Zufällig getroffen

«Sind Sie sich bewusst, wie schön es hier ist?»

Thomas Bornhauser
«Man muss dankbar sein, eine Arbeit zu haben. Und sich so gut als möglich dafür einsetzen», sagt Francis Xavier Anees Kumar.

Foto: BO

Einfach erklärt
Francis Xavier Anees Kumar stammt ursprünglich aus Sri Lanka. Er wohnt mit seiner Frau Rathidevi in Bümpliz. Beide arbeiten in einer Reinigungsfirma.
Francis Xavier Anees Kumar lebt erst ein paar Jahre in der Schweiz und spricht noch gebrochen Deutsch. Für ein Interview sagt er aber trotz Sprachbarriere sofort zu.

Francis Xavier Anees Kumar, woher aus Sri Lanka stammen Sie?

Ich komme aus Jaffna, Hauptstadt der Nordprovinz und die wichtigste Stadt im tamilisch besiedelten Norden der Insel. Ich bin denn auch Tamile.

Haben Sie Geschwister?

Ja, und zwar drei Schwestern und drei Brüder. Meine Brüder leben in Sri Lanka, die Schwestern in Deutschland, Frankreich und in Italien. Ab und zu sehen wir uns.

Ich nehme an, Sie sind in Jaffna zur Schule gegangen.

Ja, das bin ich. Nach der Schule habe ich eine Ausbildung als Näher absolviert und entsprechende Kleider genäht. Hosen, Oberbekleidung, T-Shirts, was ein Näher halt so alles macht. Ich hatte aber noch einen zweiten Job.

Nämlich?

Ich fuhr eine ganze Zeit lang Taxi, in Jaffna, aber auch in der Hauptstadt Colombo. 2019 habe ich Sri Lanka verlassen, um nach Europa zu kommen.

Direkt in die Schweiz?

Ja, durch die Eheschliessung mit meiner Frau, auch dank dem Engagement der Schweizer Botschaft in Colombo. Meine Frau kommt ebenfalls aus Sri Lanka, wir kannten uns bereits aus Jaffna. Geheiratet haben wir aber hier in der Schweiz, vor drei Jahren. Kinder haben wir keine.

Was arbeiten Sie hier?

Meine Frau und ich arbeiten für ein Reinigungsinstitut im Westen von Bern.

Sind sie zufrieden mit Ihrer Beschäftigung?

Ja, das bin ich, das sind wir. Es kommt ja nicht so sehr darauf an, was für eine Arbeit man verrichtet, sondern dass man dankbar dafür ist, eine zu haben. Und sich so gut als möglich dafür einsetzt.

Was möchten Sie in der Zukunft machen?

(Überlegt lange) Das weiss ich nicht, auch deshalb nicht, weil man nie weiss, wie das Leben sich entwickelt, was auf uns zukommen wird. Ich bin ganz einfach positiv eingestellt, das wird mir bestimmt nicht nur im Alltag helfen. Ich möchte aber noch etwas sagen.

Bitte, gerne, der Platz gehört Ihnen.

Ich habe Deutschland ein bisschen kennengelernt und jetzt eben die Schweiz. Wissen Sie eigentlich, wie schön die Schweiz ist, nicht nur landschaftlich?

 Sagen wir es so: Ich zweifle daran, ob alle Schweizerinnen und Schweizer sich dessen bewusst sind. Sagen Sie, wie kommen Sie im Alltag zurecht?

Die Schweiz ist mein Gastland. Also habe ich mich den hiesigen Gewohnheiten anzupassen, nicht umgekehrt.

Wir unterhalten uns sozusagen Wort für Wort, ohne Google-Übersetzer. Danke, dass Sie mitmachen! Wie steht es mit Deutsch, nehmen Sie Sprachunterricht?

(Lacht) Ja, aber offenbar merkt man das nicht. Aber ich gebe mir Mühe. Unser Kurslokal ist in der Nähe des Kocherparks in Bern. 

Das Schlusswort gehört Ihnen.

Meine Frau und ich sind froh, hier leben zu dürfen.

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