Vom Tscharnergut auf Umwegen an die EURO

Kwadwo Duah: Er kam, sah und traf

Pierre Benoit
Kwadwo Duah am 15. Juni beim Spiel der Schweiz gegen Ungarn. In der 12. Minute schoss er das erste Schweizer EM-Tor.

Foto: zvg/SFV

Einfach erklärt
Kwadwo Duah wuchs im Tscharnergut auf. Er spielte beim FC Bethlehem. Dann entdeckte ihn YB. Heute spielt er in Bulgarien. Er schaffte den Sprung ins Nationalteam. An der EURO schoss er das erste Schweizer Tor.
Murat Yakin, der Chefcoach der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft, ist stets für Überraschungen gut. So hatte kaum jemand erwartet, dass ein in Bulgarien aktiver Spieler den Sprung ins EURO-Kader schaffen könnte. Doch Yakin und sein Assistent Giorgio Contini pokerten auch hier – nominierten Kwadwo Duah und behielten recht.

Die Überraschung war noch grös-ser, als bereits im Startspiel gegen Ungarn der Name Kwadwo Duah in der Startaufstellung auftauchte. Der im Tscharnergut aufgewachsene Doppelbürger (Schweiz/Ghana) rechtfertigte die Nomination mit seinem bereits nach 11 Minuten erzielten Tor, als er einen Traumpass des Senslers Michel Aebischer kaltschnäuzig verwertete und der Schweiz den Weg zum ersten Vollerfolg an der EURO ebnete. «Ich bin innerlich am Explodieren und brauche wohl ein paar Tage, um zu realisieren, was soeben passiert ist», meinte der Torschütze nach dem Match im Interview mit SRF und ergänzte: «Ich denke, ich bin immer noch am Träumen.» Trotz der verständlichen Euphorie vergass der Bümplizer aber auch nicht, den Mann lobend zu erwähnen, der dieses Märchen möglich gemacht hat: Murat Yakin. «Es ist sicher nicht selbstverständlich, einen Spieler zur EURO einzuladen, der in Bulgarien spielt; umso glücklicher bin ich, dass mir dieses Tor gelungen ist.»

Der Beginn im «Tscharni»

Im Tscharnergut, ein fruchtbarer Boden für Fussballtalente, begann «Klein-Kwadwo» mit dem Kicken. Dort, wo auch Baykal Kulaksizoglu-Bellusci, Antonio Pagano, Maurizio Jacobacci, Leonardo Bertone, Gregory Wüthrich (alle später bei YB) sowie Désirée Grundbacher (ehemalige Nationalspielerin und heutige Spitzen-Schiedsrichterin) ihre ersten Bälle durch die Luft fliegen liessen, begann auch Kwadwo Duahs Fussballerkarriere.

YB erkannte das Talent

Der torgefährliche Stürmer ist eines von vielen Einwanderer-Kindern, deren Laufbahn im Westen von Bern begann. Nach Anfängen bei der AS Italiana – «mein gros-ser Bruder spielte dort und ich wollte unbedingt mit ihm zusammen kicken» – führte der Weg über den FC Bethlehem in den Nachwuchs der Young Boys, deren Talentspähern der pfeilschnelle Stürmer aufgefallen war. Bei den Gelb-Schwarzen war Duah zwar in allen Nachwuchs-teams gesetzt, erhielt Einsätze im U20-Nationalteam, doch im Fanionteam kam er auch aus Verletzungsgründen nicht zum Einsatz. «Ich war bei YB zu ungeduldig, wollte unbedingt spielen, doch die Konkurrenz war gross.» So wurde er, um Spielpraxis zu erhalten, immer wieder ausgeliehen, zu Xamax, Winterthur, Servette und Wil. Den Durchbruch schaffte er beim FC St. Gallen, wo er in 65 Spielen 24 Tore erzielte und in seiner letzten Saison mit 15 Treffern auf Rang 3 der Torschützenliste abschloss. Dorthin hatte ihn Alain Sutter, ein anderer Bümplizer und ehemaliger Nürnberg-Spieler, gelotst. 

Bald in der 1. Bundeslsiga?

Von St. Gallen zog Duah zum 1. FC Nürnberg in die 2. Bundesliga. In der wunderschönen Stadt im Norden des Bundeslands Bayern sollte er mithelfen, mit seinen Toren den 1. FCN dorthin zurückzuführen, wo er aufgrund seiner Tradition hingehört – in die 1. Bundesliga. Doch die Saison misslang, Nürnberg war lange in den Abstiegskampf verwickelt und der Weg in die 1. Bundesliga blieb verwehrt. Nach langem Überlegen und vielen Gesprächen entschloss sich Duah schliesslich, den Weg nach Bulgarien einzuschlagen, wo er im ersten Jahr mit Ludogorez Rasgrad gleich den Meistertitel holte und mit zehn Toren wesentlichen Anteil am Erfolg hatte. Sein Wechsel nach Bulgarien war für Duah deshalb eine Option, «weil ich schon immer europäisch spielen wollte. Bei der Analyse des Vereins stellte ich fest, dass Ludogorez in den letzten Jahren regelmässig in einem der europäischen Klubwettbewerbe vertreten war.» Wo sein Weg nach beeindruckenden Auftritten an der EURO weitergehen wird, ist noch offen, warum nicht in die 1. Bundesliga? Sicher ist allein, dass er in einigen Notizbüchern von Grossklubs Aufnahme gefunden hat.

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