Drei Schulpavillons aus Holz bieten Antwort auf drängende Fragen

Modulbauten als Schulhaus-Provisorium

Kurt Heilinger
Kathrin Merz und Urs Meili (Mitte) begrüssen vor den modularen Schulhausbauten die Zuhörerschaft des Architekturrundgangs.

Foto: zvg/Open House Bern

Einfach erklärt
Anfang Juni konnte man Gebäude in Bern anschauen. Sie sind von der Architektur her interessant. In Bern West war das provisorische Schulhaus in Brünnen Teil davon. Es sind Pavillons aus Holz. Sie sind mobil und flexibel.
Angrenzend an den Brünnenpark stehen in Bern-Bethlehem drei modular gebaute Schulpavillons, in denen ausquartierte Schulklassen bis 2040 unterrichtet und betreut werden. Die «BümplizWochen» war bei der Besichtigung der zweigeschossigen Holzpavillons im Rahmen der Architektur-Führungen des Vereins «Open House Bern» dabei.

Die Sanierung von renovationsbedürftigen Schulhäusern stellt derzeit viele Gemeinden und Städte vor grosse Herausforderungen – auch in Bümpliz und Bethlehem, wo bis 2040 sechs in die Jahre gekommene Schulhäuser erneuert werden. Wohin mit den betroffenen Schulklassen, die derweil ihre gewohnte Bildungs- und Betreuungsstätte verlassen müssen? Der Architekturrundgang «Modulbauten Bern-Brünnen» bot kürzlich spannende Einblicke in eine drängende Thematik. Die Projekt-Entwicklung der Modulbauten lag in den Händen der «Bauart Architekten und Planer AG» mit Sitz an der Laupenstrasse in Bern. Kathrin Merz, dipl. Architektin SIA, die zusammen mit Urs Meili, dipl. Architekt ETH, durch das innovative Schulhaus-Provisorium führte, stand im Anschluss an die Besichtigung für weitere Auskünfte zur Verfügung. 

Die Anfänge des modularen Schulhausbaus 

Ende der 90er Jahre zeigte die Stadt Zürich angesichts stark steigender Schülerzahlen grosses Interesse an den von «Bauart» für Thun entworfenen modularen Holzpavillons, die heute noch auf dem Aaremätteli stehen. Zürich liess in Folge einer Besichtigung in Thun ein auf ihre Bedürfnisse angepasstes modulares System entwickeln, den sogenannten «Züri-Modular-Pavillon». Anfänglich nur für 5 Standorte vorgesehen stehen heute auf dem Zürcher Stadtgebiet über 90 Holzpavillons, die als mobile Schulhäuser eingesetzt werden – je nach Bedarf zwei- oder dreigeschossig aufgestockt und teils für Ganztagesschulen mit Räumen für Mittagstisch- und Aufgabenhilfe-Betreuung erweitert. Seither hat «Bauart» in Winterthur, Burgdorf und anderen Schweizer Städten – und neuerdings auch im deutschen Schorndorf – derartige Modulbauten geplant. Flexibilität ist der grosse Vorteil als Ergänzung zu den üblichen Schulhäusern – gerade, wenn Peaks mit geburtenstarken Schüler-Jahrgängen anstehen. 

Modular gebaute Schulhäuser aus Holz können …

… in kürzerer Zeit errichtet werden als herkömmliche Gebäude, da die Module beim Holzbauer vorgefertigt und innert weniger Tage vor Ort zusammengebaut werden. 

… je nach Bedarf leicht angepasst werden, indem Module hinzugefügt, entfernt oder neu angeordnet werden.

… beim Holzbauer unter kontrollierten Bedingungen hergestellt werden, was eine hohe Bauqualität sicherstellt. Da ein Grossteil des Bauprozesses beim Holzbauer in geschützter Umgebung stattfindet, ist der Bau weniger anfällig für witterungsbedingte Verzögerungen.

… energieeffizient gestaltet werden, indem moderne Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen integriert werden.

… dank der Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit der Module nachhaltige Baupraktiken unterstützen. 

… dank standardisierter Produktion und strenger Qualitätskontrolle hohe Sicherheitsstandards gewährleisten.

… dank sehr guter Akustik und Schallisolierung eine optimale Lernumgebung bieten.

… innovative Lernumgebungen schaffen, wie beispielsweise flexible Räume für Gruppenarbeiten und Projektunterricht.

Wo und wie werden sie nach 2040 weiterverwendet?

Die Reise der drei Modulbauten ist noch längst nicht zu Ende, wie Kathrin Merz mitteilt: «Wer weiss, wie sich die Situation 2040 im Berner Schulwesen präsentieren wird, sobald die Sanierungen der sechs Schulhäuser in Bümpliz und Bethlehem abgeschlossen sind? Vielleicht werden unsere drei Modulbauten dann abgebaut und dienen fortan in einem anderen Berner Quartier als vollwertige Schulbauten.»

Open House
Ein sechsköpfiges Team hat ehrenamtlich eine nicht kommerzielle Veranstaltung für die breite Bevölkerung auf die Beine gestellt: Open House Bern. Am 1. und 2. Juni waren erstmals 47 Objekte in der Stadt und Agglomeration Bern kostenlos zugänglich. Die Veranstaltung sollte das Interesse an Architektur und Stadtplanung wecken sowie den Dialog zwischen verschiedenen Akteuren fördern. An den meisten Standorten boten Fachpersonen Führungen an und gaben exklusive Einblicke in Planungs- und Ausführungsprozesse in der Architektur. Zusätzliche Filmscreenings («Tscharniblues ll» oder der Film zur Entstehungsgeschichte des Holliger-Quartiers) sowie ein auf das Programm abgestimmtes Rätselheft für Kinder rundeten das Programm ab. Die Veranstaltung findet jährlich statt und wird von Förderstellen, Stiftungen, Partnern und Gönnern finanziert. Im Stadtteil VI standen fünf Rundgänge auf dem Programm: Kirche St. Mauritius, Modulbauten Bern-Brünnen, Stöckacker Abrissrundgang, Studentenwohnheim Fellergut und Velotour Bern West.

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