Frédéric Güntensperger, Sie wohnen in Hinterkappelen?
Ja, seit 21 Jahren im «Chappelering». Und die BümplizWochen lese ich auch (schmunzelt). Hat sich in den letzten 12 Monaten ganz schön gemausert. Kompliment.
Danke, die Redaktion wird das gerne lesen. August 2024, was haben Sie im Sommer bisher gemacht?
Ende Juli / Anfang August war ich in Reckingen, im Obergoms, wie in den letzten fünf, sechs Jahren, in einer Hütte von Sakristan An-dreas Walpen von der Antoniuskirche Bümpliz.
Sind Sie Walliser?
Falsch, ein Berner Oberländer, durch und durch…
Weshalb denn Reckingen und Andreas Walpen?
Das ist eine längere Geschichte.
Wir hören, können aus Platzgründen ja abkürzen. Erzählen Sie.
Geboren bin ich in Leissigen, wo ich auch zur Schule gegangen bin. Die vierjährige Lehre als Werkzeugmacher habe ich in Thun bei der Stamag AG absolviert, während der RS die Aufnahmeprüfung als Psychiatriepfleger bestanden, in der Waldau auch mit der Ausbildung begonnen.
Vom Werkzeugmacher zum Psychiatriepfleger?
Tönt verrückt, ich weiss es. War aber so. Ich hatte immer den Wunsch, anderen Leuten zu helfen. Aber wie das Leben so spielt: Es kam der Zeitpunkt, als mir klar wurde, dass diese Aufgabe nicht wirklich das war, wonach ich suchte. Also bin ich wieder zu meinen ursprünglich gelernten Beruf zurück, war in den verschiedensten Berufszweigen beschäftigt, vom Holzbau bis hin zum Stahlbau in der Seilbahntechnologie.
In Thun bei der von Roll?
Genau, die zur Caraventa wurde, heute Doppelmayr, weltweit führend. Eine spannende Zeit in vielen Ländern. In der Schweiz zum Beispiel Les Diablerets, Schilthorn, Kleines Matterhorn. Als es bei mir gegen die 45 ging, ergaben sich körperliche Probleme, die Gelenkoperationen nötig machten. Ich konnte nicht mehr in dem Beruf arbeiten, die IV mochte eine Umschulung nicht bezahlen. Ich bin danach wirklich in ein Loch gefallen. Physisch und Psychisch. Hiess: Stempeln, Aussteuern. Es war keine einfache Zeit, auf der Suche nach mir selbst.
Wie ging es weiter?
Dank der Caritas fand ich beim Sakristan der Kirche St. Antonius eine 50-Prozent-Anstellung. Bei Andreas Walpen – heute pensioniert – , er hingegen aus Reckingen, wo ich eben immer wieder eine Hütte benutzen darf, die ihm gehört. Ich konnte in Bümpliz meine Handfertigkeit unter Beweis stellen, habe zum Beispiel auch die Krypta neu angestrichen. Nach dieser Zeit war ich acht Jahre als Co-Hauswart in der Dreifaltigkeitskirche Bern tätig, heute pensioniert.
Ich falle gleich mit der Türe ins Haus: Sie machen mir eher den Eindruck eines Künstlers als jenen eines Handwerkers…
(Schallendes Lachen) Volltreffer! Ich spiele seit über 40 Jahren «Appenzöllisches» Hackbrett, habe auch mit Polo Hofer oder Hannery Amman zusammengefunden. Und auf der ersten LP von Florian Ast, da ist mein Hackbrett zu hören. Ein fantastisches Instrument! Zudem…
…zudem?
Man sagt, dass ich eine kreative Ader habe, was die Malerei angeht, spontan durchaus zu sehen an…
…Hauswänden?
(Resolut) Sicher nicht! Aber an öden Bauabschrankungen, die damit im wahrsten Sinne des Wortes an Farbe gewinnen. Ein Aufsteller ist immer wieder, dass meine Werke nicht übersprayt oder mit Werbeplakaten überklebt werden. Ich fasse das durchaus als Kompliment auf… Und bevor Sie mich fragen, in welche Richtung meine Werke gehen: Ich bin Surrealist, gehe jedoch immer von Realem aus, inspiriert von der Natur, von den Tieren. Ich bin der Natur sehr verbunden, im Wald sieht man an weggebrochenen, zum Teil hohlen Baumstämmen, durchaus Kunst von mir, sozusagen im öffentlichen Raum. Ich liebe jedoch nicht nur die Natur, auch die Menschen sind mir wichtig. Übrigens durfte ich mit einem Werk sogar an einer Weihnachtsaustellung im Berner Kunstmuseum teilnehmen.