Rückblick: 1971. Theorie und Praxis zu meiner Autoprüfung folgen unmittelbar nacheinander. Als ich erfahre, dass ich 16 Fehler in der Theorie eingefahren habe, bei erlaubten 6, möchte ich immerhin die Praxis bestehen, fahre aber Minuten später in eine Einbahnstrasse. Weil ich nochmals zur Theorie antreten müsse, gehe das aber ok, sagte der Experte.
Es kann schon mal tätschen
Zurück ins Hier und Jetzt. Es ist bitterkalt, als wir uns – ich mit dem Roller unterwegs – bei der Post Bümpliz um 7 Uhr treffen. Ich wie immer viel zu früh. Also schaue ich dem Verkehr zu, beim grossen Kreisel – und wundere mich, dass es nicht ab und zu tätscht. Mit Glockenschlag der nahe gelegenen Kirche kommt Daniel Fehlmann auf mich zu, seinen Wagen hat er auf einem Parkplatz der Post abgestellt. Es ist ein moderner VW Tiguan, Automat, alles drin, was man so zum Autofahren braucht. Nun gut, ein Kaffeeautomat fehlt, für den Lehrer.
«Passen Sie auf, halten Sie Ihre Füsse still, wegen der Pedale, die auch auf Ihrer Seite sind.» Logisch, normalerweise sitzt Daniel Fehlmann auf dem Beifahrersitz. Und siehe da: Er erklärt mir gleich zu Beginn, dass der besagte Kreisel «nicht ungefährlich» sei, wegen des vielen Verkehrs und der Autofahrer, die zum Beispiel vergessen, den Blinker zu betätigen, wenn sie ausfahren wollen. Oder ihn zu lange blinken lassen. Apropos: Hat es bei ihm denn schon einmal getätscht, während einer Fahrstunde? «Ja», gibt er zu, «zweimal, weil zwei Fahrende unabhängig voneinander nicht aufgepasst haben und uns hinten reingefahren sind.»
Bester der Schweiz
Daniel Fehlmann fährt, ich mache mir in der Dunkelheit Notizen, in der Hoffnung, dass das Gekritzel später noch lesbar ist: «Wie wird man bester Fahrlehrer der Schweiz?», «Die höchste Erfolgsrate bei den Erstprüfungen» (seine liegt bei 90 %) und «Superfahrlehrer.ch» – eine neutrale Plattform, auf der Tausende von Fahrschülerinnen und -schüler ihren Lehrer beurteilen können. Superfahrlehrer gibt Auskunft über Fahrschulen und Fahrlehrer. Ebenfalls werden Angaben über Verkehrstheorie, Nothelferkurs und Theorietraining gemacht. Und hier hat Daniel Fehlmann, der seit 19 Jahren seine Fahrschule Bern West mit zwei Fahrzeugen und einem Anhänger betreibt, letztes Jahr – wie schon ein paar Jahre zuvor erstmals – als Bester der Schweiz abgeschnitten.
Er fährt mich kreuz und quer durch Bümpliz und Bethlehem, zeigt und erklärt die neuralgischen Stellen, worauf nicht bloss Lernende aufpassen müssen. «Schwierig ist vor allem die unkoordinierte Signalisation», sagt er, «mal so, mal so, mal zu wenig klar.» Und in der Tat: Irgendwo wird Zone 30 mit einer Tafel angezeigt, nach einem Abbiegen in eine Hauptstrasse gilt immer noch 30, da die Zone nicht aufgehoben wurde, ist aber an der Strassenart kaum zu erkennen. Dies dort erneut zu markieren wäre extrem hilfreich. Ähnlich beim Rechtsvortritt: Manchmal ist er mit der Markierung Rechtsvortritt gekennzeichnet, manchmal nicht – und dies im selben Strassenabschnitt. «Und dass plötzlich ein Kreisel auftaucht, wo die von links kommenden Fahrzeuge Vortritt haben, in einem Quartier wo sonst überall Rechtsvortritt herrscht, macht das Ganze nicht einfacher», sagt Fehlmann. Da fragt man sich: Hat hier jemand überhaupt den Überblick über die Signalisationen? Gilt Kopf oder Zahl?
Automatikgetriebe einfacher
Bei Fehlmann schreiben sich ungefähr gleich viele Frauen wie Männer ein, die meisten zwischen 17 und 25, der älteste 55 Jahre alt. Die Fahrprüfung beginnt für alle beim Strassenverkehrsamt in Bern, beim Wankdorf. Es ist den Experten überlassen, wo sie die Prüflinge durchfahren lassen wollen. Die meisten Fahrschüler beginnen mit Handschaltung, um dann aber die Prüfung auf dem Automaten abzulegen. Das geht einfacher. So haben sie beides gelernt. Oft ist man nämlich froh, wenn man auch noch geschaltete Fahrzeuge bedienen kann. Zum Beispiel bei Mietfahrzeugen im Ausland, oder wenn man ein Fahrzeug von Freunden ausleiht. Zügelwagen und Wohnmobile sind oft geschaltet, auch noch viele Firmenfahrzeuge.
Randbemerkung zur Fahrstunde: An der Ampel Bernstrasse-Bethlehemstrasse stehen wir (gefühlte zehn) über drei Minuten, bis die Ampel auf grün schaltet. Während meiner Mitfahrstunde wird mir klar, weshalb Daniel Fehlmann ausgezeichnet wurde. Souverän, wie er fährt. Man merkt, dass er seinen Job liebt. Und ich habe meine Füsse wirklich stillgehalten.