alle Beteiligten sicherlich eine grosse Bereicherung.

Was möchtest du den Leserinnen und Lesern dieser Zeitung geben, für ihre Kinder, für sich selbst, für die Schweiz?

Ich wünsche mir von Gross und Klein, dass wieder mehr gelesen wird: Lesen ist Kino im Kopf. Die Eltern bitte ich, sich wieder mehr Zeit für ihre Kinder zu nehmen, mit ihnen zu spielen, zu basteln oder einen Spaziergang im Wald zu machen. Für die Schweiz hoffe ich, dass die politische Polarisierung nicht noch mehr Einzug hält. «Redet mitenang u vor alllem, loset enang zue.»

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