Sportplatz Brünnen

Wurzeln schlagen statt EM-Rasen

Salome Guida
Von Salome Guida - Redaktorin
Heimstätte des FC Bethlehem: Hier hätte Anfang September der EM-Rasen ausgerollt werden sollen. Stattdessen muss nun neu angesät werden.

Foto: SG

Einfach erklärt
Der EM-Rasen vom Wankdorf sollte nach Brünnen kommen. Aber die Wurzeln waren nicht gut. Jetzt muss man neuen säen. Der FC Bethlehem spielt nun auf anderen Plätzen.
Der FC Bethlehem ist zurzeit heimatlos – sein Spielfeld ist nur noch eine öde Fläche ohne Rasen. Er war sanierungsbedürftig und hätte ersetzt werden sollen – mit demjenigen, der diesen Sommer während der EM im Wankdorf gedient hatte. Doch es kam anders.

Lia Wälti verteilte Ball um Ball auf ihm, Géraldine Reuteler und Alayah Pilgrim trafen auf ihm, Cristiana Girelli wirbelte über ihn, Clàudia Pina beendete die Schweizer Halbfinalträume auf ihm: Der EM-Rasen im Wankdorf war die Unterlage für Hoffnung und Verzweiflung, für Schreie des Jubels und Tränen der Enttäuschung. 

Wurzeln nach oben orientiert

Für ähnliche Emotionen sorgt er nun auch nach der Euro. Eigentlich hätte der von der Uefa ausgewählte und aus den Niederlanden importierte Top-Rasen im Sinne der Nachhaltigkeit weiterverwendet werden sollen – als glücklicher Erbe war der FC Bethlehem auserkoren, denn der grüne Teppich sollte auf dem Sportplatz Brünnen ausgerollt werden. Der sanierungsbedürftige Rasen war abgefräst, die Maschinen standen bereit. Doch dann kamen schlechte Nachrichten aus dem Wankdorf: «Der Worst Case ist eingetroffen», beschied die Stadt Bern Anfang September. Der Rasen ist nicht mehr für den Sport verwendbar. 

YB lieferte die Begründung: «Während den Hitzeperioden im Hochsommer musste der Naturrasen zweimal täglich bewässert werden – sonst wäre er vertrocknet. Wegen der Feuchtigkeit an der Oberfläche wuchsen die Rasenwurzeln nicht nach unten, weshalb sich keine stabile, gut durchwurzelte Rasensode bilden konnte.» Dies verunmöglichte das Aufrollen in genug grossen Abschnitten. Nun finden Rasenstücke, Drain- und Tragschicht anderweitig Verwendung. Im Brünnenpark muss derweil neuer Rasen angesät werden – er wird frühestens im Frühling 2026 bespielbar sein. Ganz überraschend ist dies nicht.

Heimspiele auf Gastplätzen

«Der Rasen überstand zwar zurerst eine Prüfung, die ihm einen einwandfreien Zustand beschied», erzählt Jörg Schüpbach, Präsident des FC Bethlehem. «Doch als ich Ende August im Stadion einen YB Match verfolgte, fiel mir der schlechte Zustand auf.» Dennoch hofften die Verantwortlichen des FCB, dass sich die Unterlage erholt, wenn man sie einige Monate ruhen lässt. Denn der Club hatte sich entschieden, für die Hinrunde bis Ende Oktober auf anderen Plätzen zu trainieren und zu spielen, auch wenn der EM-Rasen theoretisch ab Oktober hätte bespielt werden dürfen. «Anstatt zu riskieren, ihn für die wenigen Oktoberspiele gleich wieder aufzureis-sen, wollten wir ihm genug Zeit geben, damit er im Frühling bereit ist.» Die meisten Trainings und Matches führen die Bethlehemer auf der Bümplizer Bodenweid aus. «Es sind vor allem die Trainingszeiten, die während dieser Zeit schlechter sind», erklärt Schüpbach. Etwa an anderen Tagen als gewohnt, und manchmal erst ab 21 Uhr statt am frühen Abend. Einzelne Spiele tragen sie weiter weg aus, auf der Allmend etwa oder auf dem Viererfeld. Nachwuchsturniere und -matches sowie -trainings müssen auf den Sportplatz Holenacker oder auf den Platz des Schulhauses Stapfenacker ausweichen.

Buvette bleibt zu

Wer nicht ausweichen kann, ist die Buvette. Nach dem Training zusammensitzen und etwas Kühles geniessen, als Eltern während dem Turnier der Kleinen den Hunger stillen oder sich mit einem Kaffee aufwärmen – dies ist erst im Frühling wieder möglich. Die Miete der Buvette hingegen ist ganzjährig fällig und wird für gewöhnlich mit den Saisoneinnahmen gedeckt. Nun muss der Club wohl oder übel die Reserven anzapfen – gut, gibt es diese, «für so Fälle sind sie ja da, auch wenn es ärgerlich ist», so Schüpbach. Alles halb so wild also? Dass es nun doch nichts wird mit dem besonderen Grün sei eine überraschende Nachricht gewesen, die vielerorts für lange Gesichter gesorgt habe. «Für die Emotionen ist es schade», gibt der Präsident zu. Nicht wenige im Club hätten sich gefreut, dass die neue Unterlage der EM-Rasen ist, auf dem vor wenigen Monaten erst einige der besten Spielerinnen Europas dem Ball nachgejagt waren.  Nun werden die «Grünen» halt auf einem ganz gewöhnlichen Grün kicken. Immerhin wird es im Brünnenpark gesät und darf hier wachsen; regionaler geht es kaum.

In sportlicher Hinsicht gilt es für das «Eis» der Herren, sich nach dem Aufstieg in der 3. Liga zu etablieren. Beim «Eis» der Frauen könnte es schwieriger werden, in der 2. Liga zu bestehen. Mehrere Stammspielerinnen haben ihre Karriere beendet oder den Club gewechselt. Die nachgerückten Jungen brauchen teilweise noch ihre Zeit, um gerade physisch auf diesem Niveau mitzuhalten. Vielleicht hilft ihnen das Wissen, dass auch der Rasen unter ihnen erst wachsen und Wurzeln bilden musste. Nach unten, dorthin, wo man Halt findet.

Nächste Heimspiele:

Männer, 3. Liga

Sa, 20.9.: FC Sternenberg, Bodenweid

So, 5.10.: FC Länggasse, Allmend

Sa, 18.10.: FC Schwarzenburg, Bodenweid

Frauen, 2. Liga

So, 5.10.: Frauenteam Oberland Ost, Bodenweid

So, 19.10.: FC Breitenrain, Bodenweid

Die weiteren Heimspiele aller Teams:  tiny.cc/fcbethlehem

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