«Was man hier macht, das zählt.» Nick Soltermann erinnert sich noch gut, warum er sich für die Lehrstelle am Institut für Virologie und Immunologie (IVI) entschied. Nach Schnuppertagen als Forstwart und Seilbahnmechatroniker reizte ihn schliesslich das Labor am meisten: Die Arbeit verlangt nach viel Feingefühl und handwerklichem Geschick. Sie ist nahe an den Naturwissenschaften und bewegt sich in einem international geprägten Arbeitsumfeld. Zudem geht es am IVI um die Tier- und schlussendlich auch um Menschengesundheit.
Gut unterstützt
Vier Fachrichtungen gibt es beim Beruf Laborant/in EFZ. An den IVI-Standorten Bern und Mittelhäusern arbeiten rund 25 Laborantinnen und Laboranten mit Fachrichtung Biologie in der Diagnostik und in der Forschung. Fünf Lernende unterstützen sie dabei, ab Sommer 2025 werden es gar deren sechs sein – für jedes der drei Ausbildungsjahre zwei. Eine grosse Zahl: Im ganzen Mittelland werden nämlich pro Jahr insgesamt bloss fünf bis zehn Laborantinnen oder Laboranten Fachrichtung Biologie ausgebildet. Berufsbildner Raffael Fricker ist stolz auf die IVI-Schützlinge: «In den letzten 25 Jahren waren ein Drittel der Lehrabgänger Jahrgangsbeste.» Man wolle die Lernenden optimal auf die Arbeitswelt vorbereiten. Auch Nick Soltermann war diesen Sommer nur wenige Punkte hinter der Nummer 1. «Man erhält hier genügend Zeit für alles Schulische. Für meine Fragen und mein Interesse an Fachpraktika erhielt ich enorme Unterstützung», erklärt der 18-Jährige das gute Abschneiden. Nun bereitet er sich auf die Berufsmatur vor, bevor er sein theoretisches Wissen mit einem Studium erweitert.
An vorderster Front
Noelle Donzé bestätigt das anregende Umfeld am IVI. Sie schloss ihre Ausbildung letztes Jahr ab – als Jahrgangsbeste – und bleibt dem Institut erhalten. Sie schätzt die enge Zusammenarbeit mit anderen Laboranten, PhD-Studierenden und international renommierten Forschenden. Die Wissenschaftlerinnen und Laboranten besprechen anstehende Ziele gemeinsam – «danach arbeiten alle an dem, womit sie das Projekt am besten vorantreiben können.» Etwa, indem sie Zellen kultivieren oder Antikörper und Zytokine im Blut von Tieren nachweisen, die Geräte warten, Virus-Titer bestimmen oder per PCR-Verfahren nach hochansteckenden Viren suchen. Schweinepest, Vogelgrippe, Wesselsbron- oder West-Nil-Virus: Die Laborspezialisten tragen an vorderster Front zur Bekämpfung von Tierseuchen bei – viele davon können auch für Menschen ansteckend sein.
«Ich trage zu Wichtigem bei»
Dementsprechend ungewöhnlich ist der Arbeitsplatz von Donzé, Soltermann und ihren Kollegen: Von drinnen darf nichts nach draussen gelangen. Alles Private, etwa Handys oder Schmuck, wartet bis Feierabend in der Garderobe. Die Angestellten tragen Laborkleidung und essen in der laboreigenen kleinen Kantine. Ein Spaziergang über Mittag liegt nicht drin, denn um aus dem Hochsicherheitstrakt hinauszugelangen, muss in einer speziellen Schleuse dreimal nacheinander geduscht werden. Sie fände das eigentlich noch positiv, lacht Donzé. Denn so komme man am Mittag miteinander ins Gespräch, lerne sich kennen. An der Berufsschule seien während der Pausen die meisten mit ihrem Handy beschäftigt gewesen. Die 19-Jährige ist erst diesen Sommer nach Köniz gezogen. Vier Jahre lang pendelte sie von Frutigen nach Mittelhäusern ans IVI, an die Berufsschule in Bern oder an überbetriebliche Kurse. Auch Praktika in Labors mit anderen Fachgebieten wie etwa Bakteriologie, Zellbiologie oder Mikrobiologie gehörten zur Ausbildung. Um einen solchen Aufwand zu betreiben, ist einiges an Motivation nötig. «Mich reizt die Arbeit in einem internationalen Team, der Einsatz für die Tiere und das Wissen, dass das, was ich tue, zu etwas Wichtigem beiträgt», erklärt die Tierfreundin.
Seit diesem Schuljahr gilt die neue Bildungsverordnung und ein neuer Bildungsplan; die Ausbildungsbestandteile werden anders gewichtet, so Raffael Fricker. Erfahrungsnoten ersetzen oder ergänzen die Prüfungen; es geht um das Erreichen von Kompetenzstufen. Der Ausbildungsverantwortliche wünscht sich, dass die diplomierten Laborantinnen und Lehrabgänger den Labors möglichst lange erhalten bleiben und die nächsten Lernenden anspornen. Und so mithelfen, die Welt durch Nachwuchs in Forschung und Diagnostik ein kleines Stück sicherer zu machen.