Nach rund 125 Jahren droht das Aus – oder ein neuer Anlauf in der bewegten Geschichte des vormaligen Schweizerischen Serum- und Impfinstituts Bern. Wie der Impfstoffentwickler Janssen am 1. Juli verkündete, steht eine «strategische Überprüfung des Standorts Bern» an.
Innovationszentrum
An der Rehhagstrasse 79 entwickelt Janssen biopharmazeutische Produkte. Der Standort des Mutterkonzerns Johnson & Johnson gilt als Innovationszentrum für virale und bakterielle Impfstoffe sowie neuartige Therapien. So produzierte das Unternehmen hier etwa einen Ebola-Impfstoff oder beteiligte sich an der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid 19. In den Anfangsjahren war die Bümplizer Firma die zweite Fabrik des in Thörishaus gegründeten Unternehmens. Das Thörishauser Werk gehört seit Mai 2023 zum dänisch-deutschen Pharmakonzern Bavarian Nordic.
Auszulagernde Produktion, gescheitertes Programm
Nun also die ernüchternde Nachricht: Der Standort Bümpliz könnte geschlossen werden; betroffen wären um die 300 Mitarbeitende. Es gibt zwei Hauptgründe: zum einen der Prüfimpfstoff gegen Kolibakterien (ExPEC), die ausserhalb des Darms Krankheiten verursachen und lebensgefährlich werden können. Janssen Vaccines hatte diesen in Bümpliz entwickelt, und die Phase-3-Studie zeigte ein «akzeptables Sicherheitsprofil» auf – jedoch «keine ausreichende Wirksamkeit gegenüber Placebo». Somit wird das Programm Ende September eingestellt. Das Unternehmen betont, dass solche Studienergebnisse «Teil des Innovationsprozesses in der medizinischen Forschung» sind und dass die Expertise des Teams am Standort Bümpliz unbestritten sei. Dennoch stellt sich die Frage, ob das Werk nach diesem Aus noch eine Zukunft hat. Denn auch der zweite Grund spricht gegen Bern: Die Herstellung Lentiviraler Vektoren, die für die Zelltherapie benötigt werden, ist ein zweites Hauptstandbein in Bümpliz. Doch Johnson & Johnson möchte bereits seit längerer Zeit diese Produktion auf die neue, 2026 zu eröffnende Anlage in den Niederlanden konzentrieren. Geplant war, stattdessen in Bern auf die ExPEC zu fokussieren. Da dies nun gescheitert ist, droht das Ende der langen Pharmageschichte in Bern West.
Am 1. Juli eröffnete Janssen Vaccines nun das formelle Konsultationsverfahren mit der Arbeitnehmervertretung. Ein «enger, stetiger Austausch» soll die Prüfung möglicher Alternativen ermöglichen. «Dazu gehören nach Möglichkeit auch Versetzungs- und Weiterbeschäftigungsoptionen.» Möglich ist natürlich auch ein Weiterverkauf des Standorts an einen Drittkäufer. Ob die Arbeitsplätze gesichert werden können oder ob eine definitive Schliessung Realität wird, soll sich in den nächsten rund anderthalb Jahren zeigen.